Interesse am Inflationshandel steigt - doch es gibt Risiken
Geldentwertung gehört an den Märkten zu den größten Einflussfaktoren. Im aktuellen Marktumfeld ist Inflationsangst allgegenwärtig. Doch Anleger können das Inflationsrisiko für ihre Anlagen senken und sogar handeln - wenn auch nicht ohne Risiko.
• Inflationshandel lange Zeit kein Thema an der Börse
• Interesse zuletzt deutlich gestiegen
• Eher risikoreiches Investment
Anleger, die Inflation handeln wollen, nutzen den durch Inflation verursachten projizierten Preisanstieg aus. Diese Art des Tradens, die auch Inflationshandel genannt wird, wird in der Regel selten von Privatanlegern sondern von spezialisierten Berufstradern genutzt. Diese kaufen auf Basis der Inflationserwartungen bestimmte Wertpapiere, die voraussichtlich besonders von Inflation betroffen sind, um sich gut positioniert zu haben, wenn die Inflationserwartungen eintreffen. Sie traden also so, dass sie die zu erwartende Inflation ausnutzen.
Inflation lange kein Thema an der Börse
Für lange Zeit lag der Inflationshandel bei Banken und Großinvestoren weitgehend brach. Kurzzeitige Verbraucherpreissprünge, etwa durch saisonale Schwankungen, waren in der Vergangenheit selten ein Grund, sich entsprechend für eine starke Geldentwertung zu positionieren.
Doch die Politik der Notenbanken während der Corona-Pandemie hat dem Inflationshandelsgeschäft wieder Leben eingehaucht. Eine Geldflut der Währungshüter, mit der diese die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie eindämmen wollten, hat für einen Inflationssprung gesorgt. Der Ukraine-Krieg hat die Inflationsentwicklung zusätzlich angeheizt. Wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland aber auch die durch den Angriffskrieg der Russen verstärkten Lieferengpässe sorgten zuletzt für einen kräftigen Preisanstieg bei Rohstoff- und Energiepreisen.
Dies ist nicht nur für Verbraucher ein Problem, auch Unternehmen leiden unter dem Angebotsschock, da ihre Produktionskosten steigen und Preiserhöhungen häufig eine der wenigen Maßnahmen sind, mit denen Unternehmen die Belastungen reduzieren können.
Inflationshandel nimmt wieder Fahrt auf
Handelsexperten für Inflationshandel können unterdessen von der Inflationsdynamik profitieren. Einem Bloomberg-Bericht zufolge habe der größte Inflationsschub seit 10 Jahren allein der US-Bank Goldman Sachs 2021 einen Ertrag von 450 Millionen US-Dollar eingebracht. Die Experten des Finanzhauses hätten dabei insbesondere von der korrekten Vorhersage der europäischen Inflationsentwicklung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie profitiert, so Bloomberg weiter. Auch andere Finanzinstitute hätten durch das Geschäft mit dem Inflationshandel Erträge eingefahren. Unter Berufung auf Vali Analytics heißt es bei Bloomberg, die größten Wall Street-Banken hätten 2021 im diesem Segment 2,3 Milliarden US-Dollar verdient - mehr als doppelt so viel, wie im Jahr 2019.
Immer mehr Anleger wollen sich gegen Inflation absichern oder auf eine Entwicklung der Verbraucherpreise spekulieren. Das mittlere Handelsvolumen mit inflationsgebundenen Staatsanleihen und Derivaten pro Sitzung sei im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent gestiegen, berichtet Bloomberg mit Blick auf Daten von Tradeweb Markets. "Das Interesse an den Inflationsmärkten ist größer als alles, was wir in den letzten 10 Jahren gesehen haben, und wir glauben, dass wir gerade erst am Anfang stehen", zitiert das Portal die ehemalige Inflationstraderin Lindsay Politi. "Die Marktteilnehmer müssen das System, in das wir gelangt sind, erst noch richtig erkennen. Die meisten Marktbeobachter erwarten seit über einem Jahr, dass die Inflation wieder auf ein normales Niveau zurückgeht, und das hat sich nicht bewahrheitet."
Handeln mit Inflationsswaps oder inflationsindexierten Anleihen
Nutzen können Anleger dabei insbesondere so genannte Inflationsswaps. Diese werden an den Terminmarkten gehandelt und sind derart ausgestaltet, dass zukünftige feste Zinszahlungen gegen zukünftige variable Zinszahlungen, die durch die Inflationsrate bestimmt werden, getauscht werden.
Beide Parteien, Emittent und Käufer, vereinbaren den Austausch von Geldströmen auf Basis einer vorab definierten Inflationsrate. Die Vertragspartner wetten also auf die Inflationsrate in der Zukunft, der Käufer zahlt einen fixen Zinssatz und bekommt im Austausch vom Emittenten Zahlungen, die der Entwicklung der vorab definierten Inflationsrate entsprechen. Der Käufer gewinnt die Wette, wenn die tatsächliche Inflation die erwartete Break-even-Inflation übersteigt. Verschätzt sich der Käufer aber und die Inflationsrate liegt schlussendlich unterhalb der prognostizierten Rate, werden Ausgleichszahlungen an den Verkäufer fällig.
Auch inflationsindexierte Anleihen sind eine Möglichkeit, Inflation zu handeln. Mit dieser Art von Finanzprodukten, auch Inflation-Linked Bonds genannt, sichern sich Investoren gegen das Inflationsrisiko ab. Die Herausgeber dieser Produkte sind in der Regel Staaten. Anleihen-Käufer erhalten einen Inflationsaufschlag auf ihre Nominalverzinsung, die allerdings im Vergleich zum normalen Anleihen verhältnismäßig niedrig ausfällt. Steigt die Inflation stark, sind Anleger inflationsindexierter Anleihen im Vorteil, da die Inflation nicht einen Teil ihrer Nominalverzinsung verschlingt.
Inflationshandel nicht ohne Risiko
Der Handel mit Inflationsswaps oder Inflation-Linked Bonds ist allerdings nicht ohne Risiko. Insbesondere dann, wenn sich Anleger bei der Vorhersage der Inflation verschätzen, können Investments in diesem Bereich teuer werden.
Hinzu kommt, dass sich Inflationserwartungen ohnehin selten verlässlich vorhersagen lassen, wie die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine zeigen. Der Angriffskrieg Russlands treibt die Inflation an, ein Umstand, der für viele Anleger im Vorfeld nicht einzupreisen war. Die Faktoren, die sich auf die Preisentwicklungen auswirken, sind vielfältig, zudem ist der Markt für Inflationshandel stark spezialisiert und eher klein, die Liquidität ist eher gering.
Wer im Inflationshandel aktiv werden will, muss sich also der Risiken des Segments bewusst sein.
Redaktion finanzen.net
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