Bayer-Aktie gibt nach: Bayer nennt Jahresausblick zunehmend ambitioniert - Zahl der US-Glyphosat-Klagen rasant gestiegen
Ein schwieriges Geschäft mit US-Landwirten stimmt den Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer für das Gesamtjahr ein wenig vorsichtiger.
Der DAX-Konzern bestätigte bei der Vorlage der Zahlen für das zweite Quartal am Dienstag in Leverkusen zwar den Jahresausblick, bezeichnete ihn aber als "zunehmend ambitioniert". Grund sind eher schwache Agrargeschäfte in den USA, da dort schlechtes Wetter mit Überschwemmungen die Produktion der Landwirte behinderte. Ein deutliches Wachstum des Pharmageschäfts konnte das nur teilweise ausgleichen. Dem Analysten Richard Vosser von der US-Großbank JPMorgan zufolge könnten die Gewinnerwartungen des Marktes für 2019 nun weiter sinken.
Derweil stieg der Zahl der Glyphosat-Klagen in den USA zuletzt stark an. Bis zum 11. Juli sind in den USA im Zusammenhang mit angeblichen Krebsrisiken glyphosathaltiger Unkrautvernichter laut Bayer Klagen von 18 400 Klägern eingegangen. Das sind 5000 mehr als im April und eine deutliche Beschleunigung. Ein möglicher Grund: Bayer musste bereits drei Glyphosat-Prozessschlappen in den USA hinnehmen. Die Richter reduzierten zwar die von Geschworenen geforderten Strafen deutlich, der im Raum stehende Schadenersatz liegt aber jeweils immer noch im teils hohen zweistelligen Millionen-Dollar-Bereich.
Die Leverkusener verweisen unter Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Studie weiterhin auf die Sicherheit von Glyphosat bei richtiger Anwendung und setzen bislang darauf, konsequent klare Kante zu zeigen: Alle bisherigen Urteile wurden angefochten und Bayer will vor Berufungsgerichte ziehen. Allerdings drängte ein Richter, bei dem Hunderte Klagen gebündelt sind, die Streitparteien bereits zu einer einvernehmlichen Lösung und bestellte mit dem US-Staranwalt Ken Feinberg einen Mediator. Der Richter zielt also offenbar auf einen Vergleich ab.
Der würde Analysten zufolge zwar Milliarden kosten, würde die Causa Glyphosat aber vom Tisch bringen und könnte dem eingebrochenen Aktienkurs auf die Beine helfen. So sank der Börsenwert von Bayer seit der ersten Prozessniederlage vor knapp einem Jahr um knapp 40 Prozent oder gut 34 Milliarden Euro. Damit ist Bayer an der Börse mit rund 53 Milliarden Euro inzwischen weniger wert als nach heutigen Kursen umgerechnet für Monsanto gezahlt wurde.
Aber auch operativ lief es zuletzt nicht rund im US-Geschäft und damit auch bei Monsanto. Das lag zwar nicht an hausgemachten Problemen, sondern am schlechten Wetter in weiten Teiles des Mittleren Westens der USA mit Überschwemmungen, das die Nachfrage der Landwirte nach Saatgut und Unkrautvernichtern dämpft. Bayer blickt deshalb nun vorsichtiger auf das Gesamtjahr.
Der Konzern peilt 2019 zwar weiterhin einen Umsatzanstieg auf 46 Milliarden Euro sowie einen Zuwachs des Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sowie vor Sonder- und Währungseinflüssen auf 12,2 Milliarden Euro an, bezeichnete das aber als "zunehmend ambitioniert". Analysten hatten bereits Risiken für den Ausblick gesehen. Experte Markus Mayer von der Baader Bank wertete es daher positiv, dass die Jahresziele bestätigt wurden.
Im abgelaufenen zweiten Jahresviertel stieg der Konzernumsatz zwar um mehr als ein Fünftel auf knapp 11,5 Milliarden Euro, das lag aber insbesondere an der Übernahme von Monsanto. Die US-Saatguttochter war vor einem Jahr nur wenige Wochen ins zweite Quartal eingeflossen. Währungseffekte sowie Unternehmenszu- und -verkäufe herausgerechnet stieg der Konzernumsatz um 0,9 Prozent.
