China: Das sind die besten Web-Aktien!
Nach Alibabas Börsengang richten sich alle Blicke auf den Internetmarkt des Riesenreichs - und der wächst rasant. Für Anleger ergeben sich lukrative Investitionen.
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von Florian Westermann, Euro am Sonntag
Hangzhou am vergangenen Dienstag um 13.31 Uhr Ortszeit. Eine riesige Anzeigetafel im Auditorium von Alibabas futuristischem Firmensitz, rund 160 Kilometer südwestlich von Shanghai gelegen, verkündet einen Rekord: Über die Einkaufsportale des größten chinesischen Internetkonzerns wurden seit Mitternacht Waren im Wert von umgerechnet 5,1 Milliarden Euro gehandelt. Das ist die Summe, die Alibaba im vergangenen Jahr am sogenannten "Singles-Day" insgesamt umgesetzt hatte.
Gehandelt wird mit allem: von Turnschuhen über Smartphones und Schmuck bis hin zum Jumbojet für 50 Millionen Euro. Insgesamt setzte Alibaba an diesem Tag auf seinen Handelsplattformen Tmall, AliExpress und Tabao fast 7,5 Milliarden Euro um. Das ist fast viermal so viel, wie alle Onlinehändler in den USA zusammen beim ähnlich angelegten Rabatttag "Cyber Monday" Ende November voraussichtlich erlösen.
Als Gegenstück zum Valentinstag soll der "Singles-Day", der wegen seiner numerischen Besonderheit auf den 11.11. fällt, die vielen unverheirateten Chinesen mit Sonderangeboten trösten. Alibaba-Gründer und Chairman Jack Ma griff den ursprünglich in den Neunzigern von Studenten erdachten Brauch auf und kommerzialisierte die etwas obskure Idee vor fünf Jahren. Inzwischen ist der 11. November der wichtigste Verkaufsevent des Landes.
Mindestens 50 Prozent Nachlass müssen Händler gewähren, um bei Mas Rabattschlacht mitmischen zu dürfen. In der Regel sind es eher 70 bis 80 Prozent. Darunter leiden die Margen der Händler - Ma kann das allerdings egal sein: Anders als etwa der US-Internethändler Amazon verkauft Alibaba selbst keine Waren.
Der Konzern, der im September beim größten Börsengang der Geschichte 20 Milliarden Euro einsammelte, bietet lediglich eine Plattform. Alibaba verdient als Vermittler zwischen Käufern und Verkäufern an Gebühren und Provisionen sowie mit Werbung.
Außerdem profitiert Mas mit über 800 Millionen Nutzern weltgrößter Onlinebezahldienst Alipay vom steigenden Transaktionsvolumen. Diese Erfolgsgeschichte geht allerdings an den Alibaba-Aktionären vorbei: Ma spaltete den Geschäftszweig vor dem Börsengang ab. Alipay soll in naher Zukunft selbst auf das Börsenparkett kommen.
Logistiker stocken auf
Trotz des enormen Preisdrucks machen viele Händler beim "Singles-Day" mit. Zu groß ist die Furcht, Kunden an die Konkurrenz zu verlieren. Die Logistikbranche rüstet entsprechend auf. Um der Bestellflut Herr zu werden, heuerte zum Beispiel YTO Express, einer der größten privaten Paketdienste des Landes, 30.000 Zeitarbeiter an und beschaffte 600 zusätzliche Liefertrucks. Damit die Waren auch die Kundschaft im weniger entwickelten Westen des Landes schnell erreichen, setzt der Kurierdienst SF Express 36 zusätzliche Transportflugzeuge ein. Die staatliche chinesische Post hatte sich sogar dafür gerüstet, in den Tagen nach dem 11. November 500 Millionen Pakete auszuliefern. Das ist rund die Hälfte mehr als im Vorjahr.
Im nächsten Jahr dürften diese Kapazitäten nicht mehr ausreichen. Über 630 Millionen der mehr als 1,3 Milliarden Chinesen nutzen inzwischen das Internet. Ende 2015 sollen es schon 850 Millionen sein, prognostiziert die Regierung in Peking. Pro Tag sind das 600.000 neue Nutzer - das entspricht der Einwohnerzahl Stuttgarts.
Die steigende Userzahl und der zunehmende Wohlstand schüren die Konsumlust in dem Riesenreich. Im kommenden Jahr werden die Umsätze in Chinas Onlineshops voraussichtlich auf über 410 Milliarden Euro steigen, schätzen die Experten von iResearch. Das wäre ein Zuwachs von fast 100 Milliarden Euro. Zwei Jahre später sollen schon knapp 600 Milliarden Euro durch die Bücher der Onlinehändler fließen.
Pekings eiserne Linie
Dass ausländische Internetkonzerne nicht stärker in China vertreten sind, verwundert nur auf den ersten Blick. Kaum ein anderes Land der Welt betreibt eine so umfassende Überwachung und Zensur des Internets. Kritiker sprechen von der "Great Firewall of China". Zum 25. Jahrestag des Massakers auf dem Pekinger Tian’anmen im Juni verhinderte die Regierung etwa den Zugriff auf alle Google-Dienste.
