Robuster Auftakt

Siemens-Aktie legt kräftig zu: Siemens liegt zum Jahresauftakt über den Erwartungen

10.02.22 17:54 Uhr

Siemens-Aktie legt kräftig zu: Siemens liegt zum Jahresauftakt über den Erwartungen | finanzen.net

Der Technologiekonzern Siemens hat einen robusten Jahresauftakt verzeichnet.

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Kunden zogen angesichts der aktuellen Lieferengpässe sowie in Erwartung steigender Preise ihre Bestellungen vor, wie Siemens am Donnerstag im Vorfeld der Hauptversammlung mitteilte. "Wir haben in allen Geschäften Rekordwerte erreicht, und Siemens Healthineers liegt nur knapp unter dem bisherigen Rekordquartal", kommentierte Konzernchef Roland Busch die Lage.

Siemens rage mit den Zahlen im ersten Geschäftsquartal im Kapitalgütersektor heraus, schrieb Analyst Andreas Willi von der US-Bank JPMorgan in einer ersten Reaktion. Die Aufträge hätten die Markterwartung um gut ein Drittel übertroffen, im Digitalgeschäft sogar um gut zwei Drittel. Damit setzten sich die Münchener von der Konkurrenz nach oben ab, urteilte der Branchenkenner.

Das Neugeschäft erhöhte sich per Ende Dezember um 52 Prozent auf 24,2 Milliarden Euro. Auf vergleichbarer Basis, sprich bereinigt um Währungseffekte sowie Zu- und Verkäufe, lag das Plus bei 42 Prozent. Das war erheblich mehr als von Analysten erwartet. Dabei stachen die Digitalsparte und das Geschäft mit intelligenter Infrastruktur hervor. Die Zugsparte profitierte zudem von einigen Großaufträgen. Auch bei der börsennotierten Medizintechniktochter Healthineers entwickelte sich die Auftragslage robust.

"Der Einfluss der Pandemie, steigende Kosten, angespannte Lieferketten und Teilemangel begleiten uns weiter", sagte Busch während einer Telefonkonferenz. Sehr volatil sei die Lage bei elektronischen Komponenten. "Die Knappheit bei einigen Bauteilen wird wohl bis ins Geschäftsjahr 2023 anhalten", so der Manager. "In Teilen unseres Portfolios haben wir längere Lieferzeiten als üblich." Daher hätten die Kunden etwa im Automatisierungsgeschäft außergewöhnlich viele Bestellungen vorgezogen. Die Abarbeitung werde sich "über einige Quartale" erstrecken. Dass Kunden einen Teil der Bestellungen wieder stornieren könnten, befürchtet das Management nicht. Jedoch dürfte sich die Nachfrage in absehbarer Zeit wieder normalisieren.

Auch die restlichen Kennziffern des Konzerns fielen besser aus als gedacht. So stiegen die Erlöse um 17 Prozent auf 16,5 Milliarden Euro. Auf vergleichbarer Basis betrug das Wachstum neun Prozent. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebita) erhöhte sich um 12 Prozent auf rund 2,5 Milliarden Euro. Stark entwickelten sich dabei die Digitalsparte, Smart Infrastructure sowie Healthineers. Nach Steuern stieg der Gewinn um ein Fünftel auf knapp 1,8 Milliarden Euro.

Die Jahresprognose bestätigte Siemens. Das Management erwartet bislang für das Geschäftsjahr 2021/22 einen Anstieg des Umsatzes auf vergleichbarer Basis im mittleren einstelligen Prozentbereich. Im Vorjahr hatte der Konzern hier 11,5 Prozent Wachstum auf 62,3 Milliarden Euro erzielt. Die drei Kernbereiche Digital Industries, Smart Infrastructure sowie Mobility sollen dabei jeweils um 5 bis 8 Prozent zulegen. Der Gewinn je Aktie (EPS) soll bereinigt um bestimmte Kaufpreiseffekte von 8,32 Euro im Vorjahr auf 8,70 bis 9,10 Euro steigen. "Wir sehen Potenzial, das obere Ende unseres EPS-Zielkorridors zu erreichen oder sogar zu überschreiten", zeigte sich Thomas zuversichtlich.

