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Grüne Anleihen boomen weiter: 30 Milliarden US-Dollar an Emission bis Ende 2015 erwartet

08.04.15 10:17 Uhr

Grüne Anleihen boomen weiter: 30 Milliarden US-Dollar an Emission bis Ende 2015 erwartet | finanzen.net

Der Markt für grüne Unternehmensanleihen, auch Green Bonds genannt, ist in den vergangenen 18 Monaten dramatisch gewachsen. Jüngstes Beispiel: Der dänische Windturbinenhersteller Vestas hat im März eine Anleihe in Höhe von 500 Millionen Euro über sieben Jahre begeben.

Zweimal wurde die Emission überzeichnet, was den starken Appetit der Investoren nach diesen noch relativ neuen Finanzierungsinstrumenten veranschaulicht. Gleichzeitig war die Vestas-Emission die erste grüne Anleihe in diesem Jahr und auch die erste, die von einem rein auf Windenergie spezialisierten Unternehmen begeben wurde.

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Bis Ende 2015 könnten Anleiheemissionen in Höhe von insgesamt 30 Milliarden US-Dollar getätigt werden, schätzt Standard & Poor’s Ratings Services in dem kürzlich veröffentlichten Bericht "Corporate Bond Market Shows Its Green Shoots". Dies entspräche einem Wachstum von fast 50 Prozent bezogen auf die 19,1 Milliarden US-Dollar an Green Bonds, die seit Beginn des letzten Jahres platziert wurden und die seitdem die Trendwende in dem noch jungen Markt für diese Anlageklasse markiert. Insgesamt wurden 2014 Anleiheemissionen für umweltfreundliche Investitionen in Höhe von 36,6 Milliarden US-Dollar begeben, was bereits einer Verdreifachung des Marktvolumens gegenüber 2013 entspricht. Nach Erwartungen von S&P wird die Emission von grünen Anleihen angesichts der hohen Nachfrage von Investoren sowie Emittenten relativ lebhaft bleiben.

China als Wachstumstreiber

Unternehmensemittenten, insbesondere von Versorgungs- und Immobilienunternehmen, sind die treibende Kraft, wenn es um das Wachstum der grünen Anleiheemissionen in den letzten 18 Monaten geht. Neben dem Setzen von Standards bieten sie eine Reihe von Währungen, Standorten und Laufzeiten an - sie alle tragen zur Liquidität im Markt bei. Auch Emittenten der öffentlichen Hand liefern weitere Wachstumsimpulse. Der bahnbrechende Impulsgeber könnte allerdings China werden, dessen Markt für grüne Anleihen über die nächsten 12 Monate signifikant wachsten könnte, da Peking seine Investitionen in Umweltschutz und erneuerbare Energien verstärkt.

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Klimawandel bleibt Investitionstreiber für alternative Energien

Die Sorge, dass sinkende Ölpreise Investitionen in alternative Energien weniger attraktiv machen könnten, teilt S&P nicht. Aufgrund der langfristigen Bedeutung des Klimawandels werden Ölpreis-Bewegungen aus unserer Sicht weniger Einfluss auf erneuerbare Energien haben als viele befürchten. Darüber hinaus werden Fonds, die für grüne Anleihen errichtet werden, für energierelevante und breitere sozialverantwortliche Projekte genutzt.

Risiken durch Greenwashing

Die wachsende Nachfrage der Investoren nach grünen Investitionen wirft die Frage auf, welches Projekt sich eigentlich als umweltfreundlich qualifizieren sollte und das auch darf. Wenn jeder mit grünen Anleihen in Verbindung gebracht werden will, besteht die Gefahr, dass der Wert der grünen Anleihen zum "Greenwashing" verkommt. Deshalb ist für diesen, sich noch in der Entwicklung befindlichen Markt Transparenz das Fundament. Sowohl Emittenten als auch Investoren fordern gemeinsam vereinbarte Normen, was als eine grüne Anleihe eingestuft wird, um den Missbrauch dieser Fonds zu verhindern.

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Noch nicht allen geeigneten Unternehmen hat sich bereits der Zugang zum Markt erschlossen. Ein Grund dafür ist, dass die Finanzierung zur Eindämmung des Klimawandels nicht Teil des Auftrags von Unternehmen ist. Außerdem ist der derzeitige Markt ziemlich klein. Ein zahlungsfähigerer Markt, der mit Privatplatzierungen diversifiziert ist, muss weiterentwickelt werden, damit mehr Emittenten und Investoren hereintreten. Standard & Poor‘s glaubt, dass weitere Disintermediation der Kapitalmärkte und der Abbau des traditionellen Vertrauens in den Bankensektor für die Unternehmensfinanzierung nur dazu dienen werden, diesen Trend zu beschleunigen, vor allem in sich so schnell entwickelnden Märkten wie China und Ferner Osten.

Von Michael Wilkins, Managing Director bei Standard & Poor’s Rating Services London

Hier kommentieren jede Woche Analysten von Standard & Poor’s Credit Ratings Services (S&P) die Entwicklungen in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten - und welche Herausforderungen sich daraus für Wachstum und Stabilität ergeben. S&P ist seit 30 Jahren mit inzwischen neun Standorten in Europa vertreten, im Frankfurter Büro arbeiten 120 Mitarbeiter aus 19 Ländern. Mehr Infos unter www.spratings.de



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