Euro am Sonntag-Meinung

Hochzins-Unternehmens-Anleihen: Das kalkulierbare Risiko

05.03.17 15:00 Uhr

Hochzins-Unternehmens-Anleihen: Das kalkulierbare Risiko | finanzen.net

Angesichts der Politik der Notenbanken sind Staatsanleihen nicht attraktiv. Hochzins-Unternehmens-Anleihen hingegen schon. Sie bieten viel Rendite bei überschaubaren Risiken.

von Stephan Ertz, Gastautor von Euro am Sonntag

Das Dilemma ist bekannt: Die niedrigen Zinsen machen den Investoren in Europa zu schaffen. Doch wenn der Anlagenotstand um sich greift, dann müssen ausgetretene Pfade verlassen werden, um attraktive Renditen zu erwirtschaften. Das gilt nicht nur, aber auch für den Anleihemarkt.



Die expansive Geldpolitik der Euro­päischen Zentralbank (EZB) hat die Zinsen derart nach unten gedrückt, dass Staatsanleihen aus den Kernländern der Euro­zone oft negative Realrenditen aufweisen. Wer auf Unternehmenspapiere ausweichen will, hat bei den Unternehmen mit guter Bonität oft ein ähnliches Problem. Fünfjährige Schuldverschreibungen vermeintlich sicherer Adressen wie etwa Unilever oder der schwedischen SEB Bank werfen aktuell eine Rendite von rund 0,1 Prozent im Jahr ab. Das ist wahrlich nicht viel.

Eine Assetklasse, die etwas weniger im Fokus der Anleger steht, sind so­genannte High-Yield-Corporate-Bonds, also hochverzinste Anleihen von Unternehmen. Ihr Merkmal ist, dass die emittierenden Adressen kein erstklassiges Rating haben, sondern eine Bonität unterhalb der Schwelle von "BBB-" aufweisen.


Darin kommt ein erhöhtes Ausfallrisiko zum Ausdruck, oder anders ausgedrückt: Die Gefahr, dass der Emittent einer hochverzinslichen Anleihe auf absehbare Zeit seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, ist höher als bei einer Unternehmens­anleihe mit guter oder gar hervorragender Bonität.

Zinskupons von fünf bis sechs
Prozent sind keine Seltenheit

Da an den Kapitalmärkten Chancen und Risiken bekanntlich Hand in Hand gehen, wird der Anleger dafür entlohnt: Die zu vereinnahmende Rendite bei hochverzinslichen Papieren ist meist beträchtlich höher als bei der Konkurrenz mit besserer Bonität. Kupons von fünf bis sechs Prozent sind keine Seltenheit. Dabei muss erwähnt werden, dass das High-Yield-Universum keinesfalls aus unbekannten Namen der zweiten und dritten Reihe besteht. Die Bandbreite reicht vom Rohstoffgiganten Anglo American über den Automobil­zulieferer Schaeffler bis hin zu Thyssenkrupp, British Airways, Fiat und Telecom Italia. Also allesamt Namen, bei ­ denen eine schnelle Insolvenz Stand heute eher unwahrscheinlich ist.

Die schwächere Bonitätseinstufung hat noch einen anderen Grund. Im Rating spiegelt sich zwar die implizite Ausfallgefahr wider. Die aber basiert unter anderem auf den Verschuldungskennziffern und Kreditprofilen dieser Adressen. Nicht wenige Unternehmen entscheiden sich jedoch bewusst für eine hohe Verschuldung, um Wachstum mit Fremdkapital zu finanzieren. Dass sie dadurch für Topratings nicht oder nicht mehr infrage kommen, nehmen sie in Kauf, weil sie die entstehenden Chancen nutzen möchten.


Daraus lässt sich aber nicht zwingend eine erhöhte Insolvenzgefahr ableiten. Auch Top-Unternehmen mit starkem Management und herausragendem Geschäftsmodell finden sich in diesem ­Anlageuniversum - und zahlen vergleichsweise üppige Zinsen.

Im Schnitt rentieren hochverzins­liche Unternehmensanleihen aktuell mit gut drei Prozent - die Konkurrenz mit einem sogenannten Investment-­Grade-Rating liegt bei etwa einem Prozent. Die hohen Kuponzahlungen sorgen über die Laufzeit für eine gleichermaßen stabile wie starke Performance, die historisch betrachtet den Aktienmarkt ein gutes Stück hinter sich lässt. Aktuell können die High Yielder noch einen weiteren Vorteil ausspielen: Sie reagieren auf Zinserhöhungen aufgrund ihres Renditeaufschlags weniger empfindlich als andere Anleiheklassen.

