Ab November wird getapered
Die Inflation zieht seit Wochen an. Die Notenbanken realisieren, dass sie was tun müssen. Die Amerikaner starten mit ersten Maßnahmen.
Die Zinsampel springt auf Gelb: Die US-Notenbank FED hat zuletzt signalisiert, dass sie ihre Anleihekäufe voraussichtlich ab November zurückfahren wird und somit mit dem in der Finanzwelt bekannten "Tapering" startet - unter der Bedingung, dass die Arbeitsmarktdaten stimmen und bestimmte Fortschritte bei den Inflations- und Wachstumszielen erfüllt sind.
Gleichzeitig hat die FED ihre eigene Inflationsprognose erhöht. Mit einer ersten Zinserhöhung ist im Laufe des nächsten Jahres zu rechnen. Offensichtlich ist auch die FED immer weniger davon überzeugt, dass der Inflationsdruck schnell nachlassen wird.
Dennoch wird in den USA ab 2023 bisher nur ein moderates Tempo an Zinserhöhungen prognostiziert. Dies deutet darauf hin, dass die Amerikaner davon ausgehen, dass langfristig wieder deflationäre Kräfte in den Vordergrund treten werden. Mit dieser Kommunikationsstrategie soll wohl auch vermieden werden, dass die kürzeren Zinslaufzeiten zu stark anziehen, wodurch wiederum der Wirtschaft Zeit für Wachstum gegeben wird.
Trotz einer insgesamt noch entspannten Einschätzung ist auch die Europäische Zentralbank EZB nicht mehr so sicher, was die Dauer der Inflation angeht. Die EZB war bislang davon ausgegangen, dass der diesjährige Inflationsschub nur vorübergehend sei und die mittelfristigen Prognosen immer noch weit unter dem Zwei-Prozent-Ziel liegen werden. Laut Protokoll der vergangenen Sitzung wurde das nun offenbar in Zweifel gezogen, da sowohl die Gesamt- als auch die Kerninflation im Vergleich zu den jüngsten EZB-Projektionen nach oben überrascht hätten. Daher geht auch die EZB mittlerweile davon aus, dass die derzeitige Preisdynamik nächstes Jahr nicht völlig abklingen wird. Von Alarmismus sei man aber noch weit entfernt.
Die Inflationserwartungen im Markt sind für die nächsten Jahre hingegen ohnehin höher. Private Haushalte haben angesichts teilweise explodierender Immobilien-, Energie- und Lebensmittelpreise schon längst den Glauben an eine stabile Inflationsentwicklung verloren. Mit dem Tapering können die Notenbanken zumindest etwas Zeit gewinnen, die Lage weiter zu beobachten und die ungeliebten Zinserhöhungen hinauszuschieben. Auf das preistreibende Problem aus stockenden Lieferketten und Personalengpässen haben die Notenbanken jedoch wenig Einfluss.
Auch wenn das Tapering der FED eine Zäsur darstellt in einem "There is no Alternative (für Aktien)"-Umfeld - die Frage, wo die Reise kurzfristig hingeht, ist klar: zu etwas höheren langfristigen Renditen. Da jedoch die Anlegerwelt geradezu nach sicheren, renditeträchtigen Anlagen lechzt, dürfte der Renditeanstieg zunächst überschaubar bleiben.
Damit dürfte auch zuviel Angst vor dem Tapering und vor einer breiteren Konjunkturabschwächung unbegründet sein. Thema wird das erst, wenn die Notenbanken die Zinszügel straffer anziehen.
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