Vontobel: Sinkende Zinsen bieten positives Umfeld für Schwellenländeranleihen in Lokalwährung

24.10.24 09:03 Uhr

Schwellenländer­anleihen in Lokal­währung (EMD LC) erzielten im Jahr 2023 eine hervor­ragende Rendite von 12,7 Prozent in US-Dollar, verloren jedoch in der ersten Jahres­hälfte 2024 3,7 Prozent aufgrund des starken Dollars, sowie auf­grund von Sorgen über die Haus­halts­disziplin in Brasilien und möglicher negativer Effekte der Wahlen in Mexiko. Zwischen Juli und September erholte sich die Anlage­klasse wieder stark und erzielte, trotz der Markt­turbulenzen und der Auflösung von Yen-finanzierten Carry Trades, eine Rendite von 9 Prozent in einem einzigen Quartal. Das Augenmerk der Anleger verlagert sich nun zunehmend auf die US-Wahlen und ihre Auswirkungen auf den US-Dollar, was Schwellenländeranleihen in Lokalwährung einen Schub geben könnte.

Bessere Aussichten bei Sieg von Kamala Harris

Bei einem Wahlsieg Donald Trumps würde der US-Dollar wahrscheinlich an Wert gewinnen, bei einem Sieg von Kamala Harris eher nachgeben. Die Gründe dafür sind Steuern und Zölle. Trump hat versprochen, die während seiner ersten Präsidentschaft eingeführten Steuersenkungen für Unternehmen zu verlängern. Diese haben die Wettbewerbsfähigkeit erhöht und Kapitalflüsse von Unternehmen angezogen, was wiederum zu einem stärkeren Dollar führte. Harris hingegen hat betont, dass die reichsten Amerikaner und die größten Unternehmen ihren gerechten Anteil zahlen werden.

Sollte Trump erneut gewählt werden, würde er weitere Zölle auf China und möglicherweise auch auf andere Staaten erheben. Ein Land, das mit höheren Zöllen konfrontiert ist, wird erleben, dass seine Währung durch die Marktkräfte geschwächt wird, um die geringere Wettbewerbsfähigkeit auszugleichen. Steuern und Zölle sprechen also für einen stärkeren Dollar, falls Trump gewinnt. Sollte Harris gewinnen, dürfte die Aussicht auf einen schwächeren Dollar hingegen die Stimmung gegenüber den Schwellenländern verbessern.

Währungen gewinnen an Wert, wenn es ihrer Wirtschaft gut geht und umgekehrt, aber der US-Dollar profitiert auch in Krisenzeiten, weil er aufgrund seines Status als Reservewährung als sicherer Hafen gilt. Unser Basisszenario für eine weiche Landung geht jedoch von einem schwächeren US-Wachstum und einem schwächeren Dollar aus. Sollte dies eintreten, würde sich die Stimmung gegenüber den Lokalwährungen der Schwellenländer grundlegend ändern, und wir würden zweistellige Renditen erwarten.

Zinssenkungen in Schwellenländern schaffen Gelegenheiten

Die Realzinsen in den Schwellenländern bleiben inmitten einer geordneten Disinflation hoch: Viele wichtige Zentralbanken der Schwellenländer haben die Zinsen nach der Pandemie in den Jahren 2021 und 2022 schneller und aggressiver angehoben als ihre Pendants in den Industrieländern und die Zinsen ab 2023 früher gesenkt. Diese Zinssenkungen trugen zu den zweistelligen Renditen im Jahr 2023 bei. Viele Zentralbanken der Schwellenländer pausierten bis 2024, andere setzten ihre Zinssenkungen fort, allerdings vorsichtiger und in Erwartung der Fed.

Jetzt, da die Fed mit den Zinssenkungen begonnen hat, haben einige von ihnen ihren eigenen Zinssenkungszyklus wieder aufgenommen und könnten ihn beschleunigen. Die indonesische Zentralbank senkte die Zinssätze am selben Tag wie die Fed, während Südafrika, China, Ungarn, die Tschechische Republik, Mexiko, Costa Rica, die Dominikanische Republik und andere Länder kurz darauf folgten. Nur Brasilien widersetzte sich dem Trend mit einer Anhebung um 25 Basispunkte. Dieser globale Lockerungszyklus in den Schwellenländern dürfte die Kurse von Schwellenländeranleihen in Landeswährung in die Höhe treiben und die inländischen Kreditkosten für Staats- und Unternehmensanleihen senken.

Da die Zyklen wenig synchronisiert sein werden, bieten sich aktiven Anlegern deshalb viele idiosynkratische Gelegenheiten, um attraktive Schwellenländeranleihen in Lokalwährung zu finden.

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Autor: Carlos de Sousa, Stratege und Portfoliomanager, Vontobel
Foto: © Vontobel