Die Inflation meldet sich zurück
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Die Corona Pandemie bestimmt weiterhin den Alltag. Allerdings zeichnet sich weltweit ein sehr differentes Bild der Neuinfektionen ab. Spitzenreiter sind nach wie vor Indien und Brasilien, während zum Beispiel in Großbritannien die Zahl der Neuinfektionen trotz der zweiten bzw. dritten Welle deutlich abnimmt.
Unumstritten liegt dies an dem hohen Impftempo, welches die Briten vorgelegt haben. Im Ranking der an die eigene Bevölkerung verabreichten Impfdosen liegen sie nur fünf Plätze hinter den Schnellsten, wie Israel, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Chile und Bahrain und damit sogar noch vor den USA. Deutschlands hat seine Impfkampagne deutlich beschleunigt und belegt einen ordentlichen Mittelfeldplatz.
Die Aussicht auf eine weltweit steigende Dynamik der Impfungen beflügelt die Hoffnung auf Öffnungen und damit auch den Optimismus auf eine schnelle, intensive Erholung der Weltwirtschaft. Deutlich wird dies vor allem an den Rohstoffpreisen für Öl oder Kupfer, die seit den Tiefständen im März letzten Jahres nicht nur ihre alten Niveaus, sondern sogar darüber hinaus neue Höchststände erreicht haben.
Als Frühindikatoren für Inflation ruft diese Entwicklung erste kritische und warnende Stimmen auf den Plan. Für Sparer war das Nullzinsumfeld der letzten Jahre bereits schmerzhaft, in Kombination mit einer quasi nicht vorhandenen Inflation aber verkraftbar. Bei einem Anstieg der Inflationsrate auf eine von der Bundesbank prognostizierte Marke von drei Prozent in diesem Jahr wird die Geldentwertung allerdings dramatisch.
Zwar sind die Zinsen für langlaufende Anleihen seit Anfang des Jahres gestiegen. Das hat aber weniger mit dem Willen der EZB zu tun, als mit der Sorge der Investoren, die Zentralbanken hätten ihr Pulver verschossen und können trotz expansiver Geldpolitik nicht mehr gegensteuern. So sehr sich Sparer über höhere Zinsen freuen würden, hoch verschuldeten Staaten wie Italien können sich dies gar nicht leisten. Ein Zinsanstieg um nur einen Prozentpunkt würde den Schuldendienst für das Land schlagartig um 26 Milliarden Euro im Jahr verteuern. Undenkbar!
Ebenso wäre ein schneller Zinsanstieg wenig förderlich für die gerade wieder anziehende Konjunktur in Europa. Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank wird also noch länger von der Corona Pandemie geprägt bleiben und somit weiter extrem expansiven ausgerichtet sein. Im Zweifel werden die Währungshüter einen Anstieg der Inflation auch über ihre Wunschmarke von zwei Prozent in Kauf nehmen, auch wenn sie eigentlich mit Zinserhöhungen gegensteuern müssten. Hoch verschuldeten Länder der Europäischen Union wird dies freuen, alle anderen eher nicht.
Einige Experten gehen jedoch davon aus, dass der Anstieg der Inflation nur vorübergehender Natur ist. Maßgeblich sind neben den gestiegenen Rohstoffpreisen auch die Rückkehr zum alten Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent und die seit Anfang des Jahres geltende CO2 Steuer, die zu einem kräftigen Anstieg der Verbraucherpreise geführt haben.
Ebenso wird erwartet, dass spätestens im nächsten Jahr ein Anstieg der Arbeitslosenzahlen und Insolvenzen zu verzeichnen sein werden. Eine befürchtete Lohn- Preisspirale, die den Anstieg der Inflation weiter befeuern würde, ist daher eher unwahrscheinlich. Anleger sollten daher nicht zu sehr auf ein baldiges, "normaleres" Zinsniveau hoffen. Sachwerte, zu denen auch Aktien gehören sollten für den langfristigen Investor weiterhin zu den bevorzugten Investitionen gehören, auch wenn die DAX und Co. immer neue Höchststände skizieren.
Korrekturen sind nach den fulminanten Kurssteigerungen nicht auszuschließen, dennoch sollten investierte Anleger nicht zu früh auf die Bremse treten. Die Hoffnung auf ein Ende der Pandemie, gepaart mit dem erwarteten hohen Nachholbedarf im privaten Konsum, den exorbitanten Investitionsprogrammen und der Geldflut der Notenbanken werden die Aktienkurse noch eine längere Zeit beflügeln.
von Ralph Rickassel, PMP Vermögensmanagement in Düsseldorf, eine Niederlassung der Donner & Reuschel Lux S.A.
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