Wann werden Immobilien preiswert?
Während Immobilienaktien - egal ob Wohnen, Büro oder Gewerbe bereits deutliche Preisabschläge von durchaus mehr als 50 Prozent hingenommen haben, so passen sich die Preise von Immobilienangeboten erst langsam an das neue Umfeld an. Die Bewertung von offenen Immobilienfonds ist dagegen nicht mehr nachzuvollziehen.
Die Immobilienpreise erhalten Gegenwind von verschiedenen Seiten. Die deutlichen Zinserhöhungen erlauben auch bei einer hohen Beleihung keine vernünftige Rendite mehr. Zudem sind Banken angehalten - nicht zuletzt aufgrund des antizyklischen Kapitalpuffers, die Beleihungsquoten zu verringern. Da einige Banken auch niedrige Liquidität vorhalten, werden die Kreditengagements vorsichtiger angegangen. Gleichzeitig sorgt die hohe Inflation dafür, dass die Kaufkraft zunehmend für Energie und Nahrung und weniger für Zins und Tilgung von Eigenheim eingesetzt werden können.
Die wirtschaftliche Lage sorgt auch dafür, dass sich zunehmend wieder Arbeitnehmer Sorgen machen müssen, sich kurzfristig eine neue Anstellung suchen zu müssen. Zusätzlich haben die angestrebten Energieeffizienzüberlegungen im Immobilienbereich vielen Immobilieninteressierten die Augen geöffnet, dass bei Altbauten perspektivisch sehr hohe Sanierungskosten - durchaus im sechsstelligen Bereich, anfallen können. Gleichzeitig könnte auch die Vermietung von Wohnobjekten wirtschaftlich herausfordernder werden, wenn Teile der Betriebskosten nicht mehr an die Mieter umgelegt werden können und diese zumindest anteilig von der Vermieterseite getragen werden müssen.
Während der Bedarf nach Wohnimmobilien auch in Zeiten der Zwangsschließungen vieler Wirtschaftsbereiche aufgrund der Coronamaßnahmen hoch geblieben ist, so hat die Nachfrage nach Gewerbe- und Büroimmobilien bereits vor zwei Jahren nachgelassen und Warnsignale gesendet. Entsprechend sind börsennotierte Aktien, die den Eigenkapitalwert von Immobilienengagements ausdrücken in den vergangenen zwei Jahren heftigen Schwankungen unterlegt gewesen.
Teilweise haben sehr große Immobilienverwalter, wie Vonovia (mit einer Verschuldungsquote von knapp 60 Prozent) rund 60 Prozent an Marktkapitalisierung verloren. Dies würde ungefähr einem Rückgang der Immobilienpreise von rund 26 Prozent entsprechen. Wahrscheinlich ist die Zahl zu hoch gegriffen, da in diese Rechnung auch noch eine deutlich höhere Refinanzierung auslaufender Kreditverträge miteinfließen müsste. Ein Rückgang bei Wohnimmobilien in der Größenordnung von 15 Prozent erscheint aber durchaus realistisch. Bei relativ standardisierten Wohnungen. Bei ausgefallenen Objekten an nicht-typischen Standorten werden die Schwankungen wohl tendenziell höher ausfallen.
Dementsprechend wären Vonovia und LEG Immobilien aktuell wohl trotz der massiven Rückgänge fair bewertet. Unterstützend sollte wirken, dass es aktuell so gut wie keine Neubauten gibt und damit Bestandsobjekte nach wie vor eine hohe Nachfrage erfahren.
Bei Büro- und Gewerbeobjekten gibt es auch von der Nachfrageseite durchaus Gegenwind. Die Innenstädte verlieren für Konsumenten an Attraktivität. Durch veränderte Arbeitsweisen und konjunkturelle Herausforderungen könnte auch der Bürobedarf negativ beeinflusst werden. Aktien von Anbietern wie Aroundtown Properties und DIC Asset haben dementsprechend Kursverluste von 60 bis 80 Prozent hinnehmen müssen.
Völlig aus der Reihe fallen hier die Bewertungen der offenen Immobilienfonds. So hat laut Gutachten der DEKA Immobilien Europa um plus 0,91 Prozent an Wert zugelegt. Dies glauben aber nicht einmal die eigenen Anleger, die bereit sind den Fonds über die Börse mit einem Abschlag von neun Prozent gegenüber dem Gutachterkurs zu verkaufen. Nach den Börsenkursen zu Folge hätte der Fonds seit Jahresbeginn um 3,3 Prozent nachgegeben. Selbst diese Abschläge sollten aber nicht annähernd einen marktgerechten Kurs widerspiegeln, der den aktuellen Preisen von Büros und Gewerbe widerspiegelt.
Letztlich erscheint es von den Vertriebseinheiten der Genossenschaftsbanken (Union Investment), Sparkassen (DEKA), Commerzbank (hausinvest) und Deutsche Bank (DWS) unseriös, neue Anleger und Anlegerinnen zu den gutachterlich bestätigten Vergangenheitswerten auch heute noch investieren zu lassen. Es spricht sehr viel dafür, dass diese Kunden neben hohen Ausgabeaufschlägen zu den aktuell von der Kapitalanlagegesellschaft angegebenen Kursen mindestens neun Prozent zu viel bezahlen (gegenüber Börsenkurs) und selbst dies nicht den Wertrückgang der dahinterstehenden Immobilien adäquat ausdrückt. Ein Vertriebsstopp wäre hier eine ethische Notwendigkeit.
Es zeigt sich, dass bei Immobilien nicht nur die Lage entscheidend ist, sondern für Investoren auch die Investitionsart. Wohnimmobilien-Aktien mit geringem Fremdkapitalhebel können mittlerweile einen Blick wert sein.
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Von Michael Thaler, Vorstand der Top Vermögen in Starnberg
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