Ausweg aus der Reputationskrise für mittelständische Anleihen
Viele Investoren sehen im Markt für Mittelstandsanleihen eine Alternative zu herkömmlichen Investments.
Allerdings sind Mittelstandsanleihen seit geraumer Zeit von Reputationsproblemen geplagt, die zu einem großen Teil einer geringen Transparenz in Sachen Kreditqualität geschuldet sind.
Höhere Ausfallraten aufgrund mangelnder Transparenz
Von den zwischen 2010 und 2014 emittierten 151 Anleihen mittelständischer Unternehmen sind allein in den letzten drei Jahren 21 Anleihen ausgefallen. Daraus ergibt sich eine kumulierte Ausfallrate von 13,9 Prozent pro Jahr. Das entspricht rund dem dreifachen der historisch beobachteten, durchschnittlichen Ausfallrate für globale High-Yield-Anleihen von 4,6 Prozent für Unternehmen mit einem ‚B‘-Rating von S&P, das auf relativ hohe Risiken verweist. Dies verdeutlicht das unterschiedliche Transparenzniveau und die Tatsache, dass die Differenzierung der Kreditrisiken im mittelständischen Bereich noch nicht ausreicht.
Verbesserte Risikodifferenzierung - ausgewogenere Preisfindung
Im klassischen High-Yield-Markt finden Investoren üblicherweise eine differenziertere Einordnung der relativen Kreditqualität vor und damit auch eine angemesserene Preisfindung für das jeweilige Risiko. Bei Unternehmen mit einem ‚B‘-Rating von Standard & Poor’s liegen die Renditen über das gesamte Jahr 2014 betrachtet bei ca. 6 Prozent (Grafik 1).
Im Vergleich dazu liegen im deutschen Mittelstandsmarkt die Kupons bei Emission zwischen 6 Prozent und 9,5 Prozent - also klar innerhalb der ‚B‘-Rating Kategorie von S&P. Wie aus öffentlichen Daten des Bond-Guide vom Februar 2015 hervorgeht, besteht zwischen den von verschiedenen Agenturen für mittelständische Unternehmen vergebenen Ratings und dem dadurch angezeigten Risiko keine äquivalente Relation zur gebotenen Rendite wie bei klassischen Unternehmensratings (Grafik 2).
Es ist unwahrscheinlich, dass der künftige Kapitalbedarf von Mittelständlern allein durch Bankkredite gedeckt werden kann. Privatplatzierungen oder Fondslösungen stehen in der Regel nur Unternehmen mit Investment Grade Rating offen. Unternehmen mit niedrigerer Bonität müssen in der Regel Kreditfonds oder institutionelle Investoren direkt ansprechen. Berücksichtigt man aktuelle Marktpreise, so zeigt sich, dass Investoren in gewissem Umfang ihre eigene Risikodifferenzierung vornehmen. Doch für die Mehrzahl der Unternehmen passen Risikoeinschätzung und Renditen nicht zusammen. (Grafik 3).
Mehr Transparenz könnte helfen, diese Spreizung zu mildern und die Risikoeinschätzung zu stärken.
Von Dr. Mark Währisch, Director Corporate Ratings bei Standard & Poor’s Ratings Services in Frankfurt
Hier kommentieren jede Woche Analysten von Standard & Poor’s Credit Ratings Services (S&P) die Entwicklungen in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten - und welche Herausforderungen sich daraus für Wachstum und Stabilität ergeben. S&P ist seit 30 Jahren mit inzwischen neun Standorten in Europa vertreten, im Frankfurter Büro arbeiten 120 Mitarbeiter aus 19 Ländern. Mehr Infos unter www.spratings.de
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