Bayer-Aktie schießt hoch: Hedgefonds-Investor Elliott legt Milliardenbeteiligung an Bayer offen
Seit Monaten wurde darüber spekuliert, nun ist es offiziell: Der für sein aggressives Gebaren bekannte Hedgefonds-Investor Elliott mischt nach dem Kurseinbruch im Sog verlorener Glyphosat-Prozesse beim Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer mit.
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Noch gibt sich Elliott - der zum Imperium des US-Milliardärs Paul Singer gehört - zahm und lobte die jüngsten Schritte, mit denen Bayer die Klagewelle gegen Unkrautvernichter mit dem umstrittenen Wirkstoff Glyphosat in den USA bewältigen will. Wie lange Singer ruhig bleiben wird, ist allerdings offen.
Die Anleger freut es jedenfalls, so oder so. Der Aktienkurs schnellte am Donnerstag um mehr als acht Prozent auf 60,50 Euro nach oben und knüpfte damit an seine zuletzt eher zaghaften Erholungsversuche vom niedrigsten Niveau seit 2012 an.
Elliott ist mit insgesamt 1,1 Milliarden Euro am Leverkusener Agrar- und Chemiekonzern beteiligt, wie der Hedgefonds am späten Mittwochabend mitgeteilt hatte. Angesichts eines Börsenwerts von rund 56 Milliarden Euro fällt dies zwar nicht sonderlich ins Gewicht, doch Elliotts Einfluss sollte nicht unterschätzt werden. Singer ist dafür bekannt, mit aggressiven Methoden seinen Willen durchzusetzen. Seine Fonds sind berüchtigt wegen ihrer Spekulationen rund um angeschlagene Firmen und Staaten.
Wenngleich Elliott längst nicht überall Aktionärsrevolten und Prozesse anzettelt, verbirgt sich im letzten Teil des Statements eine Formulierung, die durchaus Brisanz enthalten könnte. Dort fordert der Investor langfristig mehr Rendite und deutet auch an, wie diese zu bekommen sein könnte.
"Elliott ist der Ansicht, dass der aktuell niedrige Aktienkurs von Bayer den signifikanten Wert der einzelnen Geschäftseinheiten beziehungsweise die bestehende Wertschaffungsmöglichkeit von mehr als 30 Milliarden Euro nicht widerspiegelt." Was verklausuliert klingt, lässt sich durchaus als Forderung nach einer Aufspaltung interpretieren.
Und in der Tat: Nach einem Kurseinbruch um in der Spitze mehr als 40 Prozent seit der Schlappe im ersten Glyphosat-Prozess vergangenen Herbst ist Bayer an der Börse in etwa gerade einmal so viel wert, wie die Leverkusener für den Glyphosat-Hersteller Monsanto nach aktuellem Wechselkurs gezahlt haben. Analysten schätzen, dass die Risiken durch drohende Schadenersatzzahlungen an klagende Krebspatienten schon lange über Gebühr in den Aktienkurs eingepreist sind. Im Grunde werde das Agrargeschäft vom Aktienkurs gar nicht mehr reflektiert, erklärte etwa Analyst Markus Mayer von der Baader Bank.
Hinter den Kulissen drängen Investoren offenbar auch schon länger darauf, den Konzerns in seine Einzelteile zu zerlegen. Bereits Ende 2018 hatte es Spekulationen gegeben, dass Singers Hedgefonds die treibende Kraft hinter der Initiative sein könnte. Bayer-Chef Werner Baumann hatte eine Aufspaltung im Dezember entschieden abgelehnt. "An diesen Einwürfen beteiligen wir uns nicht", sagte er damals der "Börsen-Zeitung".
Offiziell befürwortet Elliott die neuesten Schritte zur Bewältigung der US-Klagewelle gegen glyphosathaltige Unkrautvernichter. So scheint Bayer nach drei verlorenen Prozessen auszuloten, ob der Konzern sich mit den vielen tausend Klägern einigen könnte. Parallel zu den andauernden Gerichtsprozessen in weiteren Fällen sehe Bayer der Mediation positiv entgegen und werde sich konstruktiv einbringen, teilte der Dax-Konzern am Mittwochabend mit - kurz bevor Elliott seine Beteiligung öffentlich machte.
Den Versuch einer Schlichtung hatte der US-Richter Vince Chhabria, bei dem mehrere hundert Klagen von Landwirten, Gärtnern und Verbrauchern gebündelt sind, angestoßen. Im Mai ernannte er den US-Staranwalt und -Schlichter Ken Feinberg zum Mediator. Mit dieser Wahl zeigte sich nun auch Bayer zufrieden. "Ken Feinberg hat eine exzellente Reputation und nachgewiesene Erfolge", sagte Aufsichtsratschef Werner Wenning laut Mitteilung.
Feinberg ist äußert anerkannt und war schon im Zusammenhang mit der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko sowie beim Abgasskandal von Volkswagen aktiv. In diesen Fällen betreute er Entschädigungsfonds.
Bayer gründet zudem einen Aufsichtsratsausschuss, der die Causa Glyphosat vorantreiben soll, etwa durch Beratung des Vorstands und Vorschläge zur Prozessstrategie. "Mehrere Mitglieder des Ausschusses haben umfassende Erfahrung mit komplexen Gerichtsverfahren", hieß es weiter. Zudem soll der US-Anwalt John Beisner, ein Experte für Produkthaftungsklagen, den Aufsichtsrat zum Rechtskomplex Glyphosat kontinuierlich beraten. Mittlerweile sind 13 400 Klagen in den USA bekannt.
So reagiert die Aktie
Der nun öffentlich gemachte Einstieg des bekannten Hedgefonds Elliott hat den Bayer-Aktien am Donnerstag Rückenwind verliehen. Sie stiegen um 8,70 Prozent auf 60,86 Euro. Damit setzt sich der jüngste Erholungsversuch fort, nachdem die Papiere erst Anfang Juni bei 52,02 Euro den tiefsten Stand seit 2012 markiert hatten.
Seit der Niederlage im ersten Glyphosat-Prozess vergangenen August haben die Aktien rund 40 Prozent an Wert verloren. Ein Vergleich mit den Klägern könnte zwar teuer werden, würde aber für Transparenz hinsichtlich der Kosten sorgen. Angesichts dessen, was bereits in den Aktienkurs eingepreist sei, wäre sogar eine Einigung in der Größenordnung von 15 bis 20 Milliarden Euro ein positiver Kurstreiber, glaubt Analyst Markus Mayer von der Baader Bank.
So bringt es Bayer aktuell an der Börse nur noch auf einen Wert von mehr als 55 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Für Monsanto legten die Leverkusener 63 Milliarden US-Dollar oder zum aktuellen Wechselkurs rund 55 Milliarden Euro auf den Tisch.
/hbr/DP/stk
LONDON/FRANKFURT (dpa-AFX)
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