Unternehmen wagen sich wieder aus der Deckung
In Anbetracht der Tatsache, dass sich seit Jahresbeginn die Konditionen für die Unternehmen ...
... zur Refinanzierung nicht gerade verbessert haben, waren anscheinend einige Marktteilnehmer gezwungen, sich aus der Deckung zu wagen. Vor dem Hintergrund eventuell steigender Leitzinsen wurden mehrere Unternehmen wieder am Primärmarkt aktiv und emittierten erfolgreich ihre Anleihen. Dies gelang sogar sogenannten Non–Investment-Grade-Unternehmen, die aktuell höher in der Gunst der Anleger stehen, als Anleihen der europäischen Sorgenkinder. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass nach Moody's Downgrade Griechenlands Hellas-Bonds nun die höchsten Renditen seit der Euro-Einführung an den Finanzmärkten im Jahre 1999 abwerfen.
Dieses Risikoverhalten der Anleger lässt tief blicken. Die ersten Monate des Jahres 2011 standen ganz im Zeichen der Covered Bonds und nun müssen die Unternehmen versuchen, das abgeerntete Land zu bestellen. In Erwartung höherer Zinsen bleibt den Finanzchefs keine andere Wahl mehr und man versucht, die vermeintlich günstigen Konditionen zu sichern. Was heute noch schlecht ist, kann morgen schon gut sein.
Die Banken haben diese Probleme nicht. Zuerst haben sie die Liquidität abgeschöpft und nun haben sie auch weiterhin die Möglichkeiten sich billig zu refinanzieren. Die Festschreibung des Tendersatzes bei 1,00% lässt die Banken jubeln und so ist es nicht verwunderlich, dass die Geschäftsbanken der Eurozone beim 3-Monats Tender der EZB deutlich mehr Gebote abgegeben haben. Die Nachfrage von 82,5 Mrd. Euro lag deutlich über der Markterwartung von 62 Mrd. Euro.
Im Windschatten trauen sich auch andere Gesellschaften an den Markt
So konnte die Renault Bank eine 5-jährige Anleihe mit 4,00% und einem Volumen von 750Mio. Euro an den Markt platzieren. Der Bond wird mit Baa2/BBB benotet.
Auch der italienische Autobauer Fiat nutze die Gunst der Stunde und emittierte 2 Tranchen mit einem Gesamtvolumen von 2,2 Mrd. Euro, die in 2015 und 2018 endfällig werden. Der Autobauer besitzt kein Investment-Grade Rating und wird im „Ramschbereich“ bewertet. Für die kürzere Laufzeit wurden 5,25% und für die längere Laufzeit 6,25% als Zins ausgelobt.
Zu besseren Konditionen konnte sich allerdings der französische Wein- und Spirituosen-Konzern Pernod-Ricard am Kapitalmarkt refinanzieren. Für 1 Mrd. Euro frisches Kapital mussten bei einer Laufzeit bis 2017 lediglich 5,00% geboten werden.
Im Zuge erhöhter Renovierungsvorhaben hat sich der Hersteller von Sanitärarmaturen, Grohe, entschieden, ebenfalls 500 Mio Euro neues Kapital am Markt aufzunehmen. Dieses Kapital soll allerdings zur Rückzahlung von bestehenden Anleihen verwendet werden. Verzinst wird dieses Papier mit einem variablen Kupon, der alle 3 Monate angepasst wird und über 400 Basispunkte über dem 3 Monats Euribor liegt. Aktuell bedeutet dies 5,17%. Bei einer Beurteilung B2/B- seitens der Ratingagenturen, ist ein Engagement allerdings als hoch spekulativ zu bezeichnen.
Spiegelfechterei 2.0.
Die Ergebnisse der Pressekonferenz des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, vom vergangenen Donnerstag werden noch viele Wochen nachhallen. So wurden die Märkte auf eine Zinserhöhung vorbereitet, allerdings wurde der Ausstieg aus den unkonventionellen Maßnahmen erneut verschoben. Zumindest bis Juli gilt für die Banken, sich unbegrenzt Liquidität zu einem festen Zinssatz beschaffen zu können. Zu diesem Schritt sah man sich gezwungen, um die noch immer unter der Finanzkrise leidenden Banken nicht weiter unter Druck zu setzen. Dies kann auch mit den nahenden Stresstests zusammenhängen. Sollten die momentan anlaufenden Stresstests nicht die gewünschten Ergebnisse liefern, so wären die betroffenen Banken noch über die EZB abgesichert. Die Spiegelfechterei des vergangenen Jahres darf sich nicht mehr wiederholen und man scheint aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt zu haben. Die Risiken aller Bücher sollen bewertet werden. Damit sollte auch die Aussagekraft der Tests deutlich erhöht werden. Dies schließt aber auch die Gefahr ein, dass wesentlich mehr Prüflinge das Klassenziel nicht erreichen. Somit schließt sich der Kreis und die Banken werden schon heute hübsch gemacht. Einem Banker namens Axel Weber war das allen Anschein nach schon seit längerer Zeit suspekt. Nur so sind seine Schritte weg von der Deutschen Bundesbank hin zum Lehrstuhl und evtl. zurück in eine andere verantwortungsvolle Position in der Finanzbranche zu erklären.
