Starke CFD-Zahlen trotzen steuerrechtlichen Hürden
Auch im ersten Quartal war das Volumen der Transaktionen mit Differenzkontrakten wie schon über fast das ganze Rekordjahr 2020 bemerkenswert hoch. Angesichts der Beliebtheit der Instrumente sollte auch der Gesetzgeber ins Grübeln kommen.
Wer sich derzeit darüber beschwert, dass die Aktienkurse in den vergangenen Wochen nicht mehr die Dynamik der Vormonate aufweisen würden, jammert im wahrsten Sinne des Wortes auf hohem Niveau: Mit rund 15.500 Punkten hat etwa der DAX zwar leicht gegenüber dem bisherigen Rekordhoch von Mitte Juni eingebüßt; er notiert aber immer noch weit mehr als zehn Prozent über dem Stand von vor der Corona-Krise. Das ist äußerst bemerkenswert für eine Zeit, die zumindest in Westeuropa so herausfordernd war wie seit den Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Und doch sind die vermeintlichen Unkenrufe ein Indikator: Es wird offenbar wieder etwas unruhiger an der Börse.
Zwar ist die implizite Volatilität saisonbedingt niedrig und damit lässt sich auch nicht von einer erhöhten Unsicherheit sprechen. Doch da sich angesichts der relativen Bewegungsarmut des deutschen Leitindexes der Schluss ziehen lässt, dass den Optimisten auch einige Pessimisten gegenüberstehen, könnten die kommenden Monate tatsächlich interessant werden. Zwar hat die europäische Zentralbank EZB jüngst signalisiert, dass ihre nächsten Maßnahmen keine Zinserhöhungen beinhalten würden, und auch die US-Notenbank Fed hat einer baldigen Zinswende eine Absage erteilt, was vor dem Hintergrund der im Zuge der Corona-Krise angehäuften Schuldenberge der Nationen rund um die Welt erwartbar war. Und damit wäre eine Voraussetzung für weiter steigende Aktienmärkte gegeben. Doch dass im Anschluss an diese Nachrichten die Kurse an den Börsen nicht übermäßig ausgeschlagen haben, lässt auf ein gewisses Phlegma schließen. Ein Phlegma, das sich dann, wenn es mal wieder eine negative Überraschung gibt, schnell in Kurskorrekturen niederschlagen könnte.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung ist bemerkenswert, dass die Zahlen der CFD-Branche im ersten Quartal das historisch hohe Niveau der Vormonate bestätigten. Offenbar erkennen immer mehr Trader die Möglichkeiten, die ihnen Differenzkontrakte bieten. Und auch der Anteil derer, die CFDs für Absicherungsstrategien nutzen - dank des Hebels lässt sich ein umfassendes Hedging von Positionen kostengünstig umsetzen -, nimmt peu à peu zu. Insgesamt lag das vom CFIN - Research Center for Financial Services für den CFD-Verband ermittelte Volumen der CFD-Transaktionen in Deutschland zwischen Januar und März bei gut 545 Milliarden Euro. Von einer Nische lässt sich angesichts dieser Zahlen nicht wirklich sprechen. Und es ist schon fragwürdig, dass die Politik trotz dieser riesigen Nachfrage vor wenigen Monaten die Beschränkung der Verlustverrechnung bei Termingeschäften wie CFDs beschlossen hat, ungeachtet des ganz offensichtlichen Interesses der Anleger.
Es bleibt zu hoffen, dass angesichts der genannten Zahlen bei den Verantwortlichen in der nächsten Legislaturperiode ein Umdenken stattfindet - und dass diese Beschränkung der Verlustverrechnung gekippt wird. Es wäre doch mal ein Zeichen, dass die Politik die Signale der Bürger, in diesem Fall der Anleger auch wahrnimmt. Denn eines ist klar: Die Finanzmärkte werden nicht ewig so lethargisch bleiben wie zuletzt - und wer wie stets von der Politik gefordert beim Vermögensaufbau und der Altersvorsorge unter anderem auf die Börse bauen sollte, sollte auch Unterstützung dabei bekommen, sich gegen die Risiken abzusichern. Eigenverantwortlichen Anlegern in Form einer zumindest fragwürdigen, wenn nicht sogar verfassungswidrigen Steuergesetzgebung Steine in den Weg zu legen, dürfte da wenig zielführend sein.
Rafael Neustadt ist Geschäftsführer des Contracts for Difference Verband e.V. (CFD-Verband) und ist seit 25 Jahren in der CFD Branche aktiv. Nachdem er einige Jahre bei der Deutschen Bank in Düsseldorf tätig war, wirkte er an der Gründung der FXFlat Wertpapierhandelsbank mit, deren Geschäftsführer Rafael Neustadt ebenfalls ist.