Der geldpolitische Kommentar Dr. Cyrus de la Rubia, HSH Nordbank

Staatsanleiheankäufe: Das wird knapp

02.03.15 15:56 Uhr

Staatsanleiheankäufe: Das wird knapp | finanzen.net

Die Europäische Zentralbank (EZB) beginnt in diesem Monat mit den Staatsanleiheankäufen, aber viele Anleger möchten ihre Bestände nicht verkaufen. Scheitert die EZB mit ihrem Programm?

Jetzt geht es los: Die System der Europäischen Zentralbanken beginnt in diesem Monat mit dem Ankauf von Staatsanleihen. Rund 50 Milliarden Euro derartiger Anleihen wird die Europäische Zentralbank (EZB) pro Monat erwerben. Viele Banken, Versicherungen und Pensionsfonds sagen aber: Ich verkaufe nicht. Die Gründe für diese Haltung sind nachvollziehbar. Versicherungen und Pensionsfonds haben strenge Asset-Liability-Vorschriften einzuhalten. D.h. sie müssen darauf achten, dass bei Fälligkeit von Ansprüchen Vermögenswerte in entsprechenden Volumina ebenfalls fällig werden bzw. in liquider Form vorliegen. Wird beispielsweise eine Bundesanleihe mit einer Restlaufzeit von zehn Jahren verkauft, so muss das Geld in einen alternativen Vermögenswert mit einer ähnlichen Laufzeit angelegt werden. Dabei müssen zusätzlich bestimmte Bonitätskriterien eingehalten werden. Als Ersatz kämen am ehesten Pfandbriefe und Agency-Titel wie etwa KfW-Anleihen in Frage. Dumm nur, dass auch hier die EZB den Markt gerade leer kauft. Bei Banken spielt eine weitere Überlegung eine Rolle. Gemäß Basel III müssen Kreditinstitute bestimmte Liquiditätskennzahlen erfüllen. Zu diesem Zweck sind sie gehalten, liquide Aktiva, wozu insbesondere Staatsanleihen zählen, zu halten. Verkaufen sie die entsprechenden Bonds und investieren das Geld in riskantere Papiere, gefährden sie die Erfüllung der regulatorischen Vorgaben. Wird die EZB mit ihren Ankaufplänen also scheitern? Oder wollen die institutionellen Anleger schlichtweg höhere Preise für ihre Staatsanleihebestände aushandeln, indem sie jetzt eine Verweigerungshaltung einnehmen?

Die Antwort ist, dass am Kapitalmarkt alles tatsächlich seinen Preis hat - im doppelten Sinn. Die EZB wird alles daran setzen, ihre Volumenziele zu erreichen, und den Banken ein Angebot machen, dass diese nicht ablehnen können. Die Kreditinstitute des Euroraumes müssen bis September 2016 beispielsweise 200 Milliarden Euro an Bundesanleihen - das entspricht zwei Drittel ihres derzeitigen Bestandes - an die EZB abgeben. Dies wird nur gelingen, wenn die Euro-Banken institutionelle Anleger im Ausland ansprechen, wo 74% der deutschen Anleihen gehalten werden. Die Preise, die die EZB den Euro-Instituten anbietet, werden so hoch sein, dass diese auch den ausländischen Anlegern attraktive Angebote machen können. Im Ergebnis könnte die deutsche Zinsstruktur kurzzeitig sogar bis zu den zehnjährigen Laufzeiten in den negativen Bereich fallen. Mittelfristig wird sich die Portfoliostruktur international vermutlich zurechtruckeln und vor dem Hintergrund der Leitzinswende in den USA eine starke Dämpfung des aus den USA kommenden Renditeauftriebs ergeben.

Der volkswirtschaftliche Preis ist jedoch, dass die Funktionsweise der Märkte bis auf weiteres stark beeinträchtigt wird. Dies kann bereits in Japan beobachten werden, wo in vielen Marktsegmenten kaum noch Handel zustande kommt. Gleichzeitig nehmen die Stabilitätsrisiken zu, da viele Investoren bei der verzweifelten Suche nach Anlagen mit positiver Rendite Risiken verstärkt ausblenden werden. Die positiven Auswirkungen auf den Realsektor - Stichwort Euroschwäche - dürften hingegen sehr bescheiden ausfallen. Kurz: Das Preis-Leistungsverhältnis der europäischen Geldpolitik verdient die Note "ungenügend".

Dr. Cyrus de la Rubia ist Chefvolkswirt der HSH Nordbank. In seiner Kolumne kommentiert er regelmäßig geldpolitische Themen und beleuchtet deren volkswirtschaftlichen Auswirkungen.

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