Tagesgeschäft in Gefahr?

Alphabet-Aktie im Fokus: Ist die Google-Mutter doch nur ein Werbekonzern?

26.03.20 18:05 Uhr

Alphabet-Aktie im Fokus: Ist die Google-Mutter doch nur ein Werbekonzern? | finanzen.net

Selbst der Mutterkonzern von Google steht in der Coronavirus-Krise unter Druck - auch wenn die Menschen im Homeoffice oder während der Ausgangsbeschränkungen viel im Internet unterwegs sind.

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Sundar Pichai muss nach seinem Aufstieg vom Google-Chef an die Spitze des Dach-Konzerns den Weg aus der Misere managen. Was im Unternehmen los ist, was die Analysten zum Geschäft sagen und wie die Aktie zuletzt gelaufen ist.

DAS IST LOS BEI GOOGLE:

Anfang des Jahres standen die Zeichen im Tagesgeschäft beim Internetriesen noch gut. Zwar enttäuschte Alphabet beim Umsatz zum Jahresende die Markterwartungen, weil das Wachstum im vierten Quartal so schwach ausfiel wie seit fünf Jahren nicht. Auf Jahressicht kletterten die Erlöse aber immer noch um 18 Prozent auf 162 Milliarden US-Dollar, der Gewinn um knapp 12 Prozent auf 34,3 Milliarden Dollar.

Über eins konnten sich die Investoren aber auch bei dem unerwartet schwachen Wachstum im Weihnachtsquartal freuen: Dass Alphabet langersehnte Zahlen zu den Werbeeinnahmen der Videoplattform Youtube sowie zu den boomenden Clouddiensten lieferte. Youtube brachte dem Alphabet-Konzern im vergangenen Jahr bereits Werbeerlöse von gut 15,1 Milliarden Dollar ein. Das Cloud-Geschäft steuerte 8,9 Milliarden Dollar zum Konzernumsatz bei, bei einem jährlichen Wachstum von mehr als der Hälfte.

Youtube und vor allem die Cloudsparte mit den IT-Diensten im Internet sorgen für gehörige Fantasie bei den Anlegern, da die Wachstumsraten in der Branche immer noch sehr hoch sind und das Geschäft mit zunehmender Größe sogar steigende Margen verspricht. Auch bei den anderen Tech-Riesen wie Amazon und Microsoft bringt das hohe Bewertungen durch die Investoren an den Börsen.

Zumindest bis zum Coronavirus-Schock. Die rosigen Zukunftsaussichten, das starke Wachstum der Cloudplattform und die schon heute dicken Gewinne können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Google mit seiner Suchmaschine immer noch vor allem eins ist: Ein Werbekonzern, der vom Lauf der Konjunktur und den Marketingbudgets der Kundschaft abhängig ist. Bricht die Konjunktur ein - wie es viele Experten wegen der zeitweisen Lahmlegung vieler Wirtschaftsbereiche in den Industrieländern voraussagen - dann hat selbst Google daran zu knabbern.

Pichai muss Google und Alphabet ohnehin durch eine schwierige Zeit navigieren. Der Konzern steht - wie auch andere amerikanische Tech-Schwergewichte - unter verstärktem politischen Druck. Inzwischen nehmen auch die lange wohlwollenden US-Wettbewerbshüter Google ins Visier. In Europa verhängte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager bereits Strafen von mehr als acht Milliarden Euro gegen Google. Der Internet-Konzern steckte diese aber noch locker weg.

Doch auch bei den Mitarbeitern rumort es. Laut Medienberichten sollen mindestens in einem Fall ein hochrangiger ehemaliger Manager trotz Vorwürfen sexueller Nötigung mit einer satten Abfindung in hoher zweistelliger Millionenhöhe die Firma verlassen haben. Auch darüber hinaus wurde Sexismus im sonst so weltoffen dargestellten Konzern angeprangert. Auch ein Software-Deal mit dem US-Militär sorgte intern für Ärger.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Jefferies-Analyst Brent Thill kürzte vergangene Woche seine Annahmen für eine ganze Reihe von Internetkonzernen, darunter auch Twitter, Snap, Facebook und eben Alphabet. Die Werbeumsätze könnten unter Druck kommen, weil Werbende damit begännen, ihre Budgets zusammenzustreichen.

Dabei kommt der Google-Konzern aber noch ganz gut weg. Alphabet sei neben Facebook in sehr guter Position bei einem Abschwung, weil der Konzern 115 Milliarden Dollar Cash auf der hohen Kante habe, das ermögliche gute Chancen für Investitionen ins Geschäft - und für Aktienrückkäufe, die den Kurs in aller Regel stützen. Alphabet befinde sich bei der Bewertung auch bereits nahe der Talsohle.

Bei Google dürfte die Breite des Werbeangebots über die Internetsuche und Youtube sowie die schiere Größe des Geschäfts selbst unter diesen Bedingungen Schutz bieten, schrieb JPMorgan-Experte Douglas Anmuth. In der kurzen Frist sollten aber auf der anderen Seite bestimmte Kundengruppen - wie die besonders betroffene Reisebranche - auf der Umsatzentwicklung lasten.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Alphabet hat in wenigen Wochen rund ein Drittel seines Wertes eingebüßt - vom Rekordhoch bei 1530 Dollar (stimmberechtigte Aktie der A-Klasse) noch am 21. Februar ging es runter bis auf knapp über 1.000 Dollar am 23. März. Mittlerweile liegt das Papier wieder bei gut 1.100 Dollar und damit einem Marktwert von 780 Milliarden US-Dollar. Ausgehend vom Zeitpunkt, bevor die Corona-Krise den Aktienmarkt am 24. Februar mit voller Wucht erfasst hat, sind knapp 300 Milliarden Dollar Börsenwert flöten gegangen.

Doch Regionen um die 1.100 Dollar sind für Alphabet-Aktionäre auch ohne die Coronavirus-Pandemie noch in Erinnerung - zuletzt lag das Papier nämlich noch gegen Ende 2018 unter der Schwelle. Der rasante Aufstieg vieler Tech-Aktien im vergangenen Jahr sorgte auch dafür, dass der Virus-Schock viel Luft aus den Bewertungen lassen konnte.

Die Konkurrenz von Amazon und vor allem Microsoft hat sich in den vergangenen zwei Jahren deutlich besser entwickelt als der Alphabet-Titel. Während die Google-Mutter auf dem derzeitigen Kurs ein Plus von rund 8 Prozent aufweist, steht Amazon bei fast 30 Prozent Kursanstieg. Und Microsoft ist den beiden in diesem Zeitraum mit plus 70 Prozent enteilt.

/men/fba/he

MOUNTAIN VIEW (dpa-AFX)

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