ROUNDUP 2: Baywa muss kleiner werden und streicht 1300 Stellen

04.12.24 18:35 Uhr

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(Neu: Im ersten und im dritten Absatz wurde die Reaktion der Gewerkschaft Verdi ergänzt)

MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der in einer tiefen Krise steckende Münchner Mischkonzern BayWa will im Zuge seiner Sanierung 1300 Stellen abbauen. Das soll hauptsächlich die zentrale Verwaltung treffen, die damit rund 40 Prozent ihrer Stellen verlieren soll, wie das Unternehmen mitteilte. Von den gut 400 Standorten sollen 26 geschlossen, das Auslandsgeschäft durch Verkäufe "wesentlicher internationaler Beteiligungen" geschrumpft werden. Das Sanierungsgutachten hat die Unternehmensberatung Roland Berger ausgearbeitet. Zieldatum für den Abschluss der Sanierung ist Ende 2027. Die Gewerkschaft Verdi will den Stellenabbau nicht kampflos hinnehmen.

Sechzehn Prozent der Belegschaft getroffen

Die Baywa ist unter anderem der größte deutsche Agrarhändler, der Konzern spielt eine bedeutende Rolle für Landwirtschaft und Lebensmittelversorgung im Süden und Osten Deutschlands. Auf dem Konzern lasten Schulden in Milliardenhöhe, Erblast einer rapiden Expansion auf Pump im vergangenen Jahrzehnt. Von den 8000 Vollzeitstellen in der Muttergesellschaft Baywa AG sollen 6700 erhalten bleiben. Rechnerisch bedeutet dies, dass das Unternehmen über 16 Prozent der Belegschaft abbauen will. Die Gespräche mit dem Gesamtbetriebsrat haben laut Unternehmen begonnen, der Vorstand hofft auf eine Einigung bis Ende März 2025.

Verdi fordert Verzicht auf großen Stellenabbau

Die Gewerkschaft Verdi forderte den Verzicht auf einen Kahlschlag beim Personal. Die Sanierung solle "vollständig auf dem Rücken der Beschäftigten" ausgetragen werden, kritisierte Thomas Gürlebeck, Vizebereichsleiter für den Handel bei Verdi Bayern. Die Gewerkschaft werde gemeinsam mit der Belegschaft um jeden Arbeitsplatz kämpfen. "Der größenwahnsinnige Expansionskurs der BayWa-Manager und der damit verbundene zu hohe Verschuldungsgrad ist allein verantwortlich für die Finanzkrise der BayWa AG."

Auch international wird die Baywa schrumpfen

Weltweit beschäftigte der Baywa-Konzern inklusive seiner Tochtergesellschaften Ende 2023 gut 23.000 Menschen. Die internationale Belegschaft wird wegen der geplanten Verkäufe von Konzernteilen ebenfalls schrumpfen. Welche "wesentlichen" Beteiligungen zum Verkauf stehen, teilte der Vorstand nicht mit. Die wichtigsten Beteiligungen sind die auf Planung und Bau von Ökostromkraftwerken spezialisierte Baywa r.e., der neuseeländische Apfelproduzent Turners & Growers, die niederländische Agrarhandelsgesellschaft Cefetra sowie ein Anteil an der österreichischen Raiffeisen Ware Austria. Insgesamt hat die heute in knapp 60 Ländern vertretene Baywa mehrere hundert Tochtergesellschaften und Beteiligungen, wie dem Geschäftsbericht zu entnehmen.

Erbe des früheren Konzernchefs

Faktisch läuft das Sanierungsprogramm darauf hinaus, dass die aus der Genossenschaftsbewegung hervorgegangene Baywa die kreditfinanzierte Expansion weitgehend rückabwickeln wird, die der langjährige Vorstandschef Klaus Josef Lutz im vergangenen Jahrzehnt orchestrierte. Der heutige Präsident des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK) setzte gegen beträchtliche Widerstände in dem konservativen Unternehmen den Einstieg in das Geschäft mit erneuerbaren Energien durch. Auf den Erwerb der Beteiligungen an Cefetra und Turners & Growers war Lutz immer stolz.

Schuldenberg

Lutz lenkte die Baywa von 2008 bis 2023. Die kurz- und langfristigen Finanzschulden summierten sich schließlich auf über 5 Milliarden Euro, davon etwa die Hälfte kurzfristig - also innerhalb eines Jahres fällig. Der von Lutz und seinen Vorstandskollegen offenkundig nicht einkalkulierte rapide Anstieg der Kreditzinsen in den vergangenen beiden Jahren brachte die Baywa in Schieflage: Die Zinszahlungen an die Banken verdreifachten sich von 2021 bis 2023 auf 362 Millionen Euro, deswegen schrieb der Konzern im vergangenen Jahr erstmals Verlust.

Die schlechte Weltkonjunktur traf die Baywa zusätzlich, allein in den ersten neun Monaten dieses Jahres vervielfachte sich der Nettoverlust auf gut 640 Millionen Euro. Die geplanten Verkäufe sollen den Schuldenberg verkleinern und den finanziellen Spielraum im täglichen Geschäft wieder vergrößern./cho/DP/mis

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