Commerzbank-Aktie stark: UniCredit zeigt angeblich erneut Interesse an Übernahme
Beim Ringen um die Zukunft der großen deutschen Privatbanken bringt sich einem Pressebericht zufolge wieder einmal die UniCredit ins Spiel.
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Die Großbank, die bereits seit der Übernahme der Hypovereinsbank im Jahr 2005 in Deutschland vertreten ist, erwäge ein Gebot für die seit der Finanzkrise teilverstaatlichte Commerzbank, berichtete die "Financial Times" am Donnerstag unter Berufung auf einige mit der Angelegenheit vertraute Personen. Es sei allerdings unwahrscheinlich, dass UniCredit bei den derzeitigen Gesprächen zwischen der Deutschen Bank und der Commerzbank dazwischenfunkte
Sollten diese jedoch scheitern, wie einige Experten erwarten, stünde UniCredit dem Bericht zufolge bereit. Die italienische Bank wollte die Informationen der Zeitung auf Anfrage nicht kommentieren. UniCredit galt in den vergangenen Jahren immer wieder als möglicher Käufer der Commerzbank. So soll die Bank dem "FT"-Bericht zufolge zuletzt 2017 Kontakt mit deutschen Regierungsvertretern wegen eines möglichen Gebots aufgenommen haben. UniCredit ist wegen der wirtschaftlichen Krise in Italien selbst angeschlagen, konnte sich aber zuletzt berappeln. Sollte sie bei der Commerzbank zum Zuge kommen, würde sie diese mit ihrer Tochter Hypovereinsbank verschmelzen.
Der Zeitung zufolge will UniCredit die Commerzbank in diesem Fall zudem nicht komplett übernehmen, sondern nur die Kontrolle über das Geldhaus erlangen. Es sei denkbar, dass das italienische Institut die Mehrheit an der fusionierten Hypovereinsbank/Commerzbank halten würde und die übrigen Anteile der Bank weiter an der Frankfurter Börse gehandelt werden. Die Kombination der in München und Frankfurt beheimateten Häuser würde zudem ihren Sitz weiter in Deutschland haben, während UniCredit ihren Sitz und Börsennotiz in Mailand behalten würde.
Für die italienische Bank wäre es auch eine Option, um ihre zuletzt bei den Erträgen und operativen Ergebnis schwächelnde deutsche Dependance wieder aufzuwerten. Eine UniCredit beratende Person sagte der Zeitung laut Bericht: "Diese Kombination hätte für Deutschland Sinn." Man könnte es als "nationalen Champion" verkaufen. Das könnte den politischen Unmut hierzulande im Falle eines Gebots aus Italien verringern. DZ-Bank-Analyst Christian Koch sieht politischen Widerstand gegen eine mögliche Offerte von UniCredit.
Alles in allem hält der DZ-Bank-Experte ein solches Gebot für möglich, aber derzeit nicht sonderlich wahrscheinlich - in Prozentzahlen ausgedrückt: deutlich geringer als 50.
Aus Sicht der Marktbewertung wäre eine Commerzbank-Übernahme für die UniCredit leichter zu stemmen als für die Deutsche Bank. Die UniCredit-Aktie gehört zwar seit der Finanzkrise - neben den Anteilen der Deutschen Bank und der Commerzbank - zu den größten Verlierern unter den europäischen Banktiteln. Mit einer Marktkapitalisierung von rund 27 Milliarden Euro bringt UniCredit allerdings rund elf Milliarden Euro mehr auf die Waage als Deutsche Bank. Die Commerzbank ist an der Börse derzeit rund neun Milliarden Euro wert.
Der seit 2016 amtierende UniCredit-Chef Jean Pierre Mustier hatte zuletzt mit den Altlasten aufgeräumt, der Bank eine Rosskur verordnet und das Kapital erhöht. Seitdem ist sie trotz der politischen Krise wieder in ruhigerem Fahrwassern und kam anders als die beiden deutschen Institute im vergangenen Jahr auf einen Milliardengewinn.
Deutsche Bank und Commerzbank hatten Mitte März mitgeteilt, dass sie über die Möglichkeiten eines Zusammenschlusses sprechen. In den Monaten davor hatten Vertreter beider Häuser immer wieder betont, dass eine Fusion wegen der jeweils eigenen Probleme derzeit keinen Sinn ergäbe. Nachdem Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und sein von Goldman Sachs geholter Staatssekretär Jörg Kukies aber immer wieder die Bedeutung einer großen nationalen Bank betonten und es zudem viele Gespräche im Hintergrund gab, verhandeln die Banken über eine mögliche Fusion, die wegen der Größenverhältnisse de facto ein Kauf von Commerzbank durch Deutsche Bank wäre.
Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing und der Commerzbank-Vorstandsvorsitzende Martin Zielke hatten betont, die Gespräche ergebnisoffen zu führen. Berichten der "Wirtschaftswoche" und der "Süddeutsche Zeitung" ("SZ") zufolge will aber vor allem die Commerzbank das Thema wieder schnell vom Tisch haben. So berichtete die "SZ" ebenfalls am Donnerstag, dass es bereits an diesem Wochenende eine Vorentscheidung geben könnte. Zuvor hatte die "Wirtschaftswoche" eine solche Entscheidung auf kommenden Dienstag (9. April) terminiert. Deutsche Bank-Aufsichtsratschef Paul Achleitner hatte angekündigt, dass sein Haus spätestens bei der Vorlage der Zahlen zum ersten Quartal am 26. April Genaueres sagen werde. Zielke wiederum hatte in einem Brief an die Mitarbeiter der Bank erklärt, er wolle "schnell zu einem Ergebnis" kommen.
