Schwaches zweites Quartal

TeamViewer-Aktie bricht zweistellig ein: TeamViewer wird etwas vorsichtiger

08.07.21 17:50 Uhr

TeamViewer-Aktie bricht zweistellig ein: TeamViewer wird etwas vorsichtiger | finanzen.net

Der Softwareanbieter TeamViewer dämpft nach einem schwachen zweiten Quartal die Erwartungen für das laufende Jahr.

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Bei den Billings, einer Kennzahl für die in Rechnung gestellten Umsätze der kommenden zwölf Monate, und auch beim Umsatz selbst wird jetzt nur noch das untere Ende der bisher in Aussicht gestellten Spannen erwartet, wie der im MDAX notierte Konzern am Donnerstag in Göppingen mitteilte. Im zweiten Quartal seien die Billings bereinigt um Währungseffekte um 18 Prozent und damit weniger als erhofft gestiegen.

Das TeamViewer-Management um Chef Oliver Steil hatte bereits darauf vorbereitet, dass das erste Halbjahr vor allem wegen der hohen Wachstumswerte rund um den Ausbruch der Corona-Pandemie vor gut einem Jahr eher weniger Schwung aufweisen dürfte. Dennoch sollten auch in den ersten beiden Quartalen die währungsbereinigten Wachstumsraten bei den Billings mindestens 20 Prozent erreichen. In den beiden letzten Quartalen sollten sie dann wieder auf deutlich über 30 Prozent anziehen.

So hatte TeamViewer im Gesamtjahr einen währungsbereinigten Zuwachs bei den Rechnungsstellungen von 29 bis 33 Prozent auf 585 bis 605 Millionen Euro einkalkuliert - nun dürfte nur noch ein Wert am unteren Ende erreicht werden. Die Geschäftsentwicklung im Juni sei allerdings sehr positiv verlaufen, hieß es. Die Vertragsvolumina bei Verlängerungen seien wieder angestiegen und der Abschluss neuer Verträge mit Großkunden habe stark zugelegt.

Die Zielmarge für das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen soll 2021 nach wie vor 49 bis 51 Prozent erreichen - sie bemisst sich an den Billings, damit dürfte auch das operative Ergebnis nicht so hoch ausfallen wie vom Unternehmen zuvor erhofft. Im zweiten Quartal sank das operative Ergebnis nach vorläufigen Zahlen leicht auf 56,6 Millionen - unter anderem weil die ersten Zahlungen für die Sportmarketing-Verträge anfielen. Die operative Marge betrug damit rund 47 Prozent. Nach dem ersten Halbjahr liegt sie bei rund 55 Prozent.

Die Zahl der Abonnenten steigerte TeamViewer zwischen April und Ende Juni um rund 20 000 auf 623 000. Die Zahl der Großkunden mit einem jährlichen Vertragsvolumen von mehr als 10 000 Euro stieg in den vergangenen zwölf Monaten um mehr als die Hälfte.

TeamViewer erreichte im zweiten Quartal - Währungseffekte inklusive - ein Plus bei den Billings von 15 Prozent auf 121,6 Millionen Euro. Der Umsatz lag demnach bei 122,8 Millionen Euro, ein Anstieg von 7 Prozent. Zwar habe das Unternehmen die meisten der neuen Abonnenten aus der ersten Lockdown-Welle im Frühjahr 2020 halten können. Allerdings war das Volumen der Vertragsverlängerungen im April und Mai niedriger als vorher gedacht.

Steil und sein Finanzchef Stefan Gaiser messen den Geschäftserfolg von TeamViewer vorwiegend an den Billings - zum einen sehen sie damit die aktuelle Nachfrage besser beschrieben, zum anderen stellen sie vom Lizenzverkauf auf das Abomodell um, was den Umsatz zunächst belastet.

Die im vergangenen Jahr mit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie an der Börse zunächst stark goutierte Erfolgsstory von TeamViewer hatte mit dem teuren Marketing-Engagement von TeamViewer im Profisport zuletzt deutliche Risse bekommen. Dass der Konzern für das Sponsoring seine Gewinnprognose im März spürbar senkte, erwischte die Anleger auf dem falschen Fuß. Bis sich die Werbeausgaben auch im Tagesgeschäft merklich auszahlen, dürfte es auch nach Erwartungen des Vorstands noch einige Jahre dauern.

