Evonik: Begehrter Premierenbond

von Thomas Strohm, Euro am Sonntag

Evonik hat mit seinem neuen Bond für zwei Premieren gesorgt. Zum einen ist er die erste Hybridanleihe des Spezialchemiekonzerns. Zum anderen trägt der Bond den niedrigsten Kupon, den eine Euro-Nachranganleihe eines Industrieunternehmens bisher hatte. Angesichts des großen Interesses der Investoren und der siebenfachen Überzeichnung muss Evonik nur 2,125 Prozent per annum zahlen. In der Niedrigzinsphase ist das dennoch attraktiv.

Mit den eingesammelten 500 Millionen Euro finanziert das Unternehmen den Kauf einer Sparte des US-Konzerns JM Huber. Für 630 Millionen Dollar übernimmt Evonik dessen Silica-Segment und stärkt so das eigene Geschäft mit den kleinen Partikeln, auch Kieselsäure genannt. Evonik ist dabei bisher auf industrielle Anwendungen, etwa in der Farb- und Reifenindustrie ausgerichtet. JM Huber hat sich auf die Konsumgüterindustrie spezialisiert, wo Silica etwa in Zahncreme eingesetzt wird.

Gut fürs Finanzprofil

Ratingagenturen wie S & P rechnen die Hybridanleihe zur Hälfte aufs Eigenkapital an. Evonik stützt mit der Wahl dieses Finanzierungsinstruments für die Übernahme also seine Bonitätsnote. Das Finanzprofil hatte durch den im ersten Quartal abgeschlossenen Kauf der Additivsparte des US-Konzerns Air Products, die sich Evonik 3,8 Milliarden Dollar kosten ließ, etwas gelitten. Mit der Hybridemission bleiben die Essener nach Ansicht von Analysten ihrer konservativen Finanzpolitik auch unter dem seit Mai amtierenden neuen Chef Christian Kullmann treu. Die Urteile der Ratingagenturen sind denn auch mit einem stabilen Ausblick versehen.

Mit Unwägbarkeiten verbunden

Von S & P haben normale Evonik-Anleihen ein "BBB+", der Hybridbond hat nur ein "BBB-". Denn mit einer solchen Anleihe sind größere Risiken verbunden. So könnte Evonik den Kupon ausfallen lassen, wenn das Geschäft lahmt, müsste ihn aber nachzahlen, etwa wenn die Aktionäre eine Dividende bekommen. Und bei einer, im Fall von Evonik sehr unwahrscheinlichen, Pleite gingen die Nachranggläubiger wohl leer aus.

Auch die Laufzeit ist unsicher: Evonik kann ab 2022 jährlich kündigen, formal läuft der Bond bis 2077. Die Hybridanleihe würde nach dem ersten Call-Termin aber nicht mehr aufs Eigenkapital angerechnet. Das macht die Kündigung 2022 sehr wahrscheinlich, weil der Bond danach den entscheidenden Vorteil für Evonik verliert. Anleger sollten dennoch wissen, dass die Laufzeit mit einer Unwägbarkeit verbunden ist und nach dem ersten Call-Termin aus dem fixen Kupon ein variabler Zinssatz würde.