Werbegeschäft von Bedeutung

ProSiebenSat.1-Aktie zeitweise auf Zehnjahrestief: Operatives Ergebnis 2019 ging zurück

05.03.20 17:56 Uhr

ProSiebenSat.1-Aktie zeitweise auf Zehnjahrestief: Operatives Ergebnis 2019 ging zurück | finanzen.net

Der Medienkonzern ProSiebenSat.1 müht sich weiter, die wegbrechenden Erlöse mit klassischer TV-Werbung durch den Ausbau des Digitalgeschäfts abzufedern.

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Jetzt will das Unternehmen das Geschäft seiner Partnervermittlungen Parship, ElitePartner und Eharmony mit einer Übernahme in den USA stärken. Den Anlegern half dies nicht über eine teils überraschend schwache Geschäftsentwicklung hinweg. Der Aktienkurs brach am Donnerstag ein.

Über die Tochter NuCom will ProSiebenSat.1 nun das Online-Dating- und Social-Entertainment-Unternehmen The Meet Group aus den USA kaufen, wie der Konzern im Zuge der Bilanzvorlage am Donnerstag in Unterföhring bei München mitteilte. Die Übernahme zähle zu den bislang größten Transaktionen des Konzerns, sagte Vorstandschef Max Conze.

The Meet Group wird bei dem Deal mit 500 Millionen US-Dollar bewertet. Die ProSiebenSat.1-Tochter NuCom, an der auch der Finanzinvestor General Atlantic beteiligt ist, bietet den Anteilseignern von The Meet 6,30 Dollar je Aktie. Wenn diese das Angebot annehmen und die Behörden zustimmen, soll die Übernahme im zweiten Halbjahr abgeschlossen werden.

Der Zukauf, mit dem Management einer der global führenden Anbieter im Online-Dating-Markt werden will, soll sich schon ab dem ersten Jahr positiv auf das Konzernergebnis auswirken.

Und das scheint auch dringend nötig: So fielen die 2019er Jahreszahlen von ProSiebenSat.1 zum Teil schwächer aus als von Analysten erwartet.

Die Erlöse und Gewinne im klassischen Werbefernsehen sinken schon seit Längerem. Deshalb investiert ProSiebenSat.1 weiter in den Umbau zu einem "diversifizierten Digitalkonzern". Damit will das Management den Umsatzanteil außerhalb des Kerngeschäfts steigern. Hier sieht sich Conze auf dem richtigen Weg. "Wir machen große Fortschritte im Bereich der digitalen und smarten Werbung", sagte der Manager. Das Jahr 2019 habe gezeigt, dass es richtig gewesen sei, in Zukunftsinitiativen zu investieren. "Diesen Weg setzen wir konsequent fort."

Das digitale Werbegeschäft soll mittelfristig ein Viertel der Umsätze der Entertainment-Sparte ausmachen. 2019 waren es erst neun Prozent. Der Entertainment-Bereich bringt insgesamt über die Hälfte des Konzernumsatzes. Auch die Digital-Sparte soll deutlich mehr einbringen. Ihr Anteil am Konzernumsatz soll von 34 Prozent im vergangenen Jahr mittelfristig auf über 50 Prozent steigen.

ProSiebenSat.1 will deshalb auch 2020 weiter investieren, und das wirkt sich laut Management auf den bereinigten operativen Gewinn (Ebitda) aus. Während der Umsatz auf 4,2 bis 4,4 Milliarden Euro steigen soll, rechnet das Unternehmen 2020 mit einem bereinigten Ebitda zwischen 800 und 900 Millionen Euro. In den Prognosen sind allerdings weder die angestrebte Übernahme der Meet Group noch mögliche Folgen der Coronavirus-Epidemie.

Der im Basisszenario erwartete Wert von 870 Millionen Euro läge dabei knapp unter dem 2019er Wert. So sank im abgelaufenen Jahr das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) um 14 Prozent auf 872 Millionen Euro, obwohl der Umsatz um 3 Prozent auf 4,14 Milliarden Euro zulegte. Analysten hatten bei beiden Kennzahlen etwas mehr erwartet. Der auf die Aktionäre entfallende Gewinn legte um 66 Prozent auf 413 Millionen Euro zu und übertraf die Erwartungen von Experten. Der Anstieg lag vor allem an geringeren Sonderbelastungen als im Vorjahr.

Dennoch sollen sich die Aktionäre mit einer geringeren Dividende begnügen. Die Ausschüttung soll von 1,19 Euro auf 0,85 Euro je Aktie sinken. Damit verfolgt der Konzern weiter seine Dividendenpolitik, circa 50 Prozent des um Sondereffekte bereinigten Konzernergebnisses an die Aktionäre auszuschütten. Der bereinigte Gewinn sank um abgelaufenen Jahr um 28 Prozent auf 387 Millionen Euro.