In einem großen Portfolio
lassen sich Ausfälle verkraften

Bei Investments in High-Yield-Anleihen ist indes einiges zu beachten. Um allen Eventualitäten Herr zu werden, ist eine fundamentale Analyse des Kreditprofils unerlässlich. High Yield ist ein Feld, auf das sich nur Profis wagen sollten, denn in der Bewertung einer Anleihe gilt es, Zahlungsströme und Fälligkeiten en detail zu prüfen, um die Schuldentragfähigkeit des Namens einschätzen zu können.

Hinzu kommt, dass High-Yield-Titel in ein großes Portfolio eingebettet werden sollten. Wenn das geschehen ist, können die Anleger ob der hohen Kupons ruhig schlafen. Angesichts der guten Rendite lassen sich einzelne Ausfälle in einem Portfolio mit 100 oder mehr Emittenten verkraften, ohne dass das Depot als Ganzes ins Minus rutscht - zumal bei einem Kreditausfall in der Regel noch 40 bis 50 Prozent des Nominalwerts einer Anleihe an die Gläubiger ausgezahlt werden. Das Risiko ist also in dem Moment handhabbar, in dem eine ausreichende Diversifizierung gewährleistet ist.

Den Hochverzinslichen spielt noch ein Faktor in die Karten: Die konjunkturellen Vorzeichen sind gut. In allen Regionen der Welt ist mit positivem Wirtschaftswachstum zu rechnen, das gab es seit langer Zeit nicht mehr. Herrschte in den vergangenen Jahren stets in einem wichtigen Wirtschaftsraum - seien es die USA, Europa oder die Schwellenländer - eine Krise, so hat sich das nun zu einer stabilen und synchronen Dynamik gewandelt.

Schuldentragfähigkeit der
High Yields verbessert sich

Damit einher gehen aufgehellte Ertragsperspektiven für die Unternehmen. Das gilt insbesondere für europäische Adressen, denn auf dem alten Kontinent gewinnt die Konjunktur ausweislich der erfreulichen Frühindikatoren derzeit richtig an Fahrt. Zudem spielt Europas Unternehmen die lockere Geldpolitik in die Karten. Während in den USA die Notenbank Fed bereits im Dezember an der Zinsschraube gedreht hat und dies im laufenden Jahr noch mindestens zwei weitere Male tun dürfte, steht für die EZB eine Zinserhöhung aktuell nicht zur Debatte. All das führt dazu, dass sich die Schulden­tragfähigkeit der High-Yield-Adressen strukturell verbessert - und Ausfälle dementsprechend unwahrscheinlicher werden.

Bei allem, was in der aktuellen Gemengelage für dieses Anleihesegment spricht, so muss man doch festhalten: Den Chancen stehen Risiken gegenüber, die in den kommenden Monaten potenziell für Turbulenzen am Markt sorgen können. In drei wichtigen Volkswirtschaften der Eurozone stehen Wahlen an. Dabei wird auch über die Zukunft des europäischen Einigungsprojekts abgestimmt, das dem Kontinent allen ­etwaigen Widrigkeiten zum Trotz wirtschaftlich in den vergangenen Jahrzehnten sehr gut getan hat. Sollten die eurokritischen Stimmen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland in diesem Jahr Oberwasser gewinnen, hat dies wirtschaftliche Implikationen, die sich wiederum unmittelbar auf den High-Yield-Markt auswirken. Hinzu kommen die unklare Lage in Großbritannien nach dem Referendum und die Frage nach der wirtschaftlichen und ­politischen Zukunft Italiens.

Die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass die Investoren risikobehafteten Papieren wie Aktien und High-Yield-Bonds in Phasen erhöhter Unsicherheit schneller den Rücken kehren als vermeintlich sicheren Anlageklassen. Mit umsichtigem Risikomanagement, intensiver Fundamentalanalyse und einem hohen Grad an Diver­sifikation lässt sich ein Portfolio aber gegen etwaige Rückschläge ausreichend immunisieren.

Kurzvita

Stephan Ertz, Leiter Unter-
nehmensanleihen bei Union Investment

Ertz ist seit 2007 im Portfoliomanagement bei Union Investment. Er studierte Volkswirtschaftslehre an der Universität Trier und erwarb einen MBA der Clark University in Worcester, USA.
Union Investment ist die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken und managt rund 290 Milliarden Euro für private und institutionelle Anleger.

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Bildquellen: StockThings / Shutterstock.com, Carsten Lerp/Union Investment

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