NN IP-Kolumne

Trotz Ölpreisverfall und Ukraine-Krise optimistische Prognose für EM-Staatsanleihen

19.12.14 12:18 Uhr

Trotz Ölpreisverfall und Ukraine-Krise optimistische Prognose für EM-Staatsanleihen | finanzen.net

Die Assetklasse Emerging Market Debt verzeichnete in den letzten Wochen eine hohe Volatilität. Für diese Entwicklung gibt es viele Gründe, der wichtigste aber ist der Ölpreisverfall.

Seit seinem höchsten Stand im Juni 2014 ist der Preis für Rohöl um über 48 Prozent auf 59 USD pro Barrel (Sorte Brent, 59,81 USD per 19.12. 2014) gefallen (siehe Grafik unten). Nach der OPEC-Entscheidung, ihre Produktion nicht zu drosseln, brach der Preis sogar noch weiter ein.

Der Rückgang der Ölpreise wirkt sich direkt negativ auf die schwächeren der Erdöl exportierenden Länder, wie Angola, Ecuador und Gabun aus, doch vor allem auf Venezuela. Aber auch Länder mit vergleichsweise soliden Rahmendaten, wie Russland und Kasachstan, sind betroffen. Was die Ukraine betrifft, so haben rückläufige Rahmendaten und anhaltende politische Spannungen für einen Verfall der Vermögenspreise gesorgt. Der potenzielle künftige Nutzen dieser Entwicklung für die Öl importierenden Länder hat sich jedoch noch nicht in ihren Vermögenspreisen niedergeschlagen, da die Grundstimmung insgesamt weniger günstig für die Emerging Markets ist. Die Kurs-entwicklung verläuft in einigen Ländern bzw. Währungen zwar recht dramatisch. Dabei darf man allerdings nicht vergessen, dass die Handelsvolumen sich zum Jahresende hin deutlich ausdünnen.

Quelle: Bloomberg

Was die lokalen EM-Anleihemärkte betrifft, ist der spektakuläre Absturz des Rubel geradezu beispiellos. Nachdem das Land in diesem Jahr bereits einen Teil seiner gewaltigen Devisenreserven zur Stützung seiner Währung eingesetzt hatte, ging es im November zu einem System gleitender Wechselkurse über. Doch eine unerwartete Kombination aus fallenden Erdölpreisen und steigender Nachfrage nach Dollar (weitgehend infolge der vom Westen auferlegten Kapitalmarktbeschränkungen) hat den Rubel schwer getroffen. Von Ende September bis zum 17. Dezember ist die russische Landeswährung um über 37 Prozent gefallen (siehe Grafik unten). Die jüngste Leitzinsanhebung der russischen Zentralbank um 6,5 Prozent auf 17 Prozent scheint den freien Fall der Währung vorerst gestoppt zu haben. Unserer Einschätzung nach dürfte der Rubel zum Jahresende hin volatil bleiben. Seit Anfang Dezember sind wir daher sowohl bei FX als auch Duration im Hinblick auf Russland neutral positioniert.

Der Öl- und Gassektor macht einen großen Teil der russischen Volkswirtschaft aus. Niedriger Ölpreis und höhere Zinsen könnten die russische Wirtschaft massiv belasten. Andererseits wird sich die aktuelle Krise auf kurze bis mittlere Sicht wohl nicht wesentlich auf den russischen Staatshaushalt auswirken. Mit 0,3 Prozent (Q2 2014) ist das Haushaltsdefizit recht gering und auch die öffentliche Schuldenquote liegt unter 10 Prozent (Dezember 2013). Mildernd kommt auch hinzu, dass der Reservebestand sowie die Staatsfonds Russlands bereits gut mit Öl-Dollar ausgestattet sind. Das Risiko eines deutlich niedrigeren Ölpreises (von etwa 35 USD pro Barrel) könnte allerdings zusätzliche Probleme, wie ein höheres staatliches Haushaltsdefizit, mit sich bringen. Solange der Ölpreis sich indes um 60 bis 65 USD pro Barrel bewegt, sollte dies auf kurze Sicht nicht zum Problem werden. Zusammengenommen stützen all diese Faktoren unsere grundsätzlich positive Einschätzung russischer Staatsanleihen. Nach unserem Dafürhalten ist das Ausfallrisiko gering, da Russland über ausreichende Cashflows in US-Dollar verfügt, um auch in den kommenden Jahren seine auf USD lautenden Schulden zu bedienen (Kapital- und Zinsdienst).