Anleihe zu verschenken?
Die Handlungsweise der Europäische Zentralbank erinnert im Entferntesten an die „Erfolgstory E10“. Bei einem längst überfälligen Gespräch wurde die weitere Vorgehensweise besprochen und der Verbraucher soll nun aufgeklärt werden. Dies wäre auch für den Knabenchor bei der EZB angebracht. Jeder hat zu allem etwas zu sagen und so melden sich im Vorfeld diverser Treffen der EU-Finanzminister und der Staats- und Regierungschefs führende EZB-Notenbanker immer wieder zu Wort. Jeder meint das Ei des Kolumbus gefunden zu haben. Mal geht es um die Ausstattung des EU-Rettungsschirms, mal um den Ankauf von Anleihen durch die EZB. Nun wurden wieder Überlegungen angestellt, ob man nicht auch andere Vermögenswerte -neben Staatsanleihen- kaufen sollte. Gleichzeitig fragen sich aber andere Notenbanker, wie sie die angekauften Titel wieder loswerden. Diese Überlegung fußt vielleicht auf einer Berechnung, wie viele Staatsanleihen die Amerikaner tagtäglich über einen Zeitraum von zwei Jahren wieder verkaufen müssten, um wieder bei Null zu sein. Die Zahl will keiner hören, denn die Europäische Zentralbank wäre innerhalb einer Woche bei dem gleichen täglichen Volumen schon wieder aus dem Markt. Diese Fehler gilt es zu vermeiden und somit sind die Gedanken nach dem weiteren Vorgehen angebracht. Der Ankauf von Anleihen kann ein Fass ohne Boden werden und birgt viele Risiken. Eine Möglichkeit wäre die Übertragung der Anleihen von nominal fast 80 Milliarden Euro auf den Europäischen Rettungsschirm EFSF. Damit erhofft man sich seitens der Notenbanken, sich wieder auf die eigentlichen Ziele konzentrieren zu können.
Die Zeit drängt, da inzwischen die Bonität griechischer Anleihen sogar noch unter Ramschniveau gesehen wird und sich in den Bankbilanzen somit neuer Sprengstoff angesammelt hat. Eine EZB hat sicherlich kein Interesse, sich dem Vorwurf des bewussten Vernichtens von Vermögenswerten aussetzen zu müssen. Die Situation spitzt sich weiter zu und es ist zu befürchten, dass Griechenland das erste Opfer sein wird, das auf dem Altar der Glaubwürdigkeit geschlachtet wird.
Notenpresse oder Bremsen?
Die Lösung aller Finanzkrisen kann nur in Abstimmung und Zusammenarbeit mit dem größten Schuldner der Welt, der USA, funktionieren. In den nächsten Wochen werden sich die Politiker zu einer Erhöhung der Verschuldungsgrenze durchringen müssen und gleichzeitig stellt sich die Frage wie sich die amerikanische Notenbank nach dem Auslaufen der Ankaufprogramme ab Juli verhalten will. Legt die Notenbankpresse eine weitere Sonderschicht ein oder wird abrupt gebremst. Die Zeichen stehen auf bremsen! China und Japan können mit der momentanen Situation nicht glücklich sein, da die Schulden im Vergleich zum BIP in den letzten Jahren explodiert sind.
Inzwischen werden in den USA aber auch erste Stimmen laut, die eine Vorbereitung der Märkte auf eine Zinserhöhung fordern. Ob das für den angeschlagenen Immobilien- und Arbeitsmarkt hilfreich ist, darf bezweifelt werden. Allerdings ist die Zeit der Augenwischerei vorbei und auch die Amerikaner müssen den Tatsachen in die Augen blicken. Immer nur ausländische Krisenherde bekämpfen und so die Patriotismuswelle reiten, ist keine Lösung von Finanzproblemen. Die Struktur der Wirtschaftsmacht USA steht auf dem Prüfstand und eine radikale Umorientierung von einer Dienstleistungsgesellschaft zu einer produzierenden Gesellschaft muss das Ziel sein. Über mehr Produktivität sollten auch Steuermehreinnahmen zu erzielen sein, die wiederum in den Schuldenabbau fließen sollten. Das eine ist die Theorie, das andere die Praxis. Ohne die Mutter aller Blasen (Liquiditätsschwemme Amerikas) einzudämmen, ist das Finanzsystem nur noch mittels der gegenseitigen Beteuerungen stabil. Die Rahmenbedingungen sind suboptimal, denn durch den infolge der Unruhen in den arabischen Ländern steigenden Ölpreis besteht die Gefahr einer weltweiten Rezession. Dadurch würde sich die Lage nochmals zuspitzen.
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Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG. www.Baadermarkets.de
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