Wettbewerb der Armseligkeit
Wenn von einem Auseinanderbrechen des Euro die Rede ist, dann wird gerne ein Totschlagargument ausgepackt, um die Diskussion möglichst schnell zu beenden.
Ein Ende der Währungsunion verbiete sich alleine schon deshalb, weil danach die deutsche Währung durch die Decke schießen würde. So sagte jüngst Alt-Bundeskanzler Schröder: "Welche Auswirkungen das auf unsere so exportorientierte Wirtschaft haben würde, ist gar nicht auszudenken. Wir könnten einpacken."
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Plus500: Beachten Sie bitte die Hinweise5 zu dieser Werbung.Diese Meinung ist weitgehend Konsens unter deutschen Politikern und auch unter vielen Volkswirten. Und sie zeigt, in welche gedanklichen Sackgassen wir uns bei der Bekämpfung der Krise manövriert haben. Die Argumentation, eine starke Währung schade einer Wirtschaft ist in etwa so schlüssig, wie der Ratschlag, ein guter Schüler sollte sich im Unterricht gefälligst zurückhalten, denn bei zu guten Zensuren würden ihn seine Mitschüler auf dem Heimweg verprügeln.
Keine Frage: Deutschland hat in den vergangenen zehn Jahren mit einer zu niedrigen Währung gelebt. Ein Rückkehr zur Mark oder ein Aufbrechen der Währungsunion in mehrere Blöcke würde dazu führen, dass das deutsche Geld an Wert gewinnt. Die Folge wäre ein schmerzhafter Anpassungsprozess für die Exportwirtschaft und ein Anstieg der Arbeitslosigkeit. Diese Effekte darf man nicht verharmlosen. Man sollte sie jedoch genauso wenig dämonisieren. Die Auswirkungen, die sich durch einen Austritt Deutschlands aus dem Euro ergeben würden, sind im Detail nicht zu beziffern. Schätzungen, die von einem Anstieg auf zehn Millionen Arbeitslose sprechen, halte ich jedoch für absolut übertrieben. Sie sind Teil einer Maschinerie, die am liebsten bereits den Gedanken an solche Optionen verbieten will.
Deutschland war bereits zu Zeiten der D-Mark Exportweltmeister und würde sein Stärke in diesem Bereich wiedergewinnen. Möglicherweise müsste die Politik durch Steuergelder oder Sonderkredite den Anpassungsschock abmildern. Setzt man diese Gelder jedoch temporär und mit Augenmass ein, dann sind sie sinnvoller verwendet als in irgendwelchen intransparenten Transferkonstrukten zur Rettung der Eurozone.
Was vielfach übersehen wird, ist der Nachteil für die breite Bevölkerung, der mit einer schwindsüchtigen Währung einher geht. Oder anders gesagt: Der Vorteil einer starken Währung. Sie schafft Volksvermögen, stärkt die Kaufkraft im Ausland und ist der vielleicht wirksamste Schutzwall vor Inflation. Die einzig relevante Größe, um darüber zu urteilen, wer wirklich vom Euro profitiert hat, ist die Entwicklung des verfügbaren Haushaltseinkommens seit Einführung der Gemeinschaftswährung. Eine Studie der UBS hat dies für den Zeitraum von 2000 bis 2010 untersucht und kommt zu dem klaren Schluss: In Griechenland, Portugal und Spanien haben die Menschen profitiert. Deutschland und Österreich waren die Verlierer.
Man kann das auch anders ausdrücken: Die Einwohner jener Länder, die ohne den Euro eine schwächere Währung gehabt hätten, haben von der Stärke des Euro profitiert. Jene Staaten, die ohne den Euro eine stärkere Währung gehabt hätten, haben unter der Gemeinschaftswährung gelitten. Es gibt also keinen Grund für Angst vor einer starken Währung, ganz im Gegenteil!
Eine starke Währung ist wie eine gute Zensur der Finanzmärkte für die Wirtschaft und Wirtschaftspolitik eines Landes. Sie zeigt, dass eine Devise ein attraktives Mittel zur Wertaufbewahrung ist und dass in diesem Währungsraum einiges richtig läuft. Dennoch ist die Wirtschaftsgeschichte voll von Beispielen, in denen Regierungen versucht haben, ihre Währungen künstlich zu schwächen, um damit die Wirtschaft (sprich: den Export) zu stärken. Mit Ausnahme einzelner Maßnahmen wie der aktuellen Deckelung des Schweizer Frankens sind solche Abwertungsabläufe nichts anderes als ein Wettbewerb der Armseligkeit und ein Diebstahl am Vermögen der Bevölkerung.
Roland Klaus arbeitet als freier Autor in Frankfurt/Main und ist aktiver Investor. Für den amerikanischen Finanzsender CNBC und den deutschen Nachrichtenkanal N24 berichtete er von 2004 bis 2009 von der Frankfurter Börse. Bekannt wurde er durch seine fast zehnjährige Tätigkeit als Moderator und Börsenreporter für die Telebörse auf n-tv. In seinem Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“ entwirft er eine Analyse der Schuldenkrise und liefert Ratschläge, wie man sich auf die entstehenden Risiken einstellen kann. Sie erreichen Ihn unter www.wirtschaftliche-selbstverteidigung.de
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