ROUNDUP: Selenskyj will US-Kontrolle über Feuerpause
HELSINKI (dpa-AFX) - Im Krieg mit Russland schließt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine 30-tägige Feuerpause für gegenseitige Angriffe auf Energieanlagen nicht aus, besteht aber auf einer Überwachung durch die USA. Nur die Erklärung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, er habe seinem Militär den Beschuss untersagt, reiche nicht aus. Das sagte Selenskyj in Helsinki nach einem Treffen mit dem finnischen Präsidenten Alexander Stubb.
"Wenn die Russen unsere Anlagen nicht angreifen, dann werden wir definitiv auch ihre Anlagen nicht angreifen", sicherte der ukrainische Staatschef zu. Nach den Erfahrungen von mehr als drei Jahren Krieg sei aber eine Überwachung nötig. "Hauptkontrolleur sollten die USA werden."
Das Moratorium für wechselseitigen Beschuss auf Energieanlagen war das einzige greifbare Ergebnis eines Telefonats zwischen US-Präsident Donald Trump und Putin am Dienstag. Die Umsetzung blieb aber offen, zumal die Ukraine vorab offenbar nicht informiert war. In der Nacht nach dem Telefongespräch überzog Russland die Ukraine mit schweren Drohnenangriffen, die zu Toten, Verletzten und Schäden führten. Die Ukraine schoss ihrerseits ein Öldepot im südrussischen Gebiet Krasnodar in Brand.
Trump und Selenskyj telefonieren
Über das Gespräch mit Putin informierte Trump Selenskyj am Mittwochnachmittag telefonisch, wie das Weiße Haus bestätigte. Es war der erste direkte Gesprächskontakt nach einem Eklat im Weißen Haus Ende Februar, als Trump Selenskyj Undankbarkeit und fehlenden Friedenswillen vorwarf. Die EU wurde nach Angaben der Außenbeauftragten Kaja Kallas bislang nicht über das Telefonat der Präsidenten informiert.
Auf eine 30-tägige umfassende Waffenruhe, wie von Trump gewünscht, hatte Putin sich in dem Gespräch am Dienstag nicht eingelassen. Er machte erneut zur Bedingung, dass dafür ausländische Militärhilfen für die Ukraine gestoppt werden müssten. Selenskyj widersprach dem in Helsinki: "Russland will, dass die Partner uns nicht helfen, denn das schwächt die ukrainischen Positionen."
Selenskyj wiederholte seine Hauptverhandlungslinien. Es gelte, die Souveränität seines Landes zu bewahren, "damit Russland niemals im Leben einen Einfluss auf die Unabhängigkeit der Ukrainer hat". Als Sicherheitsgarantie brauche die Ukraine eine starke Armee, dies sei kein Gegenstand von Diskussionen mit Moskau. Ebenso unverhandelbar seien ökonomischen Sicherheitsgarantien für das osteuropäische Land.
Medienbericht: Putin könnte weitere Gebietsforderungen erheben
Putin dagegen will einem Medienbericht zufolge weitere Gebiete in der Ukraine, beanspruchen, wenn Kiew nicht schnell den bisherigen Forderungen Moskaus zustimmt. Die Ukraine müsse den Verlust der Krim und der Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson anerkennen, soll Putin der Tageszeitung "Kommersant" zufolge bei einem Treffen mit russischen Unternehmern hinter verschlossenen Türen gesagt haben. Tue Kiew dies in nächster Zeit, dann werde Moskau keine Ansprüche auf Odessa und andere Regionen erheben.
Bei einer Sitzung der russischen Sicherheitsorgane sagte der Kremlchef, dass russischen Truppen unmittelbar vor der völligen Rückeroberung der Grenzregion Kursk stünden. "Unsere Truppen haben kürzlich eine Reihe stürmischer und ziemlich verwegener, effektiver Operationen durchgeführt und schließen jetzt die Zerschlagung der gegnerischen Gruppierung im Gebiet Kursk ab", sagte er.
Bei dem ukrainischen Treffer auf ein russisches Öldepot unterstellte das Moskauer Militär Kiew eine Provokation, weil damit Trumps Friedensinitiative untergraben werde. Während Moskau sich daran halte, keine Energieanlagen zu beschießen, tue die Gegenseite das bislang nicht, sagte auch Kremlsprecher Dmitri Peskow. Das russische Verteidigungsministerium nahm für sich in Anspruch, schon begonnene Angriffe auf ukrainische Energieobjekte sofort nach Putins Weisung gestoppt zu haben. Überprüfbar waren diese Angaben nicht.
Moskau und Kiew tauschen Gefangene aus
Unterdessen vollzogen Russland und die Ukraine einen von Putin angekündigten Gefangenenaustausch. 175 russische Soldaten seien aus ukrainischer Gefangenschaft zurückgekehrt, teilte in Moskau das Verteidigungsministerium mit. "Im Gegenzug wurden den ukrainischen Streitkräften 175 Kriegsgefangene übergeben und außerdem, als Geste des guten Willens, 22 schwer verletzte Soldaten, die dringend medizinischer Hilfe bedürfen." Selenskyj bestätigte kurz darauf den Austausch.
Trump-Führung wertet Gespräch mit Putin positiv
Trotz des mageren Ergebnisses beschrieb Trumps Sondergesandter Steve Witkoff dessen Telefonat mit Putin als "episch", "transformativ" und "ergebnisorientiert". Trump und Putin seien "miteinander im Einklang" gewesen. "Ich war stolz, ein Amerikaner zu sein, der dort saß und zuhörte", sagte Witkoff in einem Video, das vom Weißen Haus bei X geteilt wurde.
Trumps Sicherheitsberater Mike Waltz bestritt indes beim Sender Fox News Gerüchte, wonach Putin Trump vor dem Telefonat habe warten lassen. "Völlig falsch, Müll, Fake News", sagte Waltz. Über die Verhandlungen sagte er, es gehe darum, "von einer Seite zur anderen" zu gehen. Man bringe beide Seiten "immer näher zusammen". Die Gespräche über eine Friedenslösung für die Ukraine sollen am Wochenende in Saudi-Arabien fortgesetzt werden./ast/DP/nas