Den vollständigen Bericht zum zweiten Quartal legt TeamViewer am 3. August vor.

TeamViewer sacken nach Zahlen und Ausblick Richtung Ausgabepreis

Schwache Quartalszahlen und vorsichtigere Töne zum Gesamtjahr haben am Donnerstag die Aktien von TeamViewer zum Absturz gebracht. Zum Handelsschluss sackten sie via XETRA um 14,27 Prozent auf 27,69 Euro ab. Damit waren sie weit abgeschlagenes Schlusslicht im Index der mittelgroßen Werte.

Die Papiere des Herstellers von Software für den Fernzugriff auf Computer rissen gleich zum Handelsstart die 21-Tage-Linie bei rund 32 Euro, die am Mittwoch noch eine Unterstützung dargestellt hatte. Auch das Anfang Juni erreichte Zwischentief ließen sie dabei hinter sich und sackten auf das Kursniveau, das sie zuletzt im März 2020 hatten, als der Corona-Börsencrash seinen Höhepunkt erreicht hatte. Inzwischen sind sie nun auch nicht mehr weit entfernt vom Ausgabepreis der Aktien zum Börsengang im September 2019 von 26,25 Euro. Ihr Rekordhoch bei knapp unter 55 Euro ist Geschichte: Es wurde im Juli 2020 erreicht, als TeamViewer noch als einer der großen Corona-Krisengewinner galt.

Im bisherigen Jahresverlauf halten die Anteilsscheine von TeamViewer unter den 60 MDAX-Werten nun die rote Laterne, denn ihr Minus beträgt inzwischen etwas mehr als 36 Prozent. Die MorphoSys-Aktie als zweitschwächster Wert muss aktuell einen Jahresverlust von rund 32 Prozent verkraften. Vor allem die teuren Marketingverträge als Trikotsponsor des englischen Fußballclubs Manchester United und rund um das Mercedes-Formel-1-Team hatten den TeamViewer-Aktienkurs in diesem Jahr belastet. Zudem versilberte der ehemalige Eigentümer, der Finanzinvestor Permira, nach und nach sein Investment, indem er größere Aktienpakete platziert und so seinen Anteil schon deutlich reduziert hat.

Unisono äußerten sich Analysten an diesem Tag vor allem enttäuscht über die Billings, also die in Rechnung gestellten Umsätze der kommenden zwölf Monate. Diese hätten im zweiten Quartal nicht nur die durchschnittliche Markterwartung und seine eigene Schätzung verfehlt, sondern auch die von TeamViewer selbst, schrieb unter anderem Goldman-Analyst Mohammed Moawalla. Die Folge daraus seien ebenfalls verfehlte Schätzungen für den Umsatz und das bereinigte operative Ergebnis.

Zwar sei die Unternehmensdynamik weiterhin stark, doch mit Blick auf die Jahresziele für das Wachstum der Billings ist Moawalla zunehmend vorsichtig gestimmt. Er bleibe unter dem unteren Ende der Unternehmenszielspanne für 2021, betonte er. Denn "das untere Ende impliziert immer noch eine bedeutende Steigerung der Billings, nämlich eine Wachstumsverdoppelung auf etwa 40 Prozent".

UBS-Analyst Hannes Leitner äußerte sich mit Blick auf TeamViewer allgemein vor allem überrascht über die Diskrepanz zwischen den für den Softwareanbieter positiv gestimmten Sell-Side-Experten - etwa Investmentbanken - und den mehrheitlich negativ gestimmten Buy-Side-Experten, also Fonds und andere institutionelle Investoren. Investoren sähen TeamViewers Marktstellung in seinem Kerngeschäft mit Verbrauchern und kleinen bis mittleren Firmenkunden bedroht. Zudem bleibe die Langlebigkeit des Geschäfts mit großen Unternehmenskunden unklar, sobald Belegschaften wieder ins Büro zurückkehrten.

GÖPPINGEN (dpa-AFX)

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