Die Energiewende wird eine heiße Kiste
Energie effizienter nutzen, fossile Brennstoffe wo möglich, durch erneuerbare Energien ersetzen und dabei Geld als Investor verdienen? Gar nicht so einfach.
Investitionen in Unternehmen, die mit erneuerbaren Energien Geld verdienen klingt wunderbar. Es ist erklärtes Ziel vieler Staaten, die CO2-Emissionen nachhaltig zu senken und perspektivisch die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, wie Öl, Kohle und Gas zu reduzieren. Dieselben Staaten sind es allerdings, die private Investition in diesen Sektor zu einem Va-banque-Spiel machen.
Die Solarindustrie in Deutschland galt als technologischer Vorreiter. Durch erhebliche staatliche Subventionen in China für die heimischen Hersteller konnten die deutschen Solarmodulhersteller aber bald preislich nicht mehr mithalten und es fand ein massiver Auswahlprozess statt. Als bedeutende Unternehmen in diesem Bereich konnten in Deutschland nur SMA Solar mit technologischem Know-how im Bereich Wechselrichter verbleiben und Wacker Chemie als Hersteller von Polysilicium.
Eine ähnliche Zeitenwende könnte im Bereich der Elektromobilität anstehen. Der unverfänglich klingende "Inlfation Reduction Act" in den USA ist nichts anderes als ein gigantisches Subventionsprogramm für Unternehmen, die im Bereich erneuerbarer Energien oder eben der Elektromobilität aktiv sind. Aber mit dem Zusatz, dass die staatlichen Unterstützungsleistungen abhängig sind von der Fertigungstiefe in den USA. Zahlreiche internationale Unternehmen prüfen derzeit vor diesem Hintergrund wohlwollend neue Fabriken in den Vereinigten Staaten. Wohl zum Nachteil Europas.
Denn auch in China, dem weltweit zeitgrößten Automobilmarkt, gibt es zahlreiche Maßnahmen, die heimischen Anbietern das Leben erleichtern. Mittlerweile sind mit BYD, Geely und vielen anderen neuen Autobauern auch ernst zu nehmende Konkurrenten für die deutschen Automobilhersteller erwachsen. Die Batterien sind mittlerweile weitgehend asiatisches Terrain, mit zum Beispiel Contemporary Amperex Technology Co. (CATL) oder der südkoreanischen LG Energy Solutions.
Eine vergleichsweise konservative Investition sollte daher ein Engagement in der Infrastruktur sein. Für die Elektromobilität und möglicherweise den massiven Anstieg von Luft-Wärmepumpen in Häusern müsste das Stromnetz massiv ausgebaut werden. Dies wären Aufträge für ABB und Siemens. Dennoch kommt der Ausbau schleppend voran. Das Projekt Suedlink des Netzbetreibers Tennet stockt aufgrund von Investitionsscheu und politischer Entscheidungsangst.
Die Frage, wie das Stromnetz in Deutschland perspektivisch eine verlässliche Grundlast erhalten soll, erscheint vielfach noch ungeklärt. Wenn Kohle und Atomstrom wegfallen, bleiben nur Gaskraftwerke im Falle einer windstillen Nacht. Teilweise können möglicherweise auch Elektroautos perspektivisch als Stromspeicher herhalten. Wie dies praktisch laufen könnte, ist aber noch offen. Da auch Gas mittlerweile mit Frachtschiffen, also per LNG (Liquified Natural Gas) nach Deutschland transportiert wird, ist die Energiebilanz eher bescheiden. Ein Speichermedium könnte Wasserstoff darstellen via Elektrolyse. Hier ist allerdings der Wirkungsgrad ausbaufähig.
Bei all den Investitionsvorhaben darf allerdings nicht vergessen werden, dass es eine industrielle Substanz benötigt, um diese Investitionen stemmen zu können. Durch den russischen Angriff auf die Ukraine hat das Thema Energiekosten für Europas Unternehmen nochmals deutlich an Brisanz gewonnen, die Wettbewerbsfähigkeit von Ammoniakanlagen oder TDI-Werken erscheint in Gefahr. Auch die vom Europäischen Parlament verabschiedete Sanierungsrichtlinie für ältere Gebäude mag aus umweltschutzpolitischen Erwägungen nachvollziehbar sein. Die Kosten müssen sich aber in einem vertretbaren Rahmen bewegen. Der verpflichtende Einbau von Wärmepumpen könnte die Lebenshaltungskosten von Europas Bevölkerung weiter ansteigen lassen und letztlich die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigen.
Als Fazit bleibt: Die Verquickung von staatlich gewünschten Entwicklungen und technologischen Herausforderungen macht dieses Investitionsthema trotz der förderlichen Wirkung für Investoren nicht gerade einfach. Eine konzentrierte Auswahl qualitativ hochwertiger und gut geführter Unternehmen sollte aus unserer Sicht Erfolg versprechend sein.
von Michael Thaler, Vorstand der Top Vermögen in Starnberg
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