Swatch tickt wieder richtig
Nikolaus Hayek war der Retter der Schweizer Uhrenindustrie. Inzwischen beherrscht seine Swatch Group den gesamten Markt. Mit Erfolg selbst in Krisenzeiten.
von Sven Parplies
Die einzige Uhr, die jemals auf dem Mond war: Im Juli 1969 trug Astronaut Buzz Aldrin bei einem Spaziergang auf dem Trabanten eine Omega Speedmaster. Für die Mission war das bestenfalls eine Fußnote, für den Uhrenhersteller Omega aber macht sich der Ausflug ins All noch heute bezahlt: Die Sonderedition zum 40. Jahrestag der Weltraummission und eine pompöse Werbekampagne kurbelten das Geschäft im Juli überraschend stark an. Der Umsatz in den selbst geführten Markenshops von Omega stieg im Juli um 22 Prozent.
Für die schweizerische Swatch Group, zu deren Markenportfolio Omega zählt, kommt die außerirdische Hilfe zum perfekten Zeitpunkt. Denn die Konjunkturkrise hat auch die Uhrmacher hart erwischt. Wie sehr die Traditionsbranche leidet, lässt sich an den Exporten der Schweizer Hersteller ablesen: In den ersten sechs Monaten des Jahres sind sie laut Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie um 26 Prozent zurückgegangen. Im Juni betrug das Minus sogar 32 Prozent – der schlimmste Einbruch in zwei Jahrzehnten.
Doch die Swatch Group, größter Uhrenhersteller der Welt, sieht die Zeitenwende gekommen: Bereits im Mai und Juni habe man – gegen den allgemeinen Trend – eine „positive Entwicklung“ im Vergleich zum Jahresauftakt registriert. Das habe sich im Juli bestätigt, meldete der Konzern vorige Woche. Die Swatch Group profitiert von ihrer internationalen Positionierung: 35 Prozent des Umsatzes erzielt der Konzern in Schwellenländern – mehr als jeder andere große Luxusgüterhersteller. In China sei Omega wahrscheinlich beliebter als Rolex, glaubt Analyst John Guy vom US-Aktienhändler MF Global. Scherzhaft beschrieb Konzernchef Nick Hayek unlängst die Kundentreue in Russland – dort komme Swatch offensichtlich gleich nach dem Wodka.
Die eher schwache Stellung in den USA, wo die Swatch Group zuletzt nur etwa zehn Prozent ihres Umsatzes erzielte, war hingegen ein Glücksfall. Sie bewahrte das Unternehmen vor härteren Einbrüchen, bietet jetzt aber Chancen. Große Hoffnungen setzen die Schweizer auf die neue Zusammenarbeit mit dem legendären Juwelier Tiffany, in dessen Namen die Swatch Group eine Uhrenkollektion auf den Markt gebracht hat. „Die USA sind der größte Schmerz, aber auch eine große Gelegenheit“, sagt Nick Hayek.
Auch das weltweit gestiegene Kostenbewusstsein hilft offenbar: Nicht nur in den niedrigpreisigen Kategorien, etwa bei den bunten Plastikuhren der Marke Swatch, sondern auch in den höheren Preisklassen. Eine Omega sei bis zu 30 Prozent billiger als eine Rolex, rechnet BNP Paribas vor. Zudem treffe Omega bei Design und Material den Zeitgeist besser als die protzigen Chronometer des Nobelrivalen Rolex.
Omega ist die wichtigste Triebfeder der Swatch Group: Etwa ein Drittel des Umsatzes und knapp 50 Prozent des operativen Gewinns gingen im vergangenen Jahr auf das Konto von Omega, kalkuliert die japanische Bank Nomura. Auch das Shop-System von Omega gilt als vorbildlich: Annähernd 20 Prozent des Umsatzes der Marke dürften in den selbst kontrollierten Verkaufsflächen erzielt werden. Das macht den Konzern unabhängiger von externen Händlern.
Die hatte Nick Hayek schon im Frühjahr als Umsatzbremse in der Krise ausgemacht. Sie seien zu stark darauf aus, ihre Lagerbestände abzubauen. Die Nachfrage des Endkunden hingegen sei ungebrochen, beteuert Hayek auch jetzt wieder. „Der Markt ist gesünder, als die Leute glauben. Die Uhrenindustrie war niemals in der Krise.“ Nach dem überdurchschnittlich starken Wachstum der Vorjahre stehe die Branche jetzt lediglich vor einer Normalisierung, beteuert er.
Die Gelassenheit, mit der der Firmenchef dem Pessimismus der Branche in den vergangenen Monaten entgegentrat, rührt wohl auch aus der bewegten Geschichte des Unternehmens, das bereits deutlich härtere Krisen überwunden hat. Anfang der 80er-Jahre, als asiatische Billigkonkurrenten den Markt überschwemmten, geriet die Uhrenindustrie massiv in Bedrängnis. Die Rettung der Branche war für die Schweiz, deren Uhren im Ausland so bekannt wie ihre Berge und Banken sind, ein Prestigeprojekt.
Die Wende kam mit Multigenie Nicolas Hayek, dem Vater des heutigen Konzernchefs. Unter seiner Führung entstand die Schweizerische Gesellschaft für Mikroelektronik und Uhrenindustrie, die vor allem mit der neu entwickelten „Swatch“ für Aufsehen sorgte. Die bunten Plastikuhren, die 1998 dem Gesamtkonzern ihren Namen gaben, sollten „höchste Qualität, tiefsten Preis, Provokation und Spaß am Leben“ repräsentieren, so die Vision von Nicolas Hayek. Der Erfolg war gigantisch: Inzwischen sind nach Konzernangaben mehr als 400 Millionen Exemplare verkauft worden.
