United Internet: Große Taten, leise Töne
Der Internetkonzern United Internet wächst kräftig und gewinnt mehr Kunden als erwartet. Doch statt Siegerposen einzunehmen, sucht Gründer Ralph Dommermuth nach den nächsten Chancen.
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von Peer Leugermann, Euro am Sonntag
Zur Präsentation von United Internet (UI) wollte die effizient-sparsame Atmosphäre im Konferenzraum des Frankfurter Hilton nicht recht passen. Denn bei den Halbjahreszahlen des TecDAX-Konzerns wurde richtig geklotzt, nicht nur gekleckert: Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Umsatz um gut zehn Prozent auf 1,28 Milliarden Euro. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern legte gar um ein Viertel auf 129,4 Millionen Euro zu.
Während auch Chef Ralph Dommermuth eher bescheidene Töne anschlug, stürmte die Aktie auf ein neues Allzeithoch bei über 26 Euro. Vor allem der Kundenzuwachs begeisterte Börsianer: Mit 660.000 neu geschlossenen Verträgen für Mobilfunk, DSL sowie Softwareanwendungen übertraf der Internetkonzern die eigenen Erwartungen. Als Reaktion darauf heben die Rheinland-Pfälzer ihre Prognose für die Neukunden im Gesamtjahr um 100 000 auf nun 1,1 Millionen an.
Bemerkenswert dabei ist, dass das Unternehmen nicht an der Ergebnisprognose schraubt. Nach wie vor will Dommermuth zwischen 1,00 und 1,10 Euro Gewinn je Aktie erzielen. Dabei kosten neue Verträge für Handys und mobiles Surfen zunächst viel Geld — und ausgerechnet hier gewann das Unternehmen aus Montabaur die meisten Neukunden.
Gewinnspirale kommt in Gang
Hoch subventionierte Smartphones lassen in der Regel die Marketingkosten spürbar steigen und drücken damit die Gewinnmargen. Überdies fallen die Ausgaben sofort an, die Kundenumsätze kommen erst später in Form monatlicher Raten. Doch laut Dommermuth steht der Break-even im Bereich Mobilfunk wahrscheinlich bereits im August, spätestens aber im September an. Der Sockel an Bestandskunden ist demnach groß genug, um mit deren Erträgen die Marketingaufwendungen für Neukunden zu finanzieren. Bei weiter wachsenden Kundenzahlen sollte sich künftig im Mobilfunkgeschäft eine deutlich positive Gewinnentwicklung abzeichnen.
Bei diesen Aussichten wundert es wenig, dass der Konzernchef mit insgesamt 100 Millionen Euro auch weiterhin stark in den Geschäftsbereich Applikationen investiert. Dabei handelt es sich um Softwareanwendungen, die von E-Mail-Diensten bis zu Selbstbaukits für Webseiten reichen. Im ersten Halbjahr belasteten solche Apps mit Anlaufkosten von 61,8 Millionen Euro noch das Ergebnis. Dommermuth sieht in den Diensten jedoch ein Sprungbrett auf internationale Märkte und einen Schlüssel zu neuen Kundenpotenzialen.
Dass der Gründer des Webdienstleisters aus dem Westerwald ein geschicktes Händchen fürs Marketing besitzt, kann er zuvor auf dem Heimatmarkt beweisen. In Deutschland werden in den kommenden zwei Jahren 700 neue Endungen für Webadressen freigeschaltet. Anders als üblich enden diese Domains nicht auf .de, sondern auf .immo, .hotel oder .shop. Vorteil: Sie werden von Google besser gefunden. Dommermuth rechnet mit großer Nachfrage nach den neuen Adressen und wittert die Chance, hier der Konkurrenz Kunden für die eigenen Homepagedienste abzujagen. Im zweiten Halbjahr fließt daher das gesamte Budget für Fernsehwerbung in Spots um diese Top-Level-Domains.
Ursprünglich sollten die Gelder auch in Werbung für E-Mail-Dienste fließen. Doch aktuell liefert der US-Abhörskandal Dommermuth eine günstige Marketing-Gelegenheit. „E-Mail made in Germany“ heißt die markig klingende Antwort, mit der UI bei verunsicherten Kunden für sich wirbt. Auch die Telekom beteiligt sich an der vermeintlichen Anti-Späh-Allianz. Die Korrespondenz zwischen den E-Mail-Diensten Web.de, GMX sowie der Telekom wird automatisch verschlüsselt. Den Nutzer kostet das Angebot nichts und Dommermuth nach eigenen Worten wenig — der UI-Chef hat wohl selten effizienter in Kundenzufriedenheit investiert.
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