Fußballanleihen - Ein gutes Investment?
Seit Anfang der 2000er-Jahre sammeln Fußballclubs mit Fananleihen Kapital von ihren Unterstützern ein. Mit Hilfe dieser Finanzierungsalternative wird der Fan plötzlich zum Gläubiger. Doch inwiefern zahlt sich eine derartige Anlage aus?
• Vereine nutzen die emotionale Bindung der Fans
• Fananleihen sind häufig der letzte Ausweg
• Das große Geld "ist nur mit und bei den Top-Clubs zu verdienen"
In den vergangenen zwanzig Jahren hat sich der Kapitalmarkt für Fußballvereine als probates Mittel der langfristigen Finanzierung erwiesen. Die sogenannte Fananleihe, welche den Fan eines Vereins zum Gläubiger macht, ist dabei für viele Clubs oft die letzte Chance um an günstiges Kapital zu gelangen.
Der Trick mit der emotionalen Bindung
Für Fußballvereine, die einen hohen Kapitalbedarf haben oder in Schieflage geraten sind, stellt sich die Emission von Fananleihen häufig als lohnenswerte Option dar. Im Vergleich zu klassischen Unternehmensanleihen, die im Regelfall vornehmlich an institutionelle Investoren ausgegeben werden, liegt der Fokus derartiger Anleihen gezielt auf Privatanlegern bzw. den Fans des Vereins.
Dementsprechend zeichnen sich Fananleihen häufig durch relativ einfache Anlagebedingungen aus. Folglich werden klassische Regelungen wie die Drittverzugsklausel und die Negativerklärung, welche besagt, dass der Kreditnehmer bis zur Rückzahlung der Verbindlichkeit für bestimmte andere Zahlungsverpflichtungen keine Sicherheiten veräußern oder beleihen darf, häufig ignoriert bzw. bewusst außer Acht gelassen.
Mit Hilfe von sogenannten Schmuckanleihen, die in Form einer Urkunde eingerahmt werden können, spielen die Vereine darüber hinaus mit der emotionalen Bindung des Fans gegenüber dem Verein. Diese emotionale Bindung ermöglicht es dem Club nämlich erst, im Gegensatz zum klassischen Bankkredit, eine oftmals völlig ungesicherte Anleihe zu emittieren.
Fans müssen ihre Zinsen häufig selbst abholen
Ein weiterer psychologischer Trick der sogenannten Schmuckanleihe besteht darin, dass die Gläubiger des Vereins ihre Zinszahlungen nicht automatisch in ihr persönliches Depot überwiesen bekommen, da das Wertpapier nicht elektronisch beim eigenen Broker hinterlegt wird. Zinszahlungen werden bei Schmuckanleihen also nur gegen Vorlage eines Zinsscheins ausgezahlt.
Entsprechend muss beispielsweise der Inhaber einer HSV-Schmuckanleihe, sofern er seine Zinszahlung entgegennehmen möchte, das Service Center des Vereins aufsuchen und seinen Zinsschein vorzeigen. Da sich nicht jeder Fan Jahr für Jahr diese Mühe macht, spart sich der Verein so oftmals die Ausschüttung.
Das Risiko des Totalverlustes darf nicht unterschätzt werden
"Man muss sich darüber im Klaren sein, dass eine solche Anleihe oft der letzte, verbleibende Ausweg für Clubs ist, um überhaupt noch an Geld zu kommen. […] Das allerdings wird echte Fans nicht abhalten, ihren Verein auf diesem Weg zu unterstützen und hoffentlich zugleich zu retten", so Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz in Bezug auf die Risiken von Fananleihen. So darf auch das Risiko eines Totalverlustes nicht unterschätzt werden.
Investoren müssen sich darüber hinaus stets bewusst sein, dass der Zinssatz, welcher auf eine Fananleihe bezahlt wird, deutlich unter dem Niveau eines Bankkredits liegt. Wenn also ein Club eine Anleihe mit einem vierprozentigen Kupon emittiert, kann getrost davon ausgegangen werden, dass ein Kreditinstitut für das gleichen Papier mindestens eine achtprozentige Verzinsung einfordern würde.
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt außerdem deutlich, dass sich das Finanzierungsprojekt Fananleihe für die Gläubiger eines Vereins schon oft als Fehlschlag erwiesen hat. So emittierte der Fußballverein Alemannia Aachen im Jahr 2008 die sogenannte "Tivoli-Anleihe", welche bei ihren Gläubigern, aufgrund eines Abstiegs in die dritte Liga, zu einem Totalverlust führte.
Eine ähnlich brisante Situation durchlebten die Gläubiger und Fans von Arminia Bielefeld, die teilweise auf die Rückzahlung und Zinsausschüttung ihrer Anleihe, die im Jahr 2011 ausgegeben wurde, verzichten mussten, um den Verein vor dem Bankrott zu retten. Folglich weist auch Experte Tüngler darauf hin, dass "das Risiko von Club-Anleihen [..] nicht zu unterschätzen [ist]".
Eine Fananleihe ist nur ein teurer Fanartikel
Gegenwärtig befinden sich im deutschen Fußball noch einige Fananleihen im Umlauf. Neben den Unterstützern des Hamburger SV besitzen auch die Fans des 1.FC Köln und Schalke 04 noch derartige Wertpapiere. Der magere Zinssatz in Höhe von 3,5 Prozent und die Laufzeit bis 2024 lassen dabei schnell erkennen, dass es sich zumindest bei den Gläubigern des 1.FC Köln höchstwahrscheinlich um sogenannte Ultra-Fans handelt.
"Rein wirtschaftlich ist Geld nur mit und bei den Top-Clubs zu verdienen. Wer nicht in der Champions-League spielt, kommt nicht in den Genuss der enormen Zahlungen aus der Vermarktung der Fernsehrechte", so Marc Tüngler gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland weiter. Europäische Top-Clubs emittieren, im Gegensatz zu Vereinen aus der 2. und 3. Bundesliga, jedoch in der Regel keine Fananleihen, da diese stets einen guten Zugang zu günstigem Kapital haben.
Fans und Anleger, die trotz der hohen Risiken und verhältnismäßig mageren Renditen ihr Geld in eine Anleihe ihres strauchelnden Lieblingsvereins investieren möchten, sollten dies schlussendlich nicht aus Renditegesichtspunkten tun, sondern aus Solidarität zum Club.
Pierre Bonnet / Redaktion finanzen.net
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