DWS CIO View-Kolumne

Einfluss der Wahl auf den Euro und die europäischen Anleihemärkte

02.09.13 17:09 Uhr

Einfluss der Wahl auf den Euro und die europäischen Anleihemärkte | finanzen.net

Das langfristige reale Wachstum einer Volkswirtschaft und die für die kommendenJahre zu erwartenden Inflationsraten gelten als wesentliche Einflussgrößen fürdas Zinsniveau der Staatsanleihen.

Inhaber von Staatsanleihen sollten daher die Bundestagswahl im Blick behalten. Wie bereits aufgezeigt, beeinflusst das Ergebnis das Wachstumstempo Deutschlands. Die künftige Europapolitik der neuen Regierung dürfte sich ebenfalls auf das Renditeniveau in Deutschland und den anderen Mitgliedern des Euro-Raums auswirken.

Da Zinsen und Zinsdifferenzen die Währung beeinflussen, sollte auch der Außenwert des Euros von der Bundestagswahl tangiert werden. In Euro notierende Unternehmensanleihen werden ebenfalls von der Zinsentwicklung im Euro-Raum beeinflusst. Die Bonität nimmt bei diesen Papieren allerdings einen wesentlichen Stellenwert ein. Entsprechend spielt die Bundestagswahl in Deutschland bei diesen Papieren eine untergeordnete Rolle, denn die meisten deutschen Unternehmen sind international aufgestellt, sodass ihre Zahlungsfähigkeit durch deutsche Politikmaßnahmen nur bedingt beeinflusst wird. Dennoch lohnt es sich, auch auf diese Papiere einen Blick zu werfen. Eine Finanzmarkttransaktionssteuer könnte je nach Ausgestaltung und Höhe die Attraktivität von Unternehmensanleihen für Investoren deutlich schmälern.

Jüngsten Umfragen zufolge ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass die bisherige Koalition aus CDU/CSU und FDP ihre Regierungsarbeit fortsetzen kann. Damit dürfte nach der Wahl die Diskussion mit den Peripherieländern um eine Erleichterung der Schuldenlast härter geführt werden. Das könnte auch zu einer leicht höheren Volatilität bei Anleihen aus den südlichen Ländern des Euro-Raums führen. Allerdings dürften sich die Auswirkungen in Grenzen halten. Weitere Ziele der Koalition sind die Reduzierung der Staatsschulden, die Beibehaltung der derzeitigen Einkommensteuersätze und die Nichteinführung der Vermögensteuer. Im Bereich der Finanzmarktregulierung sollten die Veränderungen überschaubar bleiben. Eine Steuer auf Finanzmarkttransaktionen wird derzeit innerhalb der CDU/CSU kontrovers diskutiert. Damit ist offen, ob eine solche Steuer überhaupt kommt. Falls sie kommt, erwarten wir, dass die Liberalen ihren Einfluss geltend machen und die Finanzmarkttransaktionssteuer moderat ausfällt. Beide Parteien lehnen einen europäischen Einlagensicherungsfonds und Eurobonds ab.

Falls CDU/CSU und FDP nicht die Mehrheit erhalten, ist auch eine Neuauflage der großen Koalition aus CDU/CSU und SPD denkbar. Die CDU/CSU ist gegen eine Veränderung der Einkommensteuer und der Kapitalertragsteuer sowie gegen eine Einführung der Vermögensteuer. Damit stehen die Christdemokraten in allen steuerpolitischen Punkten in Opposition zur SPD, die Steuererhöhungen fordert. Diese sind auch mit der CDU/CSU möglich, dürften aber von ihr eingedämmt werden, da sie das Wachstum belasten. Die von der SPD geforderte Finanzmarkttransaktionssteuer könnte kommen, wird aber von einer steigenden Zahl von CDU-Mitgliedern kritisch gesehen und dürfte somit in abgemilderter Form kommen. Einer Aufspaltung der Banken in Investmentbanken und Geschäftsbanken für das Einlagen- und Kreditgeschäft steht die SPD offen gegenüber, während die CDU/CSU diese Trennung ablehnt. Beide Parteien lehnen einen europäischen Einlagensicherungsfonds ab.

Erhalten in der Wahl SPD und Bündnis 90/Die Grünen die Mehrheit, sollte sich dies deutlich auf die Anleihemärkte im Euro-Raum auswirken und zu einer höheren Volatilität am Devisenmarkt führen. Schließlich wollen beide Parteien staatliche Ausgabenprogramme zur langfristigen Stimulierung der Konjunktur, die kurzfristig über höhere Schulden und über Steuererhöhungen finanziert werden. Steigende Einkommensteuern, steigende Kapitalertragsteuern und die Einführung einer Vermögensteuer sind ebenso wie eine Aufspaltung der Banken in Investment- und Geschäftsbanken wahrscheinlich.

Wenig wahrscheinlich ist eine Koalition von CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen. Die Unterschiede zwischen den Parteien sind einfach zu groß. Damit sind auch Vorhersagen über Kompromisse in der Steuerpolitik schwierig. Wahrscheinlich ist, dass die CDU/CSU Steuererhöhungen begrenzen, aber nicht verhindern kann. Auch in der Energiepolitik sind die Differenzen enorm. Die Grünen wollen eine Fortführung der Subventionen für erneuerbare Energien und eine Erhöhung der Strompreise für energieintensive Industrien. Mit einer Finanzmarkttransaktionssteuer ist zu rechnen, wobei die CDU/CSU für eine Begrenzung der steuerlichen Belastung kämpfen würde. Die CDU/CSU ist für eine Beibehaltung des Universalbankensystems, Bündnis 90/Die Grünen für eine Abspaltung des Investmentbanking vom traditionellen Bankgeschäft. Gegensätzlich sind auch die Positionen zu einem europäischen Einlagensicherungsfonds sowie zu Eurobonds.

Ähnlich unwahrscheinlich wie eine rot-grüne Koalition ist eine Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Kompromisse dürften aufgrund der weit auseinanderliegenden Ziele in einer Ampelkoalition schwer zu finden sein. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich die drei Parteien in der Ausgaben- und Steuerpolitik, in der Finanzmarktregulierung und in der Europapolitik gegenseitig blockieren.

Basierend auf Wahlprogrammen und politischen Aussagen ist die Basis für eine politische Zusammenarbeit zwischen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke größer. Die Ergebnisse einer Koalition dürften staatliche Konjunkturprogramme, eine Erhöhung der Steuern für höhere Einkommensgruppen, eine Vermögensteuer und die Reform der Kapitalertragsteuer sein. Das Finanzsystem könnte stark reguliert und die Kapitalmärkte und ihre Teilnehmer unter strenge politische Beobachtung gestellt werden. Der Reformdruck auf die Peripherieländer im Euro-Raum dürfte sich stark reduzieren. Sollte sich, was unwahrscheinlich ist, das Mandat der EZB in Richtung einer direkten monetären Finanzierung der Staatshaushalte verändern (wie es Die Linke plant), würde die EZB damit ihre Unabhängigkeit verlieren. Da Konzessionen der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen an Die Linke wahrscheinlich sind, sollte die Steuerbelastung bei einer solchen Koalition enorm ansteigen. Ein Mindestlohn von 10 Euro könnte zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit führen.

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*Quelle: BVI, Stand 31. Mai 2013, inkl. DB-Produkte

**Stand: 31. März 2012

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