ProSieben: Können Corona-Auswirkungen noch nicht einschätzen

Die Führungsspitze der ProSiebenSat.1 Media SE hält sich mit Aussagen zu den möglichen Auswirkungen der Coronavirus-Epidemie auf den Konzern bislang zurück. "Zu bewerten, wie das Ganze unser Geschäft beeinflusst, ist derzeit illusorisch", sagte Vorstandschef Max Conze im Gespräch mit Dow Jones Newswires. Es sei aber nicht auszuschließen, dass es zu Belastungen im ersten Quartal komme, fügte Finanzvorstand Rainer Beaujean hinzu. Bisher ergäben sich aber keine Hinweise darauf, dass Werbekunden abspringen könnten.

Die ProSieben-Aktie verliert am Donnerstag kräftig, was auch im Sog des britischen Senders ITV geschieht, der seinen Werbeausblick massiv zusammengestrichen hat, weil Reiseanbieter ihre Werbekampagnen wegen der Coronavirus-Epidemie verschoben haben.

"Das ist unser großer Vorteil, dass die Reiseanbieter gar nicht so massiv in unserem Portfolio enthalten sind", sagte Beaujean.

Conze merkte an, dass die Folgen der Corona-Epidemie auch einen positiven Effekt auf ProSieben haben könnte. "Vielleicht, wenn die Leute mehr zu Hause sind, schauen sie mehr Fernsehen und bestellen mehr Parfums und andere Dinge online", sagte er. ProSieben macht nicht nur Fernsehen, sondern hat auch E-Commerce-Firmen wie den Beauty-Shop Flaconi im Portfolio.

Vorsichtiger Ausblick schickt ProSiebenSat.1 auf Zehnjahrestief

Der enttäuschende Ausblick und einige offene Fragen haben die Aktien von ProSiebenSat.1 am Donnerstag erstmals wieder seit einem Jahrzehnt unter 10 Euro gedrückt. Analysten äußerten sich negativ über die Zielsetzungen, so werden die Mittelzuflüsse rückläufig erwartet.

Am Nachmittag büßten im XETRA-Handel die Anteilsscheine des Medienunternehmens am Ende des schwachen MDAX 8,4 Prozent auf 9,902 Euro ein. Eine trübe Entwicklung, wenn man vor Augen hat, dass die Papiere im Herbst 2015 noch bei knapp unter 51 Euro auf ein Rekordhoch geklettert waren. Zum Handelsende notierte das Papier 7,08 Prozent tiefer bei 10,04 Euro.

Die Jahresprognosen von ProSieben für 2020 seien schwach, urteilten die Analysten unisono. Zugleich gingen ihre Ansichten zum abgelaufenen vierten Quartal 2019 auseinander. Hier sprachen die Experten von Warburg und JPMorgan von "weitgehend erfüllten" bis "erfüllten Erwartungen". Analystin Lisa Yang von Goldman Sachs sah die Kernzahlen als überwiegend schwächer an. Die Kollegen Richard Eary von der UBS sprach kurz und knapp von "schwachen Resultaten".

Im Fokus stand der schwache Ausblick. So erwartet das Management - auch wegen Investitionen - 2020 ein bereinigtes operatives Ergebnis (Ebitda) zwischen 800 und 900 Millionen Euro und damit eventuell etwas weniger als 2019. Das ist laut DZ-Bank-Analyst Schnitzer weniger als gedacht. Er sieht die Ertragskraft des Konzerns weiter unter Druck und will seine Schätzungen überprüfen. Christoph Bast vom Bankhaus Lampe verwies auf den von ProSieben erwarteten "mindestens im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich" rückläufigen Barmittelfluss. "Das ist schon alles sehr enttäuschend", resümierte der Analyst.

Yang betonte angesichts des schwachen Ausblicks, dass die Prognosespanne des Unternehmens für das Wachstum der Werbeeinnahmen "sehr breit" sei. "Die Ziele enthalten zudem weder mögliche negative Auswirkungen des Coronavirus noch die Übernahme der Meet Group", monierte sie. Die Übernahme des US-amerikanischen Online-Dating-Unternehmens Meet dürfte trotz der Synergiepotenziale mit der Tochter Parship zudem einige Fragen aufwerfen, kommentierte Eary.

Analyst Daniel Kerven von JPMorgan hob indes hervor, dass der Zukauf in den USA das Deutschland-Geschäft des "schnell wachsenden und innovativen Medienkonzerns" in diesem Bereich ergänze. Aufgrund der Finanzierungsstruktur trage die Akquisiton auch nur geringfügig zum Verschuldungsgrad bei. Die Wahrscheinlichkeit eines Gegengebots für Meet sei zudem gering, hieß es vom Analysehaus Oppenheimer.

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Bildquellen: Holger Rauner © ProSiebenSat.1 Media AG, Jan Pitman/Getty Images

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