„Wir haben uns schon frühzeitig in der Elektromobilität positioniert“, Dr. Hubertus Bartsch, Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig GmbH

22.10.24 08:21 Uhr

Nach der positiven Geschäftsentwicklung im 1. Halbjahr hält die Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig GmbH (NZWL) an der Prognose für das Gesamtjahr 2024 fest und erwartet ein Umsatzwachstum von 3% bis 7% sowie eine leichte Verbesserung des Rohertrags, des EBITDA sowie des Konzernjahresüberschusses. Die Gesellschaft hat sich zudem frühzeitig im Bereich Elektromobilität positioniert und beliefert seit 2012 einen namhaften OEM im Segment Elektroantriebsmodule für Zweiräder, wie der geschäftsführende Gesellschafter Dr. Hubertus Bartsch im Gespräch mit dem BOND MAGAZINE erläutert.

BOND MAGAZINE: Wie ist Ihre aktuelle Geschäftsentwicklung?

Dr. Bartsch: Unser Geschäft entwickelt sich weiterhin sehr solide, was sich auch in den Kennzahlen des 1. Halbjahrs 2024 widerspiegelt. Mit 91,0 Mio. Euro konnten wir im Vergleich zum Vorjahr ein Umsatzwachstum von 6,2% erzielen. Dieser positiven Entwicklung folgend stieg das Konzernergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) um 11,5% von 9,6 Mio. Euro auf 10,7 Mio. Euro. Der Konzernhalbjahresüberschuss nahm deutlich von 0,1 Mio. Euro auf 1,3 Mio. Euro zu. Bereinigt um den Sondereffekt aus unrealisierten Währungskursdifferenzen in Höhe von -0,3 Mio. Euro (1. Halbjahr 2023: 0,7 Mio. Euro) ergibt sich ein operatives Konzernergebnis von 1,0 Mio. Euro (1. Halbjahr 2023: 0,8 Mio. Euro). Diese gute operative Entwicklung wirkte sich entsprechend positiv auf unsere Bilanzkennzahlen aus. Das Eigenkapital stieg zum 30. Juni 2024 auf 29,3 Mio. Euro (31. Dezember 2023: 27,3 Mio. Euro), wodurch sich die Eigenkapitalquote auf 20,1% erhöhte (31. Dezember 2023: 19,9%). Die liquiden Mittel nahmen gegenüber dem 31. Dezember 2023 von 16,1 Mio. Euro auf 29,4 Mio. Euro zu. Ein Grund dafür war unser starker operativer Cashflow, der von 12,0 Mio. Euro auf 16,4 Mio. Euro zulegte. Mit diesen Kennzahlen können wir durchaus zufrieden sein, insbesondere in Anbetracht des anhaltend herausfordernden Branchenumfelds.

Aufgrund der positiven Geschäftsentwicklung im 1. Halbjahr halten wir unverändert an unserer Prognose für das Gesamtjahr 2024 fest. Wir erwarten also weiterhin ein Umsatzwachstum von 3% bis 7% sowie eine leichte Verbesserung des betrieblichen Rohertrags, des EBITDA sowie des Konzernjahresüberschusses (bereinigt um die Ergebnisse aus Währungsdifferenzen).

BOND MAGAZINE: Ihr größter Kunde, der VW-Konzern, ist täglich in den Schlagzeilen. Was bedeuten die Probleme der großen deutschen Automobilhersteller für NZWL?

Dr. Bartsch: Dank unserer breiten Aufstellung und unseres bestehenden Produktportfolios sind wir in der Lage, flexibel auf volatile Marktentwicklungen zu reagieren. Wir profitieren dabei in besonderem Maße von unserer frühzeitig umgesetzten, hohen Diversifikation – nicht nur nach Antriebsarten, sondern auch nach Ländern und Marken. In Bezug auf den VW-Konzern bedeutet dies, dass zunächst einmal zwischen der Kernmarke Volkswagen und dem dahinterstehenden Konzern mit rund einem Dutzend Marken unterschieden werden muss. Sämtliche Marken agieren in den regionalen Märkten nämlich als komplett eigenständige Kunden. Die Unabhängigkeit der einzelnen Marken unserer Kunden besteht übrigens in ähnlicher Form auch im Nutzfahrzeugbereich, wo sich zusätzlich positiv auswirkt, dass die Modellzyklen, insbesondere bei Lkw, wesentlich langfristiger sind als im Pkw-Bereich.

