Boeing-Aktie höher: Boeing könnte Airbus-Produktion bei Spirit-Übernahme abspalten - Milliarden-Geldabfluss erwartet
Der US-Flugzeugbauer Boeing will Insidern zufolge vor einer möglichen Übernahme seiner früheren Tochter Spirit AeroSystems deren Verbindungen zum Rivalen Airbus kappen.
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Boeing erwäge, im Falle eines Deals einzelne Sparten des Zulieferers, der auch wichtige Komponenten für Airbus liefert, zu verkaufen oder umzustrukturieren, sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Boeing prüfe auch, ob andere Unternehmen am Airbus-Geschäft von Spirit interessiert sein könnten. Inwieweit Airbus für eine Übernahme von Spirit empfänglich wäre, ist unklar. "Es gibt sehr aktive Gespräche, aber keinen klaren Fahrplan", sagte einer der Insider und fügte hinzu, dass Airbus alle Optionen prüfe. Ein Sprecher von Spirit bestätigte die Gespräche mit Airbus. Sowohl Airbus als auch Boeing lehnten eine Stellungnahme ab. Spirit hat einen Marktwert von fast 3,8 Milliarden Dollar. Das Airbus-Geschäft erwirtschaftete 2023 ein Fünftel des Umsatzes von Spirit. Boeing könnte den Kauf von Spirit aber auch ohne den Verkauf dieser Geschäftsbereiche abschließen. Das Airbus-Geschäft von Spirit, zu dem auch die verlustreiche Flügelproduktion für den kleinen A220-Jet in Belfast gehört, wolle Boeing aber nicht übernehmen, sagten die Insider. Spirit habe bereits Sondierungsgespräche mit Airbus über den Verkauf des Werks geführt, berichtete Reuters diesen Monat. Nach dem Zwischenfall mit einer 737-9-Max im Januar versucht Boeing, kritische Teile seiner Produktion, die seit zwei Jahrzehnten aus Kostengründen ausgelagert sind, wieder in den Konzern zurückzuholen.
Boeing erwartet nach Beinahe-Unglück milliardenschweren Geldabfluss
Der kriselnde Flugzeugbauer verliert wegen der harten Auflagen der Behörden nach dem Beinahe-Unglück eines Mittelstreckenjets derzeit Milliardensummen. Im ersten Quartal flössen voraussichtlich 4 bis 4,5 Milliarden US-Dollar (3,7 bis 4,1 Milliarden Euro) aus dem Konzern ab, sagte Boeing-Finanzchef Brian West am Mittwoch auf einer Konferenz der Bank of America in London. Damit rücke auch das mittelfristige Ziel eines freien Barmittelzuflusses von 10 Milliarden Dollar in weitere Ferne.
Bisher hatte sich das Management des US-Konzerns vorgenommen, diese Marke im Jahr 2025 oder 2026 zu erreichen. Laut West dürfte Boeing nun bis zum Ende dieser Spanne brauchen. Für das laufende Jahr rechnet er trotz der jüngsten Abflüsse noch mit einem freien Barmittelzufluss im einstelligen Milliarden-Dollar-Bereich. "Wir sind noch nicht so weit, dass wir diese finanziellen Ergebnisse kurzfristig steuern können, weil wir noch an der Stabilität arbeiten", sagte der Manager.
Am Finanzmarkt kamen die Neuigkeiten schlecht an: Die Boeing-Aktie verlor im vorbörslichen US-Handel zuletzt rund 1,8 Prozent an Wert. Im bisherigen Jahresverlauf hat das Papier schon mehr als 30 Prozent eingebüßt.
Am 5. Januar war an einer Boeing 737-9 Max von Alaska Air Group im Flug ein Rumpfteil herausgebrochen. Passagiere und Besatzung kamen weitgehend mit dem Schrecken davon. Bei Untersuchungen stellte sich später heraus, dass an dem Rumpfteil vier Befestigungsbolzen gefehlt hatten.
Inzwischen nimmt die US-Luftfahrtbehörde FAA deshalb die Produktion und die Qualitätssicherung von Boeing und dessen Rumpfzulieferer Spirit AeroSystems unter die Lupe. Auch das US-Justizministerium ermittelt. Zudem darf Boeing die Produktion der gesamten 737-Max-Reihe vorerst nicht über die Zahl von 38 Maschinen pro Monat hochfahren.
Wegen der Belastungen rechnet Finanzchef West in der Verkehrsflugzeugsparte für das laufende Jahr nun mit einem operativen Verlust. Grund seien Entschädigungszahlungen für den Zwischenfall vom Januar und dessen Folgen. Dazu gehört auch die Senkung der Produktionsraten. Diese dürften laut West in der ersten Jahreshälfte niedriger sein und erst später in Richtung der Marke von monatlich 38 Jets steigen.
Um die Krise in den Griff zu bekommen, will der Hersteller seine einstige Rumpfsparte Spirit Aerosystems wieder übernehmen, die er vor fast 20 Jahren ausgegliedert hatte. Boeing verfüge über genügend Reserven, um den Kauf mit Bargeld und neuen Schulden zu bezahlen, sagte West. Die Beschaffung zusätzlichen Eigenkapitals sei dazu nicht nötig.
Wenn die Übernahme zustande kommt, würde der Konzern die größte Auslagerung seiner Geschichte rückgängig machen. "Es geht darum, das Unternehmen nicht als Unternehmen, sondern als Fabrik zu führen und sich zu konzentrieren", sagte der Manager und räumte ein: Boeing habe sich bei der Ausgliederung von Unternehmensteilen wahrscheinlich "ein wenig übernommen".
Vor rund fünf Jahren hatte die Neuauflage des Mittelstreckenjets 737 den US-Konzern in die schwerste Krise seiner Geschichte befördert. Nach dem Absturz zweier Maschinen vom Typ 737 Max verhängten Luftfahrtbehörden in aller Welt ein Startverbot für das Modell. Erst nach technischen Verbesserungen wurden die Verbote nach über 20 Monaten schrittweise wieder aufgehoben.
Wegen der Max-Krise und anderer teurer Probleme hat Boeing seit 2019 fünf Jahre in Folge rote Zahlen geschrieben. Der Zwischenfall bei Alaska Airlines und die neuen Auflagen der FAA warfen den Hersteller erneut zurück. Der weltgrößte Flugzeughersteller Airbus aus Europa kann davon nur teilweise profitieren: Die Produktion seiner Mittelstreckenjets aus der A320neo-Reihe ist schon bis Ende des Jahrzehnts ausgebucht.
Die Boeing-Aktie gewann im NYSE-Handel 3,69 Prozent auf 187,83 US-Dollar. Für Airbus-Titel ging es via XETRA 1,08 Prozent aufwärts auf 168,08 Euro.
New York/LONDON/ARLINGTON (Reuters / dpa-AFX)
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