Unternehmensschulden: Wachsende Risiken auf China und USA konzentriert
Das Gesamtvolumen der sich im Umlauf befindenden Unternehmensschulden wird nach Berechnun-gen von Standard & Poor’s Ratings Services bis 2019 auf insgesamt 71 Billionen US-Dollar steigen. Das entspricht einer Zunahme von zwei Fünfteln im Vergleich zu heute.
Neben den bestehenden Schulden entfallen dann rund 37 Billionen US-Dollar auf Refinanzierungen und 20 Billionen US-Dollar auf Neuemissionen. Den größten Schuldenberg mit einem Anteil von rund 40 Prozent der Gesamtschulden werden dabei voraussichtlich die chinesischen Firmen zu stemmen haben. Auch die Risiken werden sich zunehmend auf die Schuldenmärkte in China und den USA kon-zentrieren.
US-Markt für Leveraged Finance wächst
Dass es künftig in China, dem weltweit größten Markt für Unternehmensschulden, häufiger zu Zah-lungsausfällen kommen kann, dürfte daher nicht verwundern. Die Wachstumsrate in China ist weiter-hin höher als fast überall sonst, aber die damit einhergehenden Risiken steigen ebenfalls. Die Analys-ten von Standard & Poor’s gehen davon aus, dass chinesische Unternehmen ihre Dominanz am Schul-denmarkt fortsetzen und in den nächsten fünf Jahren weltweit den Löwenanteil emittieren werden. Das rapide Wachstum der Verschuldung, intransparente Märkte und eine gemessen am BIP hohe Ver-schuldungsquote sind Anzeichen für vergleichsweise hohe Kreditrisiken im Reich der Mitte. Die Ver-schuldung der chinesischen Unternehmen beträgt schon heute das Achtfache der Staatsschulden. Dagegen ist in den USA das Wachstum des Leveraged Finance-Marktes ein Hinweis auf steigende Risi-ken. Die Saat einer künftigen Schuldenkrise könnte in diesen beiden Regionen bereits gelegt sein.
Weltweiter Finanzierungsbedarf sinkt auf 57 Billionen US-Dollar Standard & Poor’s erwartet bei Unternehmen bis 2019 eine globale Nachfrage an Fremdmitteln von insgesamt 57 Billionen US-Dollar. Dies entspricht einem Rückgang von 4 Prozent gegenüber der letzt-jährigen Prognose, wie aus dem aktuellen Bericht von Standard & Poor’s Ratings Services "Twin Debt Booms Pose Risks As Companies Seek US$57 Trillion Through 2019" hervorgeht. Dem Bericht zufolge werden der stete Rückgang der Rohstoffpreise und das globale BIP-Wachstum mittelfristig zu einem rückläufigen Finanzierungsbedarf bei den Unternehmen führen.
Das Umfeld und die Risiken im Finanzierungsmarkt für Unternehmen haben sich gewandelt, seit Standard & Poor’s 2012 erstmals einen "Global Borrowing Forecast" veröffentlichte: Damals ging Stan-dard & Poor’s von einem Finanzierungsbedarf von insgesamt 46 Billionen US-Dollar bis 2017 aus. Auf-grund eines gestärkten Marktvertrauens wurde die 5-Jahres-Prognose 2013 auf 53 Billionen US-Dollar erhöht. Standard & Poor’s hatte bereits im Vorfeld prognostiziert, dass China die USA als den welt-größten Unternehmensschuldner überholen würde. Als Befürchtungen über Kreditengpässe und ei-nen wirtschaftlichen Abschwung in China 2014 abebbten, passte Standard & Poor's seine Einschätzung des Finanzierungsbedarfs auf 60 Billionen US-Dollar bis 2018 an.
Von Jayan Dhru, Global Head für Infrastruktur und Unternehmensratings bei Standard & Poor’s Ra-tings Services in New York
Hier kommentieren jede Woche Analysten von Standard & Poor’s Credit Ratings Services (S&P) die Entwicklungen in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten - und welche Herausforderungen sich daraus für Wachstum und Stabilität ergeben. S&P ist seit 30 Jahren mit inzwischen neun Standorten in Europa vertreten, im Frankfurter Büro arbeiten 120 Mitarbeiter aus 19 Ländern. Mehr Infos unter www.spratings.de
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