Darüber hinaus profitieren wir auch von unserer hohen geographischen Diversifikation, die uns ermöglicht, regionale Umsatzschwankungen wie in Deutschland durch unsere Umsätze in Europa oder China erfolgreich zu kompensieren. Dass wir in der Lage sind, die bestehenden Herausforderungen erfolgreich zu meistern, hat nicht zuletzt auch unsere sehr robuste Geschäftsentwicklung im 1. Halbjahr 2024 gezeigt. 

BOND MAGAZINE: In China haben Sie VW und Great Wall als Kunden. Weshalb haben Sie in China keine weiteren Kunden?

Dr. Bartsch: Wir sind stolz darauf, im größten Automobilmarkt der Welt zwei der zehn größten Hersteller als Kunden zu haben. Sich auf diese starken Partner zu konzentrieren und enge Beziehungen zu pflegen, sehen wir absolut positiv. Wir profitieren von ihrer Marktposition sowie Innovationskraft und können unsere Ressourcen sehr effizient nutzen, was in einem komplexen Markt wie China durchaus von Vorteil ist. Dennoch werden wir den Markt weiterhin genau beobachten und kontinuierlich Möglichkeiten zur Erweiterung unserer Kundenbasis in China prüfen. Die aktuelle Fokussierung schließt also eine weitere Diversifikation keineswegs aus, sofern sich attraktive Opportunitäten ergeben.

BOND MAGAZINE: Was bedeutet für Sie der Trend hin zur Elektromobilität?

Dr. Bartsch: Wir haben uns schon frühzeitig in der Elektromobilität positioniert und seitdem an diesem Trend partizipiert. Bereits seit 2012 beliefern wir einen namhaften OEM im Segment Elektroantriebsmodule für Zweiräder. Für Porsche produzieren wir seit 2017 Räder und Wellen für den Elektroantriebsstrang im Sportwagenpremiumsegment. Darüber hinaus sind wir seit 2020 mit Adapterwellen in die Großserienlieferung für Porsche und Audi auf deren „Premium Platform Electric“ (PPE)-Plattform eingebunden. Nach dem erfolgreichen Anlauf und Produktionsstart 2023 erfolgte in diesem Jahr der Hochlauf auf die erste von insgesamt drei Ausbaustufen – begleitet von Folgeaufträgen. Seit 2020/2021 beliefern wir Lamborghini mit ersten Versuchsteilen für den Elektroantriebsstrang. Der erfolgreiche Anlauf und Produktionsstart erfolgten hier im Jahr 2023. Anfang 2021 erhielten wir von VW einen Neuauftrag zur Belieferung einer Adapterwelle für die MEB-Plattform. Nach dem erfolgreichen Anlauf und Produktionsstart 2023 folgten in diesem Jahr Volumenerweiterungen und der Hochlauf auf die gestiegenen Volumen. 

Auch im Nutzfahrzeugbereich sind wir für die Elektromobilität gut positioniert. So erhielten wir von Scania bereits 2013 den ersten Auftrag für Zahnräder. Es folgten (Serien-)Aufträge für Nebenabtriebe für die modulare Baukasten-Plattform, für Getriebewellen (mit Hybrid-Varianten), für Getriebebauteile und Nebenabtriebe sowie für Nebenabtriebe und Getriebewellen. Im dritten Quartal dieses Jahres fand der Hochlauf des Bauteilespektrums statt. Von Daimler Truck erhielten wir 2023 einen Auftrag für Hohlräder und Sonnenradwellen für die E-Achse. 

Wie Sie sehen, sind wir in der E-Mobilität sehr gut und langfristig positioniert – mit deutlichem Wachstumspotenzial für die Zukunft. Deshalb lassen wir mit aller Gelassenheit auf uns zukommen, mit welcher Geschwindigkeit die E-Mobilität sich durchsetzt. Nach unserer Einschätzung können wir sowohl bei Verbrennern als auch in der E-Mobilität vom Marktwachstum profitieren.