Doch die Swatch Group ist mehr als Swatch: 19 Marken gehören zum Uhrwerk des Konzerns. Angefangen bei Luxusmodellen von Breguet, für die Kunden im Schnitt etwa 20 000 Euro berappen müssen, bis hin zu preiswerten Marken wie Swatch und Flik Flak, die bereits zu Preisen unter 50 Euro zu haben sind. Zudem beliefert die Gruppe auch andere Hersteller mit Uhrwerken und Komponenten. Eine kleine Sparte bietet Kunden elektronische Lösungen. Am auffälligsten sind die Auftritte bei großen Sportwettkämpfen. Bei den Olympischen Spielen in China war Omega für die Zeitnahme etwa beim Schwimmen und der Leichtathletik verantwortlich. Kernstück des Konzerns bleibt aber das Uhrengeschäft, das über 90 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet.
Nach den überraschend guten Umsatzergebnissen der Swatch Group im Juli erwarten immer mehr Branchenkenner eine Stabilisierung des Marktes. Die französische BNP Paribas etwa geht davon aus, dass Händler bald wieder auf „normalem Niveau“ ordern. Das eigene Ladennetz soll auch langfristig überdurchschnittliches Wachstum ermöglichen. Nicht nur, weil man dort höhere Erträge erzielt, sondern auch, weil sich die eigenen Marken besser inszenieren lassen.
Konkret seien Wachstumsraten von über fünf Prozent bis ins Jahr 2013 möglich, prophezeit BNP Paribas. Für die Analysten der Credit Suisse ist die Swatch Group strukturell und geografisch eines der am besten positionierten Unternehmen im Luxusgütersektor. Ganz ohne Hilfe aus dem Weltraum.
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Swatch Group: Retter des Schweizer Uhrwerks
Der Name Swatch steht für „Swiss Watch“ – Schweizer Uhr. Die Konzerngeschichte ist ein Spiegel der Schweizer Uhrenindustrie: Die Branche geriet in den 70er- und frühen 80er-Jahren unter Druck, als japanische Billigware und die neue Quartz-Technologie den Markt eroberten. Unter Nicolas Hayek fusionierten die eidgenössischen Hersteller ASUAG und SSIH. Das neue Unternehmen wurde 1998 in Swatch Group umbenannt. Diese vereint 19 Marken: Im Luxussegment Breguet, Blancpain, Glashütte Original, Jaquet Droz, Léon Hatot, Omega, Tiffany & Co. In der höheren bzw. mittleren Kategorie Longines, Rado, Union Glashütte; Tissot, ck watch, Balmain, Certina, Mido, Hamilton. Im Basissegment Swatch, Flik Flak sowie das Speziallabel Endura. Zu den spektakulären Projekten des Konzerns gehörte die Entwicklung des umweltfreundlichen Kleinwagens Smart in Zusammenarbeit mit Mercedes. Die Swatch Group beschäftigt heute in 50 Ländern 24 000 Personen. Der Umsatz lag im vergangenen Jahr bei 5,97 Milliarden Schweizer Franken, der Nettogewinn bei 838 Millionen Franken, also etwa 550 Millionen Euro.
Swatch-Aktie: Besser als die Konkurrenz
Besser als erwartet hat sich die Swatch Group im ersten Halbjahr geschlagen. Der Umsatz sank um 15 Prozent, deutlich geringer als der Gesamtmarkt. Der Gewinn ging um 28 Prozent zurück. Die Aktie profitierte zuletzt vom relativ optimistischen Ausblick. Das Management erwartet für die zweite Jahreshälfte einen „vergleichbaren Umsatz“ wie im Vorjahreszeitraum. Börsianer sehen die Talsohle erreicht. Die Aktie ist auf KGV-Basis kein Schnäppchen. Dank des attraktiven Portfolios und der starken Stellung in Wachstumsmärkten als solider Wachstumswert bleibt sie aber ein gutes Langfristinvestment.
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Name | Hebel | KO | Emittent |
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Nachrichten zu Swatch (I)
Analysen zu Swatch (I)
Datum | Rating | Analyst | |
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24.09.2024 | Swatch (I) Sell | UBS AG | |
17.01.2023 | Swatch (I) Buy | Jefferies & Company Inc. | |
09.09.2019 | Swatch (I) buy | HSBC | |
16.01.2015 | Swatch (I) Sell | Société Générale Group S.A. (SG) | |
25.07.2013 | Swatch (I) kaufen | Deutsche Bank AG |
Datum | Rating | Analyst | |
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17.01.2023 | Swatch (I) Buy | Jefferies & Company Inc. | |
09.09.2019 | Swatch (I) buy | HSBC | |
25.07.2013 | Swatch (I) kaufen | Deutsche Bank AG | |
04.07.2013 | Swatch (I) kaufen | Exane-BNP Paribas SA | |
02.07.2013 | Swatch (I) kaufen | Deutsche Bank AG |
Datum | Rating | Analyst | |
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12.07.2013 | Swatch (I) halten | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) | |
09.07.2013 | Swatch (I) halten | Citigroup Corp. | |
08.07.2013 | Swatch (I) halten | Barclays Capital | |
21.06.2013 | Swatch (I) halten | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) | |
29.05.2013 | Swatch (I) halten | Citigroup Corp. |
Datum | Rating | Analyst | |
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24.09.2024 | Swatch (I) Sell | UBS AG | |
16.01.2015 | Swatch (I) Sell | Société Générale Group S.A. (SG) | |
04.02.2013 | Swatch (I) verkaufen | S&P Equity Research | |
20.01.2011 | The Swatch Group sell | Société Générale Group S.A. (SG) | |
05.08.2010 | Swatch Group sell | Société Générale Group S.A. (SG) |
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