Quelle: Bloomberg

Zwar ist die fundamentale Einschätzung recht positiv, doch bleibt die politische Situation problematisch. So wird sich die Ukraine-Krise aller Wahrscheinlichkeit nach auf kurze bis mittlere Sicht nicht lösen lassen, sondern auch weiterhin die Schlagzeilen beherrschen. Hinzu kommen die EU- und US-Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Auf der einen Seite dürften diese Sanktionen starke Signalwirkung haben, doch auf der anderen Seite sollten sie die EU-Wirtschaft nicht allzu sehr belasten. Wir halten es nicht für besonders wahrscheinlich, dass die EU Sanktionen verhängen wird, die die Öl- und Gaslieferungen Russlands an EU-Länder in Mitleidenschaft ziehen könnten, denn schließlich sind einige ihrer Mitglieder (beispielsweise die Slowakei und Finnland) in hohem Maße auf russisches Erdgas angewiesen. Derartige Maßnahmen könnten das Wirtschaftswachstum belasten und damit unter Umständen eine erneute Rezession auslösen. Das ist angesichts des schwächelnden Wachstums in der EU definitiv nicht das angestrebte Szenario.

Kurzum, was Russland betrifft, werden die Dollareinnahmen aus den Erdölexporten selbst bei den aktuell niedrigen Preisen mehr als ausreichend sein, um auf USD lautende Schulden zu bedienen. Wir meinen, dass Russland bei diesen Niveaus ein attraktives Risiko-Ertrags-Profil bietet.

Was Venezuela betrifft, so steht eine Staatspleite zwar nicht unbedingt bevor, doch mittelfristig ist das Risiko sicherlich gestiegen. Der venezolanischen Regierung stehen eine Reihe von Maßnahmen zur Verfügung, mit denen sie das Ausfallrisiko senken könnte, wie zum Beispiel eine Abwertung des Bolivar, die preisbereinigte Reduzierung der Staatsausgaben bei gleichzeitiger Anhebung (nominal) sowie der Verkauf von PetroCaribe-Forderungen oder Assets wie den in den USA gelegenen Anlagen der staatlichen Raffinerie-Gesellschaft CITGO.

Die Spreads kasachischer Staatsanleihen sind unserer Ansicht nach infolge der Ölpreisentwicklung übermäßig gestiegen. Momentan notiert der Spread deutlich über dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre (rund 311 Bp.). Grundsätzlich weist Kasachstan unserer Auffassung nach solide Bonitätskennzahlen auf. Insofern gehen wir davon aus, dass sich die Spreads schließlich wieder verengen.

Wir bleiben bei unserer optimistischen Prognose für EM Sovereign Debt. Zwar sind die volkswirtschaftlichen Rahmendaten jetzt etwas weniger robust als vor ein paar Jahren, doch sind sie immer noch recht stabil. Insgesamt ist das Risiko - bedingt durch die anhaltend niedrigen Erdöl- und Rohstoffpreise - etwas gestiegen. Doch die Bewertungen sind mittelfristig attraktiver: Der Spread des JPM EMBI Global Diversified Index hat mittlerweile den höchsten Stand seit drei Jahren erreicht. Auch die markttechnischen Faktoren behaupten sich gut, wenn man bedenkt, dass die Nettoemission bei Schwellenländer-Staatsanleihen 2015 unter null liegen wird. Wir rechnen mit mäßigen Kapitalzuflüssen in diese Assetklasse.

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**Stand: Q3 2014, 30. September 2014;

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