Chancen und Risiken des Infrastrukturpakets der Bundesregierung

Das sogenannte Sondervermögen von 500 Milliarden Euro könnte für manche Branchen einen erheblichen Konjunkturschub bedeuten. Doch es gibt auch negative Auswirkungen.
Die neue Bundesregierung hat sich auf ein umfangreiches Infrastrukturpaket in Höhe von 500 Milliarden Euro in den kommenden zwölf Jahren geeinigt. Von dem Geld sollen Straßen, Schienen und Brücken sowie Schulen, Universitäten und Forschungseinrichtungen saniert und ausgebaut werden. Ein weiterer wichtiger Bereich ist der Ausbau des Breitbandnetzes und die Verbesserung der digitalen Infrastruktur, vor allem in ländlichen Gebieten. Klimaschutzmaßnahmen wie die energetische Sanierung von Gebäuden, der Ausbau der erneuerbaren Energien, Modernisierung der Stromnetze und die Förderung von Energiespeichertechnologien stehen ebenfalls auf dem Plan.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rechnet damit, dass die Wirtschaftsleistung im kommenden Jahr um etwa ein Prozent steigen könnte. Ab 2027 sind durchschnittlich sogar mehr als zwei Prozent pro Jahr möglich.
An der Börse dürften vor allem Unternehmen aus dem Bau- und Infrastruktursektor von vollen Auftragsbüchern und langfristigen Verträgen profitieren. Diese finden sich insbesondere in den kleineren Indizes wie MDAX und SDAX. Diese Formen haben oft einen stärkeren Fokus auf den deutschen Binnenmarkt und sind in einigen Bereichen schon führend auf dem Weltmarkt. Unternehmensanleihen könnten ebenfalls attraktiv sein, insbesondere wenn die Unternehmen durch staatliche Aufträge stabile Einnahmen erwarten können.
Langfristig werden die Investitionen allen Unternehmen in Deutschland zugutekommen. Vor allem die Verbesserung der Infrastruktur und die Förderung klimafreundlicher Technologien dürften die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Von einer besseren Bildung ganz zu schweigen.
Es gibt bereits erfolgreiche Vorbilder. Die USA verabschiedeten im Jahr 2021 ein Infrastrukturpaket in Höhe von 1,2 Billionen US-Dollar. Mit dem Geld wurde die Infrastruktur modernisiert, der öffentliche Nahverkehr verbessert, die Wasserinfrastruktur und das Breitbandinternet ausgebaut und auf den neuesten Stand gebracht. Es wird erwartet, dass dieses Paket über zwei Millionen Arbeitsplätze schafft und das jährliche BIP um etwa 0,5 Prozent steigert.
Im Jahr 2020 kündigte die chinesische Regierung ein Infrastrukturpaket in Höhe von 3,6 Billionen Yuan (etwa 500 Milliarden US-Dollar) an, das sich auf den Ausbau von Hochgeschwindigkeitsbahnen, Flughäfen und 5G-Netzen konzentrierte. Diese Investitionen haben das Wirtschaftswachstum angekurbelt und China zu einem der führenden Länder im Bereich der Infrastruktur gemacht.
Die Europäische Union hat im Rahmen des "NextGenerationEU"-Pakets 750 Milliarden Euro für den Wiederaufbau nach der Covid-19-Pandemie bereitgestellt. Es wird erwartet, dass diese Investitionen das Wirtschaftswachstum in der EU um 1,5 % pro Jahr steigern und Millionen von Arbeitsplätzen schaffen.
Gleichzeitig zeigen die Erfahrungen aus den USA und Europa, dass die Umsetzung der Projekte oft durch komplexe bürokratische Prozesse und langwierige Genehmigungsverfahren behindert wird. Hier muss Deutschland die Rahmenbedingungen dringend verbessern, damit das Paket seine volle Wirkung entfalten kann.
Allerdings kann das Paket auch negative Folgen haben. In der Bauindustrie könnte der Schub an neuen Projekten zu Engpässen bei Arbeitskräften und Materialien führen. Bereits jetzt herrscht in der Branche Fachkräftemangel. Viele Baufirmen werden ihr Personal, das bisher im Wohnungsbau tätig ist, in den Tief- und Straßenbau umschichten. Zudem dürften die öffentlichen Bauprojekte bei Planung und Genehmigung Vorrang vor privaten Bauvorhaben bekommen und zu Verzögerungen im privaten Wohnungsbau führen. Das dürfte den Neubau von dringend benötigten Wohnungen nicht gerade billiger machen. Auch die Bauzinsen dürften weiter steigen, wenn der Bund den Investoren im Zuge der Verschuldung höhere Zinsen bieten muss. Abzuwarten bleibt zudem, wie sich die Erhöhung der Staatsverschuldung auf die Zinsen der Staatsanleihen auswirkt. Wir rechnen auch hier mit eher höheren Finanzierungskosten für den Bund.
Diesen und weitere Vermögensverwalter mit Ihren Meinungen und Online-Anlagestrategien finden Sie auf https://www.v-check.de/ von Michael Thaler, Vorstand der Top Vermögen AG in Starnberg
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