Weitere Anpassungen des Geschäftsportfolios wie etwa Verkäufe von Randbereichen oder Ausgliederungen sollen zum Gewinn nach Steuern mit etwa 1,5 Milliarden Euro soviel beitragen wie im Vorjahr. Nach dem Verkauf des Verkehrstechnikgeschäft Yunex meldete Siemens am Vorabend auch Vollzug bei dem Post- und Paketgeschäft sowie dem Ausstieg aus dem Valeo-Gemeinschaftsunternehmen. Der Verkauf des Post- und Paketgeschäfts für 1,15 Milliarden Euro soll im laufenden Kalenderjahr abgeschlossen werden - und fällt damit abhängig von regulatorischen Prozessen wie etwa behördlicher Genehmigungen womöglich erst in das neue Geschäftsjahr 2022/23.

Siemens-Finanzchef hält Prognoseanhebung für möglich

Siemens-Finanzvorstand Ralf Thomas hat die Möglichkeit einer Prognoseerhöhung im Frühjahr angedeutet. "Wir sehen Potenzial, das obere Ende unseres EPS-Zielkorridors zu erreichen oder sogar zu überschreiten", sagte er in der Telefonpressekonferenz zu den Erstquartalszahlen laut Redetext. Der Ausblick werde zur Veröffentlichung der Halbjahreszahlen aktualisiert, "wenn wir insbesondere über Zeithorizont und Ergebnis der Portfoliothemen einen besseren Überblick haben".

Am Abend hatte Siemens bekannt gegeben, das Geschäft mit Brief- und Paket-Sortieranlagen für 1,15 Milliarden Euro an den Maschinenbauer Körber abzugeben. Aus dem Verkauf werde ein Gewinn von 800 Millionen bis 1 Milliarde Euro erwachsen, erläuterte Vorstandschef Roland Busch jetzt.

Unklar ist derzeit, wann genau der Verkauf vollzogen wird und dieser Gewinn verbucht werden kann. Denn gegenwärtig läuft noch die dafür nötige Aufspaltung der Logistiksparte. Die Flughafen-Logistik ist nicht Teil des Deals mit Körber.

Laut Busch soll der Verkauf in diesem Kalenderjahr umgesetzt werden. Das aktuelle Geschäftsjahr von Siemens endet bereits am 30. September.

Nach der aktuellen Prognose soll der Gewinn je Aktie von zuletzt 8,32 Euro auf 8,70 bis 9,10 Euro zulegen.

Siemens richtet sich auf langsameren Ausstieg bei Siemens Energy ein

Siemens wird den ursprünglichen Fahrplan zur Reduzierung seiner Beteiligung am ausgegliederten Energietechnik-Geschäft wohl nicht einhalten können. "Es ist weiter unsere klare Absicht, den Anteil an Siemens Energy zu reduzieren", äußerte Vorstandschef Roland Busch in einer Telefonkonferenz. Mit Blick auf das Timing des Abbaus werde es jedoch "eine umsichtige Entscheidung" im Sinne der Aktionäre geben.

Zum Börstenstart von Siemens Energy hatte der frühere Mutterkonzern erklärt, er wolle binnen zwölf bis 18 Monaten seinen Anteil von 35 Prozent in Richtung von 25 Prozent abschmelzen. Gegenwärtig ist der Energy-Aktienkurs wegen der Probleme von Siemens mit ihrer Windkrafttochter Gamesa aber dafür zu niedrig.

Der Siemens-Chef ist nach eigenem Bekunden "nicht zufrieden mit der operativen Leistung bei Siemens Gamesa", die Siemens Energy zuletzt wieder in die Verlustzone gebracht hatte. Die Berufung von Jochen Eickholt zum Vorstandschef von Siemens Gamesa nannte Busch "einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung". Er glaube weiter, dass Siemens Energy Potenzial zur Wertsteigerung habe.

Auf weitere Unterstützung durch den einstigen Mutterkonzern bei einer etwaigen Komplettübernahme von Siemens Gamesa kann Siemens Energy allerdings nicht hoffen. An einer Kapitalerhöhung zur Finanzierung würde sich Siemens nicht beteiligen. Das habe man klar kommuniziert, sagte Busch auf Nachfrage.

Siemens Energy hält derzeit 67 Prozent der Anteile an der spanischen Windkrafttochter. Die ist weiter in Spanien börsennotiert, so dass Energy-Vorstandschef Christian Bruch die vollen Durchgriffsrechte fehlen. Um das zu ändern, müsste Energy die restlichen Aktien kaufen. Gegenwärtig haben die einen Wert von unter 4 Milliarden Euro. Bruch wollte allerdings am Mittwoch nicht kommentieren, ob gegenwärtig an einer solchen Lösung gearbeitet wird.