Solche Beschränkungen waren es auch, die Google vor vier Jahren veranlassten, sich aus dem Reich der Mitte zurückzuziehen. Ganz aufgegeben haben die Firmengründer Sergey Brin und Larry Page China zwar nicht, doch liegen die Amerikaner mit einem Marktanteil von unter zwei Prozent inzwischen weit abgeschlagen hinter Baidu. Die größte chinesische Suchmaschine kommt auf einen Marktanteil von mehr als 60 Prozent.
Während Google die Segel mehr oder weniger freiwillig strich, werden unter anderem das weltgrößte soziale Netzwerk Facebook, der Kurznachrichtendienst Twitter oder auch das Videoportal Youtube von Chinas Firewall blockiert.
Hingegen entwickelte sich Tencent unter der schützenden Hand Pekings zum führenden sozialen Netzwerk. Das chinesische Unternehmen betreibt das mit Facebook vergleichbare Netzwerk Qzone mit rund 630 Millionen aktiven Nutzern. Auch der Kurznachrichtendienst Wechat - ein direkter Konkurrent von Whatsapp mit knapp 470 Millionen Usern - zählt zum Imperium von Tencent-Chef Pony Ma.
Knapp 60 Prozent der Erlöse erzielt Tencent mit Onlinespielen, die in die zahlreichen Internetdienste integriert sind. Auch deshalb ist der Konzern in diesem Segment der Marktführer. Sieben der zehn populärsten Onlinespiele in China stammen von Tencent. Pony Ma erkannte auch früh den Trend zu mobilen Geräten und richtete den Konzern entsprechend aus.
Rund 480 Millionen Chinesen zocken inzwischen auf ihrem Smartphone oder Tablet. Das sind den Marktforschern von iiMedia zufolge fast 100 Millionen mehr als noch 2013. Gleichzeitig steigt das Umsatzvolumen der Spielebranche in diesem Jahr um zwei Milliarden auf knapp 13 Milliarden Euro. 2017 sollen es schon 20 Milliarden Euro sein.
Ein lukrativer Markt, auf den auch YY zielt. In den virtuellen Räumen des videobasierten sozialen Netzwerks können die Nutzer aus mehr als 180 Spielen wählen. Viele der über 100 Millionen aktiven Mitglieder wählen sich aber aus einem anderen Grund ein. Unzählige virtuelle Karaoke-Räume laden zum Verweilen ein. Es sind meist junge attraktive Frauen, die die Charts rauf- und runterträllern, während die Webcam läuft. Um den Auftritten beiwohnen zu dürfen, machen viele der Herren virtuelle Geschenke, die in der realen Welt in harte Währung umgetauscht werden können. Mehr als 15.000 Euro verdienen die beliebtesten Amateursängerinnen auf diese Weise - im Monat. Das Geschäftsmodell ist nicht nur für die Künstler attraktiv - im dritten Quartal legte YY bei Umsatz und Gewinn um jeweils mehr als 100 Prozent zu.
Angesichts der über 700 Millionen Chinesen, die noch keinen Zugang zum Internet haben, ergeben sich in dem Riesenreich noch immer lukrative Investmentmöglichkeiten. Anleger müssen sich aber bewusst sein, dass der Sektor von der Gunst der chinesischen Führung abhängt. Peking setzt allerdings alles daran, das Wirtschaftswunder am Leben zu halten - und nichts passt da besser ins Konzept als der dynamisch wachsende Internetmarkt.
Investor-Info
Baidu
Googles Gegenstück
Die Suchmaschine überzeugte jüngst mit starken Quartalszahlen: Umsatz plus 52 Prozent, Nettogewinn plus 27 Prozent. Im Gesamtjahr werden Umsatz und Ergebnis voraussichtlich um jeweils rund 40 Prozent zulegen. Mit einem KGV von unter 30 ist die Aktie nicht zu teuer. Der Titel eignet sich daher auch für eher konservative Anleger, die von Chinas boomendem Internetmarkt profitieren wollen.
Alibaba
Amazon und Ebay in einem
Gemessen am Ausgabepreis liegt die Alibaba-Aktie inzwischen mit fast 70 Prozent im Plus. Mit einem KGV von knapp 40 für das kommende Jahr ist der Titel nicht billig. Die starke Stellung in China, der Expansionsdrang von Unternehmensgründer Jack Ma und die erwarteten hohen Wachstumsraten eröffnen allerdings noch Potenzial. Risikofreudige Anleger können auf den fahrenden Zug aufspringen.
Yy
Echter Geheimtipp
Obwohl sich der Kurs von YY seit dem Börsengang Ende 2012 versiebenfacht hat, ist der Titel ein Geheimtipp. Einem Gewinnsprung von 45 Prozent im kommenden Jahr steht ein KGV von unter 20 gegenüber. Auch die jüngsten Quartalszahlen zeigen, dass sich das Unternehmen auf Kurs befindet. Der Umsatz kletterte um 105 Prozent, der Gewinn um 122 Prozent. Spekulativer Favorit der Redaktion.
Tencent
Facebook-Klon
Anleger, denen ein Investment in YY zu riskant erscheint, die aber trotzdem in Chinas schnell wachsenden Social-Media-Markt investieren wollen, kommen an Tencent nicht vorbei. Gewinnsteigerungsraten von 30 beziehungsweise 24 Prozent für die kommenden beiden Jahre rechtfertigen durchaus eine höhere Bewertung.
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Bildquellen: Lingchaupan / Shutterstock.com, Digital Storm / Shutterstock.com
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