Berkshire Hathaway unter der Lupe: Warum ein Analyst die Buffett-Aktie trotz schwacher Performance positiv bewertet
Starinvestor Warren Buffett hat sich in den vergangenen Jahren mit Großinvestitionen auffallend zurückgehalten. Den Markt hat die Anlegerlegende zuletzt nicht mehr schlagen können. Doch während Anleger den 90-Jährigen zunehmend als "abgehängt" wahrnehmen, glaubt ein Analyst daran, dass die Trendwende bereits eingeleitet ist.
Werte in diesem Artikel
• Berkshire hat mit fehlenden Investitionsmöglichkeiten zu kämpfen
• Wind bei der Buffett-Firma hat sich gedreht
• Gesellschaft wird dem Markt ähnlicher
James Shanahan, Analyst bei Edward Jones, bewertet die Aktie des Investmentunternehmens Berkshire Hathaway weiter positiv. Dabei lief es zuletzt bei dem Investmentvehikel von Starinvestor Warren Buffett alles andere als rund.
Keine großen Zukäufe seit Jahren
Schon seit geraumer Zeit hat Berkshire Hathaway keine Großinvestition mehr getätigt. Als die Märkte im Bullenmodus waren, betonte Berkshire-Chef Warren Buffett immer wieder, dass das Marktumfeld es schwer mache, geeignete Investments zu finden. Noch zum Jahresstart 2020 saß Berkshire Hathaway auf einem Geldberg von 128 Milliarden US-Dollar - dann erschütterte die Corona-Pandemie die Märkte. Der Crash hat Buffett als Value-Investor empfindlich getroffen, denn eine Reihe seiner Investitionen, darunter insbesondere Banktitel und Fluggesellschaften, verloren in kurzer Zeit massiv an Wert. Eigentlich ein ideales Investitionsumfeld für Warren Buffett, der in der Vergangenheit immer wieder predigte: "Sei gierig, wenn andere ängstlich sind!". Doch von Gier war beim Starinvestor nur wenig zu spüren, statt die günstigeren Aktienkurse in großem Stil zur Aufstockung zu nutzen, hielt Buffett über weite Strecken die Füße still. Lediglich bei der Fluggesellschaft Delta stockte der Value-Investor auf. Ein Verhalten, das viele Anleger und Marktbeobachter kritisierten, denn es waren vorrangig Techtitel und Aktien aus dem Biotechsektor, die die auf den Corona-Crash folgende Erholung anführten.
Bei Berkshire findet ein Umdenken statt
Das Dilemma, dass Buffett mit seinem Anlagefokus gegen hochkapitalisierte Wachstumstitel nicht mithalten kann, besteht allerdings nicht erst seit dem Corona-Jahr 2020. Lange Zeit weigerte sich Buffett, in Techtitel zu investieren, weil er "sie nicht verstehe". Doch bereits 2016 fand in der Management-Etage bei Berkshire offenbar ein Umdenken statt, als Buffett in großem Stil beim Techriesen Apple eingestiegen ist. Das Investment baute der Starinvestor seitdem sukzessive aus, im dritten Quartal war Apple mit Abstand die größte Position im Portfolio von Berkshire Hathaway - 47,78 Prozent des Depots nahm die Beteiligung an dem iPhone-Hersteller ein, 944.295.554 Apple-Aktien besaß die Investmentgesellschaft zuletzt.
Dass inzwischen ein anderer Wind bei Berkshire weht, wurde auch deutlich, als das Unternehmen im Corona-Sommer alle Airline-Aktien aus dem Depot warf, und auch einen Teil der Bankbeteiligungen abstieß. Auch, wenn man dafür nach einem kräftigen Erholungskurs seit dem Crash einen denkbar ungünstigen Zeitpunkt gewählt hatte. "Die Beteiligung an den Fluggesellschaften war ein Chaos. Er [Buffett] hat sicherlich zu einem schlechten Zeitpunkt verkauft und Bankaktien bei niedrigen Bewertungen liqudiert", so Shanahan von Edward Jones gegenüber CNBC. "Das waren Timingfehler. Bei den Fluggesellschaften war es der richtige Schritt, aber der falsche Zeitpunkt".