Das kleine Plus lag vor allem am Geschäft mit rezeptpflichtigen Medikamenten, das auf Basis konstanter Wechselkurse um knapp 4 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro wuchs. Rund liefen vor allem die Geschäfte mit den Wachstumstreibern Xarelto, einem Gerinnungshemmer, sowie Eylea, einem Augenmedikament. Aber auch das Krebsmittel Stivarga verzeichnete eine hohe Nachfrage. Der operative Ergebnis des Pharmasparte stieg auch wegen Kostensenkungen um deutliche zehn Prozent auf 1,5 Milliarden Euro.
Im Agrargeschäft schnellte der Umsatz nur nominell um 59 Prozent nach oben. Tut man so, als wären der Monsanto-Kauf sowie die damit zusammenhängenden, wegen Auflagen der Behörden erfolgten Veräußerungen - etwa des Gemüsesaatgutgeschäfts - bereits Anfang 2018 erfolgt, wäre der Umsatz der Crop Science-Sparte wechselkursbereinigt um fast 10 Prozent gefallen.
Gewinnseitig machte sich der Monsanto-Kauf auch bemerkbar: Das Konzern-Ebitda vor Sondereinflüssen legte um knapp ein Viertel auf 2,93 Milliarden Euro zu. Unter dem Strich brach das Konzernergebnis aber um rund die Hälfte auf 404 Millionen Euro ein. Das lag an Kosten für die Integration von Monsanto, Abschreibungen auf die verkaufte US-Fußpflegemarke Dr. Scholl's sowie Aufwendungen für den Konzernumbau, in dessen Zuge viele tausend Stellen wegfallen. Bayer versucht den Jobbau auch mit teils hohen Abfindungen umzusetzen.
Im Zuge der Restrukturierung wurde neben Dr. Scholl's bereits die Sonnenschutzmarke Coppertone verkauft. Zur Disposition stehen noch der 60-prozentige Anteil am Chemiepark-Betreiber Currenta sowie das Geschäft mit Tiergesundheit. Gerade die Animal-Health-Sparte könnte Bayer viel Geld in die Kassen spülen. Spekulationen reichten zuletzt bis zu 8 Milliarden Euro.
Das Geld kann Bayer gut gebrauchen. So sind die Schulden nach dem Monsanto-Kauf hoch und das Pharmageschäft muss gestärkt werden, da in wenigen Jahren Patente für wichtige Umsatzbringer wie Xarelto und Eylea auslaufen werden. Einige Schritte hatte Bayer hier unlängst unternommen, etwa durch die Sicherung der Rechte am Krebswirkstoff Larotrectinib.
Das Mittel ist in den USA bereits zur Behandlung bestimmter Tumore zugelassen und erhielt in der EU erst Ende Juli eine Zulassungsempfehlung vom Ausschuss für Humanarzneimittel. In der Regel folgt die Arzneimittelbehörde solchen Empfehlungen.
So reagiert die Bayer-Aktie
Eine träge Entwicklung des US-Agrargeschäfts sowie ein deutlicher Anstieg der Glyphosat-Klagen haben die ohnehin arg gebeutelten Aktionäre von Bayer am Dienstag verstimmt. Der Aktienkurs des Agrarchemie- und Pharmakonzerns sackte kurz nach dem Handelsstart auf bis zu 56,75 Euro ab. Letztlich zählten die Papiere mit einem Minus von 3,66 Prozent auf 57,16 Euro zu den größten Verlierern im DAX, der auch wegen der Kursverluste des Index-Schwergewichts Bayer deutlich nachgab.
Angesichts des Wetters im zweiten Quartal sowie der Geschäftszahlen von Bayer-Konkurrenten hatten Analysten wie Richard Vosser von der US-Bank JPMorgan bereits mit einem eher schlechten Abschneiden des Agrargeschäfts gerechnet. Allerdings sei das operative Ergebnis noch schlechter ausgefallen als gedacht, erklärte der Experte.
