Strategie auf dem Prüfstand

Anleihekäufe: Zurück zur Normalität

04.07.13 17:00 Uhr

An den Kapitalmärkten wird nervös über ein Nachlassen des geldpolitischen Rückenwinds diskutiert. Die Furcht vor verringerten Anleihekäufen durch die ­US-Notenbank Fed sorgt für Unsicherheit.

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von Max Holzer, Gastautor von Euro am Sonntag

An den Finanzmärkten ist es ruppiger geworden. Auslöser waren Äußerungen von Ben Bernanke, Chef der US-Notenbank Federal Reserve (Fed), zur künftigen Geldpolitik in den Vereinigten Staaten. Ber­nanke gab zu Protokoll, dass die Fed zunächst an ihrem Kurs festhalten werde. Gleichzeitig stellte er angesichts der relativ robusten ­US-Konjunktur eine Reduzierung der quantitativen Lockerung („Quantitative Easing“, kurz QE) ab Herbst 2013 in Aussicht.

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In Erwartung einer Rückführung der Anleihekäufe durch die Fed sind risikobehaftete Anlagen unter Druck geraten. Im Rentensegment waren insbesondere Papiere aus den Emerging Markets (EM) sowie Unternehmens- oder High-Yield-Anleihen betroffen. Staatspapiere erstklassiger Schuldner verzeichneten ebenfalls steigende Renditen. Auch an den Aktienmärkten kam es zu Kursverlusten. Am stärksten traf es japanische Aktien: Dem rasanten Aufstieg folgte beim Nikkei-Index ein fast ebenso steiler Fall. Hier spielte die Enttäuschung über die von vielen Beobachtern als zu unkonkret kritisierten Wirtschaftspläne von Premier Abe sowie eine ausgebliebene „neue Runde“ quantitativer Lockerung durch die Bank of Japan (BoJ) eine — zusätzlich — belastende Rolle.

Droht nun die Wende beim Kurs der weltweit wichtigsten Notenbanken? Zumindest nicht überall. So ist in Japan der Schwenk zu einer aggressiveren Geldpolitik gerade mal ein halbes Jahr alt. Seitdem hat die BoJ ein ­Inflationsziel von zwei Prozent für 2014 bekannt gegeben und eine Ausdehnung ihrer Anleihekäufe um 60 bis 70 Billionen Yen jährlich angekündigt — nahezu eine Verdopplung der ursprünglichen Pläne. Unter ihrem neuen Gouverneur Kuroda hat die BoJ also schon einige Hebel in Bewegung gesetzt und nun lediglich eine Verschnaufpause eingelegt.

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Max Holzer, Union Investment
Noch unwahrscheinlicher ist ein bevorstehender Kurswechsel in der Eurozone. Zwar haben zuletzt die Frühindikatoren wie der Einkaufsmanagerindex positiv überrascht. Mehr als eine Konjunkturstabilisierung lassen die Daten jedoch bislang nicht erkennen. Größtes Hindernis bleibt neben den staatlichen Sparanstrengungen die unzureichende Versorgung der Unternehmen mit Krediten, vor allem in den südeuropäischen Problemländern. Solange der Kreditkanal sich aber nicht öffnet, wird die Europäische Zentralbank (EZB) kaum eine geldpolitische Verschärfung vornehmen. Im Gegenteil, auf ihren letzten Sitzungen haben die Währungshüter sogar die Möglichkeit weiterer Stützungsmaßnahmen angedeutet.

Irgendwann muss eine
Normalisierung erfolgen

Besonders marktbewegend waren in den vergangenen Wochen die unter dem Stichwort „Tapering“ geführten Spekulationen über eine Verringerung der Anleihekäufe der US-Notenbank Fed. Gerade die robusten US-Konjunkturdaten, so die Argumentation, würden der New Yorker Zentralbank eine geldpolitische Straffung ermöglichen. Und tatsächlich: Der US-Aufschwung ist zwar relativ stabil, aber in der Stärke bislang noch eher verhalten. Hinzu kommen die niedrigen Inflationsraten in den Vereinigten Staaten, sodass von dieser Seite aus kein dringender Anlass für eine QE-Drosselung besteht. Dies gilt umso mehr, als die Fed sich alle Türen offengehalten hat. Ein Abschmelzen ihrer Anleihekäufe hat sie von einer kräftigen Erholung der US-Konjunktur abhängig gemacht. Ob der Aufschwung im laufenden Jahr aber die prognostizierte Stärke gewinnt, bleibt abzuwarten. Dann stünde auch ein QE-Ausstieg wieder auf dem Prüfstand. Und von einer Leitzinserhöhung sind wir ohnehin noch weit entfernt.

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Gleichwohl unterstreicht die Debatte, dass die geldpolitischen Bedingungen der letzten Jahre eine Ausnahmesituation darstellten und irgendwann eine Normalisierung erfolgen muss. Dieser „Einstieg in den Ausstieg“ aus den unorthodoxen Stimulierungsmaßnahmen rückt näher, jedenfalls in den USA. Dabei handelt es sich keineswegs um eine negative Nachricht, sondern um einen Beleg für die Gesundung der US-Konjunktur. Allerdings kann es in der Phase des Übergangs durchaus zu Turbulenzen an den Kapitalmärkten kommen. Grundsätzlich ist man gerade in diesen unruhigen Marktlagen gut beraten, wenn man auf fundamentale Qualität setzt. Die wichtigste Frage lautet deshalb derzeit: Für welche Anlagen gibt es ein „Leben nach QE“? Denn Zeiten des Umbruchs bergen nicht nur Risiken, sondern sie eröffnen auch immer Investmentchancen — und dabei hilft sicher auch eine gewisse Lockerheit.

zur Person:

Max Holzer, Leiter des Bereichs
Asset Allocation bei Union Investment

Holzers Aufgaben­spektrum umfasst das Multi ­Asset Management sowie die Convertibles & Derivates Strategy. Neben dem Portfoliomanagement der Multi-Asset-, Garantie-, Rohstoff- und Wandel­anleihefonds legt sein Bereich die Strategie für die Anlagesteuerung der Union Investment Gruppe fest.
Die Fondsgesellschaft ­gehört zu den Volks- und Raiffeisenbanken und ist mit rund 190 Milliarden Euro verwaltetem Kapital einer der größten ­Vermögensverwalter für private und institutionelle ­Anleger in Europa.

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