Verurteilter Ex-Chef der ehemals größten Bitcoin-Börse gründet Krypto-Ratingagentur
Die Kryptobörse Mt.Gox wickelte 2013 knapp 60 Prozent des globalen Bitcoin-Handels ab - bis 2014 die Insolvenz folgte. Der Ex-Chef Mark Karpelès wurde zu vier Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Nun gibt sich der Franzose geläutert und gründet mit UnGox eine Ratingagentur für Kryptobörsen.
Werte in diesem Artikel
• Mt.Gox ging 2014 insolvent, Karpelès wurde zu Bewährungsstrafe verurteilt
• Karpelès will seine Erfahrungen in einer Krypto-Ratingagentur weitergeben
• Branchenkenner zweifeln an den Erfolgschancen von Karpelès' Projekt
Mt.Gox ist wohl für die allermeisten Bitcoin-Anleger der ersten Stunde ein schillernder Begriff: 2007 in Tokio von Jed McCaleb als Plattform für den Tausch von Spielkarten gegründet, transformierte sich das Unternehmen unter Führung von Mark Karpelès bereits nach einem Jahr in eine Bitcoin-Börse. Binnen weniger Monate wurde das kleine Startup zu dem weltweit größten Handelsplatz der ersten Kryptowährung - bevor 2014 der rasche Absturz der Plattform folgte.
Bitpanda ist der BaFin-lizenzierte Krypto-Broker aus Österreich und offizieller Krypto-Partner des FC Bayern München. Erstellen Sie Ihr Konto mit nur wenigen Klicks und profitieren Sie von 0% Ein- und Auszahlungsgebühren.
Mt.Gox entsetzt die Krypto-Welt 2014 mit Mega-Pleite
Bereits 2013 geriet Mt.Gox in eine kaum noch zu lösende finanzielle Schieflage. Ab dem 7. Februar 2014 stellte die Kryptobörse dann die Bitcoin-Auszahlungen ein. Die schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich im Anschluss rasch: Ab dem 25. Februar 2014 war die Website nicht mehr erreichbar, Mt.Gox war zahlungsunfähig. Von den 650.000 vermissten Bitcoin wurden nach Recherchen der Tokioter Polizei nur 7.000 von auswärtigen Hackern gestohlen, der Löwenanteil ist jedoch wohl von Mt.Gox-Insidern selbst unterschlagen worden. Tausende Krypto-Anleger blieben auf ihren Verlusten sitzen. Der Pleitier Karpelès wurde wegen Falschaussagen in Japan letztlich zu vier Jahren Bewährungsstrafe verurteilt, nachdem er bereits 2015 und 2016 für insgesamt neun Monate in Untersuchungshaft saß.
Ratingagentur für Krypto-Börsen geplant: Karpelès überrascht mit neuem Projekt
Wie das "Handelsblatt" berichtete, übt sich der 36-jährige Karpelès nun in Reue. Der ehemalige Bitcoin-Star will augenscheinlich seine negativen Erfahrungen mit Verwerfungen an Kryptobörsen aus erster Hand an institutionelle Großinvestoren und Privatanleger weitergeben. Genauer gesagt sammelt Karpelès derzeit Geld für eine Ratingagentur für Kryptobörsen, die neben einer kostenlosen Version auch einen gebührenpflichtigen Newsletter anbieten will. Dieser solle detailliertere Informationen über den Betreiber, die Rechtsbedingungen und die eigensetzte Technik der jeweiligen Kryptobörsen geben.
Tatsächlich ist der Krypto-Markt im Zuge des Krypto-Hypes der vergangenen Jahre schier explodiert und immer unübersichtlicher geworden: Mehr als 1.000 Umschlagplätze für Bitcoin, Ether und Co. gibt es mittlerweile. "Ich versuche, dafür zu sorgen, dass so etwas wie Mt.Gox nicht wieder vorkommt", beschrieb Karpelès kürzlich sein Ziel laut "Handelsblatt" bei einem Briefing in Tokio. "Wenn ich sage, dass etwas falsch läuft, glauben es vielleicht viele Menschen." Inwiefern Karpelès dabei angesichts der Mt.Gox-Insolvenz auf das Vertrauen der Krypto-Investoren bauen kann, bleibt abzuwarten.
Der Name seiner Agentur lautet "UnGox". Dies ist eine offensichtliche Anspielung auf Mt.Gox. Nun will Karpelès scheinbar das Gegenteil von "goxen", womit die Krypto-Welt den Bitcoin-Betrug von Mt.Gox umschreibt.
Branchenkenner sind skeptisch für Karpelès' Erfolgsaussichten
Branchenkenner sind äußerst skeptisch, ob die Ratingagentur des ehemaligen Krypto-Stars tatsächlich auf eine hohe Nachfrage trifft. Der Gründer der Fintech-Gemeinde Tokyo Fintech Norbert Gehrke verleiht gegenüber "Handelsblatt" seiner Skepsis Ausdruck. "Wenn er da ein Geschäftsmodell sieht, dann viel Glück. Als Gewinnbringer kann ich mir so eine Ratingagentur nicht unbedingt vorstellen", so Gehrke. Es gebe bereits mehrere ähnliche Dienste, so veröffentliche der Kryptoanalyst CoinGecko schon seit längerem einen Trustscore von 1 bis 10 für Krypto-Börsen. Zudem entscheide vielmehr der Markt über die Vertrauenswürdigkeit - und dort insbesondere die kapitalintensiven institutionellen Investoren: "Ich sehe den Wert einer Ratingagentur nicht bei Börsen, wo der Markt schon entschieden hat", so der deutsche Fintech-Kenner. So machten bei der großen US-Kryptobörsen Coinbase institutionelle Investoren bereits zwei Drittel des Volumens aus; diese hätten sich zuvor bei internen Audits gründlich mit der Kryptobörse auseinandergesetzt. Des Weiteren sind die ersten Anfänge von UnGox noch nicht sehr vielversprechend: Laut Informationen des "Handelsblatt" verfüge das in Delaware registrierte Startup derzeit über nichts weiter als eine Internetseite, bei der jeder Klick auf eine Anmeldung für den kostenpflichtigen Newsletter führe.
Jedoch steht es außer Frage, dass Kriminalität weiter ein großes Problem ist, wenn es um Kryptowährungen geht. Wie das "Handelsblatt" die Analysefirma Chainanalysis zitiert, erbeuteten allein im vergangenen Jahr Betrüger digitale Coins im Wert von 14 Milliarden US-Dollar. Es ist also offensichtlich, dass viele Kryptobörsen unter Sicherheitsproblemen leiden - ob Karpelès' Ratingagentur aber dazu fähig sein wird, diese zu lösen, bleibt indes abzuwarten.
Redaktion finanzen.net
Weitere News
Bildquellen: Adrian Today / Shutterstock.com, TierneyMJ / Shutterstock.com