Weitreichende Folgen: Donald Trump gräbt ein Doppelloch
Die Wirtschaftspolitik des 45. US-Präsidenten lässt das Zwillingsdefizit bei Haushalt und Handel in den USA weiter anschwellen - mit Folgen für US-Dollar und US-Anleihen. Auf was sich Anleger deshalb einstellen müssen.
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von Christian Kopf, Gastautor für €uro am Sonntag
Es ist ein ungewöhnliches Bild, das der Staatshaushalt der USA dieser Tage bietet. Eigentlich müsste das Geld nur so in die Taschen des Fiskus strömen, erlebt die amerikanische Konjunktur doch den zweitlängsten Aufschwung ihrer Geschichte. Das Wachstum hoch, die Arbeitslosigkeit niedrig: eigentlich die perfekte Mischung für gesunde Staatsfinanzen. Doch so ist es nicht. Im US-Bundeshaushalt klaffte 2017 ein Loch von 665 Milliarden US-Dollar oder 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Mitten im Aufschwung vergrößerte sich die Finanzierungslücke - das ist einmalig in der Geschichte der USA.
Und es dürfte so weitergehen. Für 2018 rechnet das Haushaltsbüro des US-Kongresses mit einem Minus von 804 Milliarden US-Dollar oder vier Prozent der Wirtschaftsleistung. In den Folgejahren sollte das Defizit sogar die Billionenmarke reißen und die Fünf-Prozent-Schwelle übertreffen.
Für diese Entwicklung gibt es eine Erklärung: die Steuersenkungen von US-Präsident Trump. Denn was Unternehmen und (vor allem wohlhabende) Konsumenten freut, kratzt an Amerikas Staatsfinanzen. Sicher, ein Teil der Mindereinnahmen dürfte durch stärkeres Wachstum kompensiert werden. Schließlich führt eine bessere Konjunktur zu mehr Jobs, höheren Gewinnen und damit zu mehr Einnahmen der Wirtschaftsakteure. Über die gewachsene Steuerbasis profitiert auch der Staatssäckel, selbst bei geringeren Sätzen. Nur: Wie die Erfahrung zeigt, reicht dieser Effekt nicht aus, um die Entlastung vollständig zu kompensieren. Netto wächst das Haushaltsloch. Die USA werden sich stärker verschulden und mehr Anleihen begeben müssen.
Unter Trumps Politik wird das
Handelsdefizit weiter steigen
Allerdings wird dies nicht der einzige Effekt sein. Es ist mit weiteren - überraschenden - Wirkungen der Trump’schen Wirtschaftspolitik zu rechnen. Vor allem die Außenhandelsbilanz dürfte betroffen sein, und zwar anders als vom 45. US-Präsidenten beabsichtigt. Er will nämlich nicht nur die Steuern senken und das Wachstum fördern, sondern auch das Außenhandelsdefizit schließen. Zur Einordnung: 2017 importierten die Vereinigten Staaten Waren im Wert von 566 Milliarden US-Dollar mehr als sie exportierten. Im Vergleich zum Vorjahr war das ein stattliches Plus von zwölf Prozent. Trump hat bereits im Wahlkampf angekündigt, diese Lücke schließen zu wollen - falls nötig mit aggressiven Strafzöllen.
Daher mutet es paradox an, dass der Kurs der Trump-Administration höchstselbst dafür verantwortlich ist, dass das Handelsdefizit ansteigen wird. Denn der fiskalische Impuls durch die Steuerreform führt dazu, dass Konsum und Investitionen anspringen. Das Wachstum zieht an, während die Sparquote von Haushalten und Unternehmen sinkt. Einigen volkswirtschaftlichen Theorien zufolge müsste die Währung nun aufwerten und sich das Loch im Außenhandel schließen. Tatsächlich dürfte aber das Gegenteil passieren: Der Greenback geht schwächer, während das Handelsdefizit steigt.
Warum ist das so? Weil geringere Sparquote und höhere Investitionstätigkeit das Finanzierungsgleichgewicht in der US-Volkswirtschaft verschieben. Das Angebot an Wertpapieren wird größer, während die heimische Nachfrage der Sparer abnimmt. Dieser Mechanismus hat klassischerweise zwei Entwicklungen zur Folge: Die Zinsen klettern, und nach einer Weile gibt der Wechselkurs nach.
