Quartalsbericht der EZB: Erneute Straffung der Kreditvergabestandards im 1. Quartal 2023
Die Banken des Euroraums haben ihre Kreditvergabestandards im ersten Quartal 2023 wie erwartet gestrafft und wollen das im laufenden zweiten Quartal tun - allerdings weniger deutlich als zuletzt.
Wie aus dem Quartalsbericht der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Kreditvergabe hervorgeht, überstieg der Prozentsatz der Banken mit strengeren Unternehmenskreditstandards den Prozentsatz von Instituten mit lockereren Standards um 27. Die Banken selbst hatten einen "Straffungssaldo" von 24 erwartet. Für das zweite Quartal wird eine weitere, aber moderatere Straffung prognostiziert, wobei die EZB keine numerische Prognose nannte. Im vierten Quartal hatte der Saldo 26 Punkte betragen.
Gründe für die strafferen Kreditstandards waren laut EZB die Risiken für den Konjunkturausblick und die spezifische Situation der Unternehmen, wobei auch die Risikotoleranz der Banken einen nennenswerten Beitrag leistete. Der Einfluss der Refinanzierungskosten der Banken und ihre bilanzielle Situation blieben laut EZB gedämpft und auf dem Niveau des Vorquartals. Die Institute berichteten von einem schlechteren Zugang zu Refinanzierung über den Geldmarkt und Wertpapiere, was möglicherweise eine Folge der Bankenturbulenzen im März und einer insgesamt geringeren Liquidität war.
Die Nachfrage nach Unternehmenskrediten nahm im ersten Quartal um 38 Prozent ab. Die Banken selbst hatten wegen des steigenden Zinsniveaus eine rückläufige Kreditnachfrage erwartet, allerdings nur um 15 Prozent. Für die nächsten Monate sei mit einem weiteren, aber weniger deutlichen Nachfragerückgang zu rechnen. Auch hier wurde keine Zahl genannt.
Bei den Standards für Hauskaufkredite ergab sich ein Straffungssaldo von 19 Prozent. Bei den Standards für Konsumentenkredite überstieg der Prozentsatz der Banken mit strengeren Standard den von Instituten mit lockereren Standards um 10 Prozent. Für das zweite Quartal wird in beiden Kategorien eine weitere, aber schwächere Straffung erwartet. Die Nachfrage nach Konsum- und Immobilienkrediten schwächte sich sehr stark ab - um 19 und 72 Prozent.
Kreditstandards umfassen unter anderem Zinsen, Anforderungen an Sicherheiten, Kreditlaufzeiten und Tilgungsraten. Sie sind bankinterne Richtlinien dafür, welche Art von Krediten eine Bank wünschenswert findet, welche sektorspezifischen und geografischen Prioritäten zu beachten sind, welche Sicherheiten als akzeptabel gelten und welche Voraussetzungen (Bilanzsituation, Einkommenslage, Alter oder Beschäftigungsstatus) ein Kreditnehmer erfüllen muss.
EZB: Kreditvergabe an Unternehmen wächst im März langsamer
Das Wachstum der Kreditvergabe an Unternehmen im Euroraum hat sich im März erneut verlangsamt. Nach Mitteilung der Europäischen Zentralbank (EZB) stieg die Buchkreditvergabe an nicht-finanzielle Unternehmen mit einer Jahresrate von 5,2 (Februar: 5,7) Prozent. Das Volumen der an private Haushalte ausgereichten Kredite wuchs um 2,9 (3,2) Prozent, darunter das der Kredite für den Hauskauf um 3,3 (3,7) Prozent und das der Konsumentenkredite um 3,1 (2,8) Prozent.
Die gesamte Kreditvergabe im Euroraum erhöhte sich mit einer Jahresrate von 2,0 (2,6) Prozent, wobei die Kreditvergabe an Private um 2,8 (3,3) Prozent zunahm und die an den Staat um nur noch 0,0 (0,7) Prozent.
Die Geldmenge M3, deren wichtigster bilanzieller Gegenposten die Kredite sind, stieg im März mit einer Jahresrate von nur noch 2,5 (2,9) Prozent, während von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte eine Rate von 2,4 Prozent prognostiziert hatten.
Die Jahresveränderungsrate der engeren Geldmenge M1 ging auf minus 4,2 (minus 2,7) Prozent zurück. M1 umfasst neben dem umlaufenden Bargeld die Sichteinlagen bei Banken.
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)
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