Depotabsicherung: Wenn es den DAX nach unten zieht
Anleger sind der Börse nicht hilflos ausgeliefert. Sie können sich mit verschiedenen Strategien vor Verlusten schützen. Wie es geht.
von Gian Hessami, Euro am Sonntag
Das Leben ist kein Wunschkonzert - das gilt auch für die Börsen. Nach der traumhaften Rekordjagd des DAX in diesem Jahr kann es durchaus sein, dass die Talfahrt der vergangenen Tage anhält. Man muss solchen Minusphasen aber nicht tatenlos zusehen. Mit verschiedenen Strategien ist es möglich, Verluste zu vermeiden oder zu begrenzen. Auch Anleger, die neu einsteigen, sollten sich absichern. Verluste zu begrenzen ist schließlich ebenso wichtig wie Gewinne einzufahren.
Stop-Loss begrenzt Verluste
So können Investoren mit gewissen Orderzusätzen Kursverluste in Schach halten. Mit diesen Aufträgen legen sie fest, wie der Kauf oder Verkauf der Aktien ausgeführt werden soll. Eine klassische Verkaufsorder, die Anleger zur Verlustbegrenzung einsetzen, heißt Stop-Loss. Ein Anleger, der etwa per Indexfonds oder Indexzertifikat auf die positive Entwicklung des DAX setzt, legt eine maximale Verlustgrenze mithilfe eines Stoppkurses fest. Angenommen, der DAX notiert bei 11.500 Punkten und der Anleger setzt den Stopp bei 10.000 Punkten, so wird bei der Kursmarke von 10.000 Punkten der Verkaufsauftrag bestens ausgeführt. Der Verkaufsauftrag erfolgt zum nächsten handelbaren Kurs.Darüber hinaus können Investoren mit der dynamischen Order Trailing-Stop-Loss Kursgewinne sichern und zugleich die Stoppmarke nach oben ziehen. Dabei erteilt der Anleger zunächst eine normale Stop-Loss-Order. Zusätzlich gibt er einen Differenzwert an, zum Beispiel 15 Prozent beim DAX. Steigt nun der DAX, wird die Stop-Loss-Marke automatisch nach oben angepasst - und zwar so weit, dass zwischen dem aktuellen DAX-Kurs und der Stoppmarke eine Differenz von 15 Prozent besteht.
Anleger sollten sich bei ihrer Bank erkundigen, ob sie die gewünschten Orderzusätze anbietet. Überdies ist es wissenswert, wie viel Gebühren man für die Sonderaufträge bezahlt. Ein Nachteil ist zudem, dass Anleger ihr Geld wieder neu anlegen müssen, falls ihre Position ausgestoppt wird.
Short-ETFs auf den DAX
Weiterhin ist es möglich, sich mit Short-ETFs gegen Marktschwächen taktisch abzusichern. Diese börsengehandelten Indexfonds (englisch: Exchange Traded Funds) sind das Gegenstück zu klassischen ETFs, mit denen Anleger eins zu eins von der positiven Entwicklung eines Index profitieren. Mit Short-ETFs erzielen Investoren in fallenden Märkten Gewinne, da sich die Papiere auf täglicher Basis spiegelverkehrt zur Wertentwicklung des zugrunde liegenden Index entwickeln. Fällt etwa der DAX um zwei Prozent, steigt zugleich der Kurs des Short-ETF um zwei Prozent. Umgekehrt gilt aber auch: Steigt der DAX, sinkt der Kurs des Short-ETF entsprechend.
Reverse-Bonus-Zertifikate
Für Anleger, die davon ausgehen, dass der DAX stagniert oder fällt, sind möglicherweise Reverse-Bonuszertifikate die passenden Finanzinstrumente. Sie stellen das Prinzip von klassischen Bonuszertifikaten auf den Kopf: Die Barriere, die maßgeblich für den Investmenterfolg ist, liegt nicht wie bei normalen Bonuspapieren unterhalb des aktuellen DAX-Kurses, sondern oberhalb. Berührt der DAX während der Laufzeit zu keinem Zeitpunkt die Barriere, erhalten Anleger eine Bonuszahlung. Bei den Reverse-Papieren geht es also darum, dass der Basiswert nicht zu stark steigen darf.Ein Beispiel ist das Reverse-Bonuszertifikat der Société Générale auf den DAX. Bleibt der Index bis zum Laufzeitende am 18. Dezember 2015 stets unter der Barriere von 13.100 Punkten, erhalten Anleger 135,19 Euro pro Zertifikat. Bei einem Kaufpreis von 110,25 Euro ergibt sich daraus eine prozentuale Rendite von rund 23 Prozent. Wird das Ziel jedoch verfehlt, drohen hohe Verluste. Anleger nehmen nämlich bei einem Barrierebruch spiegelverkehrt an der prozentualen Kursentwicklung des DAX bezogen auf den Startwert (Basispreis) teil. Darüber hinaus gibt es auch Reverse-Zertifikate mit Cap, mit denen Anleger bei fallenden Kursen nicht unbegrenzt profitieren. Im Gegenzug sind mit den gekappten Zertifikaten jedoch höhere Renditen möglich, wenn der zugrunde liegende Basiswert seitwärts läuft.