Da bei einem Zusammenschluss der beiden deutschen Großbanken viele tausend Arbeitsplätze wegfallen dürften, laufen die Arbeitnehmervertreter Sturm gegen die Fusion. So forderte der Commerzbank-Gesamtbetriebsrat vom Vorstand bereits den Abbruch der Gespräche. "Es ist an der Zeit, den Schaden jetzt zu begrenzen", hieß es in einer vergangene Woche verschickten "Protestnote" des Gremiums an den Vorstand, die der Deutschen Presse-Agentur in Frankfurt vorliegt. "Ihr Vorhaben hat im Management, bei den Mitarbeitern, in den Gremien, bei den Kunden unserer Bank wie auch in der Gesellschaft keinen Rückhalt."
Der Betriebsrat verwies zudem darauf, dass die Refinanzierungskosten der Commerzbank bereits infolge der bestätigten Fusionsgespräche gestiegen seien. Dies drücke auf die zuletzt wegen der Nullzinspolitik ohnehin niedrigen Margen. Neben den Diskussionen über den großflächigen Jobabbau - hier reichen die Schätzungen auf bis zu rund 40 000 der zuletzt insgesamt rund 133 000 Vollzeitstellen - steht den Verhandlungen der mögliche Kapitalbedarf der Deutschen Bank im Fokus. Einige Analysten gehen von einem zweistelligen Milliardenbetrag aus. Solch eine Summe dürfte aber für die Bank angesichts des stark angekratzten Vertrauens und der heftigen Kursverluste der vergangenen Monate und Jahre kaum aufzutreiben sein.
In der "SZ" hieß es dazu unter Berufung auf einen Insider: Eine Kapitalerhöhung von zehn Milliarden Euro sei praktisch unmöglich, weil dies den Anteil der Altaktionäre viel zu stark verwässern würde. Drei Milliarden könnte man dagegen vergleichsweise leicht von Investoren bekommen, sagte der Insider, der den Angaben zufolge an den Verhandlungen beteiligt ist. Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge wehrt sich bereits das arabische Emirat Katar gegen eine umfangreiche Kapitalerhöhung. Die Bedeutung des Emirats als Großaktionär der Deutschen Bank würde in einem solchen Fall schrumpfen.
Ein Knackpunkt für den Kapitalbedarf ist, wie die Aufseher mit einem fusionierten Institut umgehen würden. So muss die Deutsche Bank wegen ihrer Systemrelevanz derzeit einen Puffer auf ihr Kapital vorhalten - die Commerzbank dagegen nicht. Da ein fusioniertes Institut erst recht als systemrelevant gelten dürften, könnte der Kapitalbedarf für den Commerzbank-Teil entsprechend steigen. Zudem ist offen, wie die Aufseher etwa mit der Frage umgehen, dass beide Geldhäuser an der Börse deutlich unter ihrem Buchwert gehandelt werden.
Um den Kapitalbedarf zu decken, wird auch über den Verkauf der Deutsche-Bank-Tochter DWS spekuliert. Das Geldhaus hatte seine Fondsgesellschaft erst vor rund einem Jahr an die Börse gebracht. Am Mittwoch hatte Bloomberg berichtet, dass die schweizerische Großbank UBS ein Auge auf DWS geworfen habe. Die im SDAX notierte Fondsgesellschaft kommt nach dem jüngsten Kursanstieg auf eine Marktkapitalisierung von knapp 6,4 Milliarden Euro - der 78-prozentige Anteil der Deutschen Bank entspricht somit auf einen Wert von fast fünf Milliarden Euro.
Commerzbank steigen nach Bericht über UniCredit-Interesse
Nach dem Bericht der "Financial Times" an dem MDAX-Konzern gehörten die Papiere am Donnerstagmittag mit einem Kursplus von 2,80 Prozent auf 7,41 Euro zu den größten Favoriten im Mittelwerteindex.
In der Spitze waren die Commerzbank-Papiere zuvor auf 7,48 Euro geklettert, womit sie sich dem Niveau annäherten, auf das sie vor rund zwei Wochen nach der offiziellen Bekanntgabe von Fusionsgesprächen mit der Deutschen Bank gestiegen waren. Damals hatte es für einen Sprung auf ein Hoch seit Anfang Dezember von 7,70 Euro gereicht. In den laufenden Fusionsverhandlungen sehen die meisten Börsianer die Aktie der Commerzbank als größten Profiteur einer möglichen Einigung.
Für die Papiere von UniCredit ging es am Donnerstag in Mailand hingegen um 0,66 Prozent abwärts auf 12,11 Euro. Auch die Aktien der Deutschen Bank büßten 0,82 Prozent ein auf 7,58 Euro.
/stw/nas/mis/zb/stk
LONDON/FRANKFURT (dpa-AFX)
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