Siemens-Beschäftigte protestieren in Berlin gegen Ausgliederung

Zur Hauptversammlung des Siemens-Konzerns haben Beschäftigte in Berlin und Nürnberg gegen die geplante Ausgliederung der Großmotorenproduktion LDA protestiert. Auf der Nürnberger Siemensbrücke und vor dem Dynamowerk des Konzerns in der Berliner Siemensstadt kamen mehrere hundert Mitarbeiter zusammen, wie die Gewerkschaft IG Metall mitteilte.

"Bei den ökologischen Herausforderungen, vor denen wir heute stehen, brauchen wir Alternativen zu den Antriebstechnologien", betonte die Zweite Bevollmächtigte des Bezirks Berlin, Regina Katerndahl. "Diese können und sollten wir vor Ort entwickeln und mit der Digitalisierung verknüpfen. Deshalb machen die Abspaltung und der mögliche Verkauf des Dynamowerks keinen Sinn."

Roland Wehrer, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Nürnberg warf Siemens vor, mit der Ausgliederung in der Nürnberger Südstadt zu zündeln. "Eine gut funktionierende Fabrik soll mutwillig in kleine Teile zerschlagen werden", kritisierte er. Damit sei nicht nur das Überleben der LDA, sondern auch anderer Bereiche am Standort gefährdet.

Siemens hatte im vergangenen Oktober angekündigt, sein Geschäft mit großen Motoren rechtlich auf eigene Füße stellen zu wollen. Die Sparte Large Drive Applications (LDA) hat ihren Hauptsitz in Nürnberg, beschäftigt dort und in Berlin rund 2200 Mitarbeiter sowie in Tschechien, den USA und China weitere 4800. Hauptprodukt sind große Motoren für den Bergbau, die Chemie-, Öl- und Gasindustrie.

Deutsche Bank belässt Siemens auf "Buy" - Ziel 185 Euro

Die Deutsche Bank hat die Einstufung für Siemens auf "Buy" mit einem Kursziel von 185 Euro belassen. Analyst Gael de-Bray lobte in einer am Donnerstag vorliegenden Studie die außerordentlich starken Auftragseingänge des Industriekonzern in der Sparte Digital Industries. Insgesamt sei das Abschneiden im ersten Geschäftsquartal sehr stark. Der Jahresausblick bleibe zwar unverändert, die starke Auftragslage lasse aber auf eine baldige Anpassung der Prognose hoffen.

Siemens brechen Abwärtstrend nach starken Auftragszahlen

Nach gut aufgenommenen Quartalszahlen haben die Papiere von Siemens am Donnerstag ihren seit Januar laufenden Abwärtstrend verlassen und kräftig zugelegt. Die Titel des Industriegüter- und Technologiekonzerns gewannen bis zum Handelsende via XETRA 4,72 Prozent auf 144,68 Euro.

Nachdem der Kurs erst am vergangenen Freitag auf ein Tief seit August 2021 gesunken war und die Papiere damit innerhalb von fünf Wochen rund 16 Prozent eingebüßt hatten, folgte in dieser Woche eine Erholung. Der Abwärtstrend wurde gestoppt, die Trendwende aber erfolgte erst mit dem aktuellen Kurssprung am Donnerstag.

Siemens rage mit den Zahlen im ersten Geschäftsquartal im Investitionsgütersektor heraus, schrieb Analyst Andreas Willi von der US-Bank JPMorgan in einer ersten Einschätzung. Die Aufträge hätten die Markterwartung um gut ein Drittel übertroffen, im Digitalgeschäft sogar um gut zwei Drittel. Damit setzten sich die Münchener von der Konkurrenz ab.

Angesichts der aktuellen Lieferengpässe sowie in Erwartung steigender Preise zogen die Kunden ihre Bestellungen vor, wie Siemens mitteilte. "Wir haben in allen Geschäften Rekordwerte erreicht, und Siemens Healthineers liegt nur knapp unter dem bisherigen Rekordquartal", kommentierte Konzernchef Roland Busch die Lage.

Siemens habe im ersten Geschäftsquartal eines der bislang besten Zahlenwerke der Branche vorgelegt, lobte Analystin Daniela Costa von Goldman Sachs. Analyst Lars Brorson von der britischen Bank Barclays hält es für wahrscheinlich, dass der aktuell unveränderte Jahresausblick im Verlauf noch angehoben wird. Diese Meinung vertritt auch Experte Gael de-Bray von der Deutschen Bank: Die starke Auftragslage lasse auf eine baldige Anpassung der Prognose hoffen.

MÜNCHEN / FRANKFURT / BERLIN / NÜRNBERG (dpa-AFX / Dow Jones Newswires)

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Bildquellen: MICHELE TANTUSSI/AFP//Getty Images, AR Pictures / Shutterstock.com

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