Für dieses Muster gibt es eine historische Parallele, nämlich die ersten Jahre der Reagan-Administration. Anfang der 1980er wendete die US-Regierung ein ganz ähnliches wirtschaftspolitisches Konzept an. Damals kam es ebenfalls im Zuge von breit angelegten Steuererleichterungen zu einem Anstieg der Nachfrage nach US-Assets wie etwa Aktien, und damit verbunden zu einem zunächst festeren Dollar. In der zweiten Phase ab 1985 änderte sich der Politikmix. Der fiskalpolitische Impuls verflachte und die Geldpolitik fiel weniger straff aus als in den Anfangsjahren von "Reagonomics". In Verbindung mit dem Plaza-Abkommen zur international koordinierten Dollar-Schwächung mit dem Ziel der Verringerung des amerikanischen Handelsdefizits gab dann der Außenwert der Währung nach.
Vieles spricht dafür, dass uns aktuell eine ganz ähnliche Phase aus Zwillingsdefizit in Staatshaushalt und Handelsbilanz, steigenden Renditen und gleichzeitig einem schwächeren US-Dollar bevorsteht.
Volkswirtschaftlich gesehen sollte der Trump-Kurs die US-Wirtschaft zwar befeuern. Für 2018 sind 2,5 Prozent Plus beim BIP durchaus realistisch. Auch eine höhere Inflation von etwa 2,4 Prozent sollte die Folge sein. Aber: Derzeit sind alle wichtigen Weltregionen gleichzeitig im Aufschwung. Da fehlt den USA schlicht das Alleinstellungsmerkmal, um besonders attraktiv für ausländisches Kapital zu sein. Vereinfacht gesprochen kann man sein Geld auch andernorts gewinnbringend anlegen. Diese Gemengelage führt dazu, dass trotz höherer US-Zinsen der Greenback schwach bleibt.
Renditen von US-Bonds gehen hoch,
der Dollar verliert an Wert
Hinzu kommt, dass die Leitzinsanhebungen der Notenbank und damit die Zinsdifferenz der USA zum Rest der Welt nur moderat ausfallen werden. Allem Anschein nach wird die Federal Reserve unter ihrem neuen Vorsitzenden Jerome Powell ihre Politik nicht verschärfen, trotz der spätzyklischen Konjunkturlage. Stattdessen deutet alles auf eine Fortführung des bisherigen, bereits unter Powells Vorgängerin Janet Yellen begonnenen, sanften Ausstiegs aus der lockeren Geldpolitik hin. Ein scharfer Hochzinskurs wie zu Reagans Zeiten in den frühen 1980er-Jahren unter dem damaligen Fed-Chef Paul Volcker ist also nicht zu erwarten.
In Summe rechnen wir bei Union Investment daher mit einem moderaten Anstieg der Renditen auf US-Staatsanleihen. Bis zum Jahresende könnte sich die Verzinsung von Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit auf 3,2 Prozent erhöhen. Gleichzeitig sollte der Greenback gegenüber dem Euro weiter abwerten; ein Wechselkurs von 1,30 US-Dollar je Euro scheint in Sichtweite. Diese Trends werden von der Politik der Trump-Regierung gestützt und sollten anhalten. Sie sind die logische Folge des Doppellochs, das Trumps Politik in die volkswirtschaftliche Bilanzen der USA reißt - und daran können weder Tweets noch Strafzölle etwas ändern.
Kurzvita
Christian Kopf
Leiter Rentenfondsmanagement der Union Investment
Kopf leitet seit 2017 das Rentenfondsmanagement von Union Investment mit mehr als 50 Mitarbeitern und gut 60 Milliarden Euro an Kundengeldern. Er schloss sein Studium als Diplom-Ökonom ab und ist CFA Charterholder.
Union Investment ist die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken und mit aktuell rund 320 Milliarden Euro verwaltetem Vermögen einer der größten deutschen Vermögensverwalter für private und institutionelle Anleger.
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