Warum man Airline-Aktien aus dem Depot verbannte, begründete Buffett selbst im Rahmen des Berkshire-Jahrestreffens mit den Worten, dass sich die Welt durch die Corona-Krise für Fluggesellschaften verändert habe und Berkshire "keine halben Sachen macht".
Doch nicht nur die Welt hat sich verändert, auch bei Berkshire selbst fanden zuletzt Maßnahmen statt, die noch vor wenigen Jahren kaum denkbar schienen: So hat die Gesellschaft verstärkt in verschiedene Technologieunternehmen investiert, inzwischen hält Buffett auch Aktien von Amazon, einem der größten Corona-Profiteure. Zudem hat Berkshire mit BYD einen Elektroautobauer im Depot, der einen potenziellen Milliardenmarkt bedient.
Die Suche nach günstigen Value-Aktien hat man derzeit offenbar zumindest hinten angestellt, denn die aktuelle Marktlage scheint diese Art von Investmentpolitik deutlich zu erschweren. Anleger sind mit rekordtiefen Zinsen konfrontiert, die Notenbanken dürften daran auch in naher Zukunft wohl nur wenig ändern. Unternehmen und Investoren haben vor diesem Hintergrund Zugang zu billigem Geld - kaum ein in Schieflage geratenes Unternehmen oder Konzerne, die sich durch Übernahmen verstärkten wollen, warten nun darauf, dass Berkshire als Retter einsteigt, wenn zahlreiche andere Optionen etwa im Private Equity-Bereich vorhanden sind. Das wiederum macht Aktien teuer und die Suche nach geeigneten Investitionszielen zur Nadel im Heuhaufen.
Stattdessen hat Berkshire einen anderen Schritt unternommen, den man in der Führungsebene noch vor wenigen Jahren massiv abgelehnt hatte: In Ermangelung von Investment-Alternativen kaufte das Unternehmen in großem Stil eigene Aktien zurück. Dies habe dazu beigetragen, das Vertrauen der Anleger wieder zu stärken, betont Shanahan bei CNBC.
Analyst bullish für Berkshire
Auch die Personalentscheidungen und die Verteilung von Verantwortlichkeiten, die jüngst bei Berkshire Hathaway erfolgt sind, bewertet Shanahan positiv. Dass die Hedgefondsmanager Ted Weschler und Todd Combs zunehmend Anlageentscheidungen treffen, dürfte eine veränderte Depotaufstellung mit sich bringen. Bereits seit 2018, als vorrangig Finanztitel im Depot dominant waren, habe es erhebliche Änderungen gegeben. Als die Portfoliomanager "mit der Aufgabe betraut wurden, eine Outperformance gegenüber dem Markt zu erzielen, besaßen sie keine Aktien des Sektors mit der stärksten Performance", so Shanahan. "Finanzwerte wie Wells Fargo und die US-Banken haben dafür gesorgt, dass [das Depot] in den Jahren 2019 und 2020 eine Underperformance aufwies. Es ist schwierig, den Markt zu schlagen, wenn man einen hohen Anteil an Value-Aktien hat. Sie haben Maßnahmen ergriffen", zeigt sich der Experte mit Blick auf die künftige Investitionspolitik positiv gestimmt.
Die Depotzusammensetzung fange an, sich mehr wie eine "New Economy" anzufühlen und dem Markt ähnlicher zu werden. Schließlich habe Berkshire allein im dritten Quartal neue Positionen in den Bereichen Technologie, Kommunikation und Gesundheitswesen in Höhe von 7 Milliarden US-Dollar vorgenommen.
Am deutlichsten wurde die Handschrift der neuen Portfoliomanager, als Berkshire überraschend erstmals in einen anstehenden Börsengang investiert hat. Mit der Beteiligung an Snowflake und damit in den zukunftsträchtigen Cloud-Sektor konnte Berkshire beweisen, dass auch ein altes Schiff noch manövrierfähig ist.
"Sie führen Börsengänge durch und verkaufen operative Unternehmen, was sie es in der Vergangenheit nicht getan hätten. Sie investieren in internationale Aktien und sind bereit, Aktien schneller zurückzukaufen. Einiges hat sich geändert", so Shanahan weiter.
Redaktion finanzen.net
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