Mit Puts das Depot absichern
Für Investoren, die bereits über Erfahrung mit spekulativen Hebelprodukten verfügen, kommen Put-Optionsscheine infrage, um ihr Depot vor Markteinbrüchen zu schützen. Der Wert dieser Papiere steigt überproportional, wenn der Kurs des Basiswerts sinkt. Wer sein DAX-Depot im Wert von 20.000 Euro bei einem DAX-Stand von 11.000 Punkten gegen Kursverluste absichern möchte, muss sich bei einem Bezugsverhältnis der Puts zum DAX von 1 : 100 (1 Put = 110 DAX-Punkte) 182 Put-Scheine kaufen (Rechnung: 20.000 : 110). Die Laufzeit der Optionsscheine sollte dabei möglichst mit dem Anlagehorizont übereinstimmen.Anleger, die erwarten, dass der DAX auf ein Niveau von unter 11.000 Punkten sinkt und sich absichern möchten, legen sich 182 Put-Scheine mit einem Basispreis von 11 000 Punkten ins Depot. Der Basispreis ist bei Put-Scheinen der Preis, zu dem der zugrunde liegende Basiswert (hier: der DAX) bei Ausübung verkauft werden kann. Ein Beispiel ist der Put-Optionsschein von Goldman Sachs, der das Bezugsverhältnis 1 : 100 hat und bis zum 20. November 2015 läuft. Beim aktuellen Kaufpreis von 5,40 Euro pro Schein würde die Depotabsicherung mit den dazu nötigen 182 Papieren rund 983 Euro kosten.
Wie eine Versicherung
Angenommen, der DAX fällt bis November auf 9.000 Zähler, dann wäre die Put-Position rund 3.640 Euro wert. Die Rechnung: (11.000 - 9.000) x 0,01 (Bezugsverhältnis) x 182 (Put-Scheine). Damit würde der Wertverlust des DAX-Depots wieder ausgeglichen. Sollte hingegen der DAX bis zum Laufzeitende der Puts auf 13.000 Punkte steigen, kommt es zu folgendem Szenario: Die Put-Scheine verfallen wertlos und das DAX-Depot wäre rund 23 640 Euro wert. Zieht man davon die 983 Euro ab, die man für die Optionsscheine bezahlt hat, bleiben noch 22 657 Euro übrig. Puts funktionieren also wie eine Versicherung. Brechen die Kurse ein, nimmt man die Versicherung in Anspruch und es entstehen keine Verluste. Läuft der DAX nach oben, braucht man die Versicherung nicht. Im Gegenzug schmälert die Versicherungsprämie (Kauf der Puts) den Gewinn.Fazit: Auch wenn die Börse kein Wunschkonzert ist - die Melodie kann man als Anleger in jedem Fall mitbestimmen.
Investor-Info
Short-ETF
In fallenden Börsen gewinnen
Ein Short-ETF bietet die Chance, 1 : 1 von fallenden Börsen zu profitieren. Die Deutsche Bank offeriert einen Short-ETF auf den DAX. Der Kurs entwickelt sich auf täglicher Basis spiegelverkehrt zum Index. Anleger sollten aber beachten: Werden diese Produkte länger gehalten, kommt es wegen der täglichen Anpassung an den DAX-Schlusskurs zu Abweichungen von der umgekehrten 1 : 1-Partizipation. Ursache sind die Tücken der Prozentrechnung.
Reverse-Bonuszertifikat
Auf den Kopf gestellt
Bei Reverse-Bonuszertifikaten liegt die Barriere nicht wie bei klassischen Bonuspapieren unterhalb des Basiswertkurses, sondern darüber. Bei dem Produkt der Société Générale auf den DAX liegt die Barriere bei 13.100 Punkten. Notiert der DAX bis Mitte Dezember 2015 darunter, erhalten Anleger eine Bonuszahlung von rund 23 Prozent. Die Rendite fällt noch höher aus, sollte der DAX am Ende der Laufzeit unter 9334 Punkten stehen. Problematisch wird es, wenn der DAX über die Marke von 13 100 Punkten steigt. Dann ist die Bonuszahlung verloren. Zudem drohen hohe Verluste, sollte der DAX am Ende der Laufzeit über diesem Niveau notieren.
Put-Optionsschein
Versicherung gegen Verluste
Für Anleger, die befürchten, dass der DAX unter 11.000 Punkte fallen wird, kommt beispielsweise ein Put-Schein von Goldman Sachs infrage, der einen Hebel von 20 hat. Mit Puts setzen Anleger auf fallende Kurse. Der Basispreis des Papiers beträgt 11.000 Punkte. Wer ein DAX-Depot von 20.000 Euro absichern möchte, legt sich 182 dieser Puts ins Depot (siehe Berechnung im Text oben). Doch Vorsicht: Sollte der DAX zum Laufzeitende der Put-Scheine bei 11.000 Zählern oder darüber notieren, verfallen die Produkte wertlos. Der Wert von klassischen Put-Scheinen steigt nicht nur in fallenden Märkten, sondern auch bei einer steigenden Schwankungsbreite (Volatilität) des Basiswerts. Werden die Kursausschläge größer, erhöhen sich also die Gewinnchancen. Im Zuge der jüngsten Kurskorrekturen ist auch die Volatilität beim DAX gestiegen. Eine sinkende Volatilität führt hingegen zu fallenden Optionsscheinkursen.Weitere News
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