BOND MAGAZINE: In welchen Branchen werden Ihre Zahnräder verwendet und wie können Sie die Abhängigkeit von der Automobilindustrie verringern?

Dr. Bartsch: Unser Fokus ist und bleibt die Automobilindustrie – daran besteht kein Zweifel, wenngleich wir auch einen marginalen Umsatzanteil in den Bereichen Agrartechnik und Maschinenbau erzielen. Wir werden strategisch weiterhin auf unsere erfolgreiche Diversifikation nach Marken, Ländern und Antriebsarten setzen. Dadurch sind wir in der Lage, unsere bestehenden Stärken konsequent zu nutzen, Stabilität zu gewährleisten und auch weiterhin attraktive Wachstumschancen zu ergreifen. Profitieren werden wir dabei von unserer langjährigen Branchenexpertise, unserer starken Marktposition und vor allem von unseren etablierten, partnerschaftlichen Kundenbeziehungen. Und lassen Sie es mich ganz klar sagen: Ich glaube fest an die Zukunft des Individualverkehrs und damit des Automobils. Unser Markt hat weiterhin langfristiges Wachstumspotenzial.

BOND MAGAZINE: Sie begeben Ihre 10. Unternehmensanleihe. Wie sind die Eckdaten der Anleihe?

Dr. Bartsch: Unsere neue Anleihe bietet über die Laufzeit von fünf Jahren einen Zinssatz von 9,75% p.a. Die Anleihebedingungen sehen als besondere Schutzrechte für die Investoren insbesondere eine Ausschüttungsbeschränkung, eine Verschuldungsbegrenzung, eine Veräußerungsbegrenzung für Vermögensgegenstände, eine Negativverpflichtung, eine Transparenzverpflichtung sowie eine Positivverpflichtung vor. Darüber hinaus besteht für die Anleger ein Sonderkündigungsrecht bei einem Kontrollwechsel und Drittverzug.

BOND MAGAZINE: Wie wollen Sie die Mittel aus der Anleiheemission verwenden?

Dr. Bartsch: Im Fokus steht die Finanzierung unseres weiteren Wachstums. Dementsprechend planen wir, die zufließenden Mittel aus dem öffentlichen Angebot und der Privatplatzierung in neue Produkte bei Hybrid- und alternativen Antrieben sowie in Produkte der E-Mobilität zu investieren.

BOND MAGAZINE: Wo sehen Sie NZWL in fünf Jahren – also am Laufzeitende der Anleihe?

Dr. Bartsch: Wir wollen als Global Player im partnerschaftlichen Schulterschluss mit unseren langjährigen Kunden weiter wachsen. Als führender Partner der OEMs in den von uns adressierten Produktbereichen ist es unser Ziel, weiterhin stabile Cashflows zu erzielen und profitabel zu wirtschaften. Dies gilt sowohl für den Pkw- und Nutzfahrzeug-Bereich als auch für alle Antriebstechniken. Gleichzeitig möchten wir auch unseren erfolgreichen Track-Record am Kapitalmarkt weiter ausbauen, indem wir Anlegern mit unseren Anleihen eine attraktive Investmentmöglichkeit bieten.

BOND MAGAZINE: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führe Christian Schiffmacher, www.fixed-income.org
Foto: Dr. Hubertus Bartsch © NZWL

Eckdaten der NZWL-Anleihe 2024/29 

EmittentNeue ZWL Zahnradwerk Leipzig GmbH
Kupon9,75%
Zeichnungsfrist08.10.-31.10.2024 über www.nzwl.de/ir
21.10.-05.11.2024 über Börse Frankfurt
Umtauschfrist09.10.-30.10.2024
Umtauschprämie20 Euro je umgetauschter Anleihe im Nennwert von 1.000 Euro
Valuta07.11.2024
Laufzeit07.11.2029 (5 Jahre)
Ausgabepreis100%
Stückelung1.000 Euro
Emissionsvolumenbis zu 15 Mio. Euro
ISIN / WKNDE000A383RA4 / A383RA
ListingOpen Market
Anwendbares RechtDeutsches Recht
Financial AdvisorLewisfield Deutschland 
BookrunnerQuirin Privatbank
Internet / Wertpapierprospekt www.nzwl.de/ir