Wege der Finanzierung

Mittelstandsfinanzierung: Wachstum braucht Vertrauen

18.07.14 16:30 Uhr

Mittelstandsfinanzierung: Wachstum braucht Vertrauen | finanzen.net
Marcus Lingel, Merkur Bank

Der Markt der Mittelstandsfinanzierung befindet sich aktuell im Wandel. Viele Mittelständler wollen sich via Anleihe finanzieren. Doch das birgt Gefahren für Anleger.

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von Marcus Lingel, Gastautor von Euro am Sonntag

Als Banker und Mittelständler beobachte ich diese Entwicklung im Finanzierungsverhalten mit großer Skepsis. Dabei ist es aus Sicht der Unternehmer verständlich, dass sie zu Banken Abstand nehmen. Sie erlebten diese als Partner mit starken Stimmungsschwankungen und leiden bis heute unter großem Vertrauensverlust. Stellten viele Marktteilnehmer dem Mittelstand zunächst großzügig Kredite zur Verfügung, zogen sie diese infolge der Euro- und Finanzkrise und durch die höheren Anforderungen von Basel III wieder zurück.

In dieser Phase der Verunsicherung veränderten die Unternehmer ihr Finanzierungs- und Investitionsverhalten. Sie haben kaum investiert - und wenn überhaupt, dann vorrangig aus dem Cashflow. So gab es eine kaum nennenswerte Dynamik der Kreditausreichungen. Eigenmittel sind heute die wichtigste Finanzierungsquelle. Laut dem KfW- Mittelstandspanel 2013 wurden 53 Prozent des Investitionsvolumens auf diese Weise realisiert. Zwar stehen auf Platz 2 Bankkredite, jedoch mit rückläufiger Tendenz. Nach der KfW-Analyse reduzierten die größeren Mittelständler ihre Bankkredite seit 2007 insgesamt um knapp zehn Prozentpunkte.

Eigenkapital ist teurer als
eine Fremdfinanzierung

Die Neuorientierung des Mittelständlers ist nachvollziehbar - und ein Weckruf an alle Beteiligten. Denn ich bin überzeugt, dass die klassische Kreditfinanzierung für den langfristig denkenden Mittelstand eine der tragenden Finanzierungssäulen ist und auch bleiben wird. Voraussetzung hierfür sind aber Finanzierungspartner, die einschätzbar sind und deren Hauptantrieb sich nicht allein auf ein maximales Gewinndenken reduzieren lässt. Klingt illusorisch? Ganz im Gegenteil, das ist genau der Wertekanon, der den Geist und die inneren Handlungsmotive im Mittelstand auszeichnet. Ein langfristiges Denken in Generationen folgt einer anderen Logik als ein Denken in Quartalen.

Strategisch empfehle ich jedem Unternehmer, sich breiter aufzustellen und deshalb die Bankpartner und die Finanzierungsformen zu wählen, die zu ihm am besten passen - und die er versteht. Banal, mag man denken. Aktuell befinden wir uns jedoch in der investiven Phase des Mittelstands, und Alternativen zum Bankkredit wie Mittelstandsanleihe oder die Akquisition von Investoren werden als neue Allheilmittel verstärkt angepriesen.

Dabei sehe ich die Stärkung der Kapitalseite durch die Hereinnahme von weiteren Gesellschaftern ab einem bestimmten Niveau eher kritisch. Wir haben im Mittelstand eine besondere psychologische Konstellation oder sagen wir Mentalität. Inhabergeführte Unternehmen befürchten ganz einfach die Einflussnahme von Investoren. Vielen sind auch die finanziellen Folgekosten nicht bewusst: Eigenkapital ist schlichtweg teurer als eine Fremdfinanzierung.

Darin gründet auch einer meiner Hauptvorbehalte gegenüber der Mittelstandsanleihe. Sie ist in der Regel signifikant teurer als eine klassische Kreditfinanzierung. Die Zinssätze, die am Markt gezahlt wurden, sind zumindest bei einer Durchschnittsbetrachtung recht hoch. Zudem fallen erhebliche Platzierungskosten an, die in der Anleihe-Zins-Konstellation häufig auf den ersten Blick nicht erkennbar sind.