Die Gewinnentwicklung, die Unsicherheit mit Blick auf den weiteren Jahresverlauf - Bayer nannte die eigenen Jahresziele "zunehmend ambitioniert" - sowie die deutlich gestiegene Zahl an Glyphosat-Klagen in den USA dürften laut Vosser kurzfristig auf dem Aktienkurs lasten.
Die Experten Gunther Zechmann und Wimal Kapadia vom Analysehaus Bernstein Research bezweifeln denn auch, dass die Investoren an den bestätigten Jahresausblick glauben werden. Sie rechnen genau wie JPMorgan-Analyst Vosser mit sinkenden Gewinnschätzungen des Marktes für 2019.
Größerer Druck könnte auch vom US-Investor Paul Singer kommen, der sich mit seinen Elliott-Hedgefonds bei Bayer eingekauft hat. Er will seinen Willen oft mit starkem Druck durchsetzen. Nach außen gibt sich Singer zwar zahm, wie lange er ruhig bleiben wird, ist aber offen. Im Hintergrund droht der Investor wohl bereits mit vagen Forderungen nach einer Zerschlagung des Konzerns.
Eine Voraussetzung dafür wäre dann aber wohl ein Vergleich mit den Glyphosat-Klägern, der laut dem Baader Bank Analysten Markus Mayer durchaus 15 bis 20 Milliarden Euro kosten könnte. Dem Experten zufolge würde selbst diese Größenordnung die Aktionäre erleichtern, was dem Kurs zu einem Befreiungsschlag verhelfen könnte.
So sank der Börsenwert von Bayer seit der ersten Prozessniederlage vor rund einem Jahr um knapp 40 Prozent oder gut 34 Milliarden Euro. Damit ist Bayer an der Börse mit rund 53 Milliarden Euro inzwischen weniger wert als nach heutigen Kursen umgerechnet für Monsanto gezahlt worden war.
Seit dem Rekordhoch von 146,45 Euro im Frühjahr 2015 fiel der Aktienkurs des einst wertvollsten börsennotierten deutschen Konzerns sogar um mehr als 60 Prozent. Aktuell liegt Bayer bei der Marktkapitalisierung noch auf dem neunten Platz im DAX.
Bayer-CEO nennt Bedingungen für möglichen Glyphosat-Vergleich
Der Vorstandsvorsitzende der Bayer AG hat sich offen für einen Vergleich bei den Glyphosat-Klagen gezeigt. Allerdings nannte CEO Werner Baumann in einer Telefonkonferenz mit Investoren anlässlich der Veröffentlichung der Zweitquartalszahlen zwei Bedingungen. Ein Vergleich müsse finanziell angemessen sein und der gesamte Rechtsstreit damit endgültig beigelegt werden können.
Weitere Ausführungen zum Mediationsprozess könne er nicht machen, sagte Baumann. Die Details seien vertraulich. Bayer werde sich in den Prozessen weiterhin mit allen Mitteln zur Wehr setzen, bekräftigte der CEO zugleich.
Barclays belässt Bayer auf 'Overweight' - Ziel 85 Euro
Die britische Investmentbank Barclays hat die Einstufung für Bayer nach Zahlen auf "Overweight" mit einem Kursziel von 85 Euro belassen. Das zweite Quartal sei zwar annehmbar ausgefallen und der Jahresausblick auch noch beibehalten worden, schrieb Analyst Emmanuel Papadakis in einer am Dienstag vorliegenden Schnelleinschätzung. Die Glyphosat-Prozesse in den USA und die Abspaltung von Unternehmensteilen blieben kurzfristig aber die wesentlichen Impulsgeber./mf/mis
Veröffentlichung der Original-Studie: 30.07.2019 / 07:25 / GMT
Erstmalige Weitergabe der Original-Studie: 30.07.2019 / 07:25 / GMT
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