Die Risiken der Mittelstandsanleihen würde ich auch für die Zeichner nicht unterschätzen, denn es handelt sich hier überwiegend um unbesicherte Forderungen. Findet beim Bankkredit eine sehr ausgereifte Bonitätsprüfung bei hoher Transparenz statt, sehe ich diesen Mechanismus bei den Mittelstandsanleihen als nicht ausreichend abgedeckt. Als Banker würde ich niemals ohne intensive Bonitätsprüfung über die Kreditvergabe entscheiden, zumal ich persönlich dafür hafte.

In der fehlenden Transparenz sehe ich einen schweren handwerklichen Fehler. Das ist meines Erachtens einer der Gründe, warum wir in der Vergangenheit zahlreiche Pleite­emissionen hatten. Damit stellt sich die Frage, ob die Platzierung einer Anleihe unter Imagegesichtspunkten Sinn hat. Ich vermute, dass Unternehmen Mittelstandsanleihen oft platziert haben, weil ihnen der klassische Bankkredit verwehrt oder zumindest erschwert wurde.

Interessant ist die Finanzierung über eine Anleihe für jene Unternehmen, die ohnehin schon am Kapitalmarkt angeschlossen sind und über die erforderliche Transparenz verfügen, wie börsennotierte Unternehmen und Großkonzerne. Unter diesen Bedingungen bietet der Anleihemarkt oft eine günstigere Finanzierungsquelle. Für den unteren und mittleren Mittelstand gilt dies meistens nicht.

Nachhaltige Strategie für die Bank
und ihre Kreditnehmer

Es ist mein persönliches Credo, dass klassische Werte wie Zuverlässigkeit, Einschätz­barkeit und Langfristigkeit die Grundlage erfolgreichen unternehmerischen Handelns bilden  - und davon profitieren auf lange Sicht immer beide Seiten, die Bank und die Unternehmen. Wir nehmen uns die Zeit, unsere Kunden kennenzulernen, und legen Wert darauf, dass sie wissen, wie wir ticken, welche Risiken wir eingehen und wie wir zu unseren Entscheidungen kommen. Die nachhaltige Strategie hat ihre Wurzeln auch in der Eigentümerstruktur als inhabergeführte Bank mit persönlicher Haftung. Ich stehe sozusagen mit Haut und Haaren für das Bankhaus gerade. Deshalb liegt allen Entscheidungsprozessen ein traditionelles Verantwortungs­bewusstsein zugrunde.

In der Vergangenheit wurde immer wieder behauptet, dass das konservative Bankgeschäft und eigentlich alle Unternehmen, die eine moderate Wachstumsstrategie verfolgen, langfristig nicht am Markt bestehen können. Das Gegenteil ist der Fall. Dazu benötigt jeder Unternehmer und Entscheider vor allem eines: Vertrauen in die eigene Überzeugung und Zeit für den Aufbau umfassenden Wissens.

Für mich stand immer außer Frage, dass man im Banking nur dann erfolgreich ist, wenn man sein Handwerk beherrscht und sich auf die Märkte konzentriert, die man selbst versteht. In unserem Haus haben wir komplexe Wertpapiere beispielsweise immer ignoriert. Vielmehr identifizierte die Merkur Bank neben den klassischen Mittelstands­finanzierungen gezielt Spezialmärkte und baute infolgedessen die Leasing- und Bau­trägerfinanzierung auf.

zur Person:

Marcus Lingel, Vorsitzender der
Geschäftsleitung der Merkur Bank

Der Autor ist persönlich haftender Gesellschafter der einzigen inhaber­geführten Privatbank mit Stammsitz in München. Der studierte Betriebswirt promovierte an der Universität Regensburg über das Thema "Die zukünf­tigen Wettbewerbs­strategien der deutschen ­Privatbankiers". Lingel trat 2000 in das Unternehmen seines ­Vaters ein.
Die unabhängige, börsennotierte Merkur Bank bietet klassisches Banking für Privat- und Firmenkunden in den Regionen Bayern, Sachsen und ­Thüringen und ist in den Nischenmärkten Bau­träger- und Leasing­finanzierung aktiv. Seit 2009 ist die Geldanlage über ihren Onlinevertrieb möglich. Die Merkur Bank beschäftigt rund 200 Mitarbeiter.

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Bildquellen: Merkur Bank, travellight / Shutterstock.com

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31.08.2010MERKUR BANK haltenSdK AktionärsNews
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02.03.2010Merkur Bank Stopp auf 5 Euro nachziehenSdK AktionärsNews
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20.06.2005Merkur Bank investiert bleibenSdK AktionärsNews
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