VW kürzt Betriebsrats-Gehälter nach Untreue-Verdacht gegen Manager
Volkswagen zieht nach einem Untreue-Verdacht gegen Top-Manager wegen zu hoher Zahlungen an Betriebsräte Konsequenzen und deckelt vorerst die Gehälter führender Belegschaftsvertreter.
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Die Konzernspitze will damit angesichts strafrechtlicher Ermittlungen auf Nummer sicher gehen und ihr Leitungspersonal vor Risiken schützen.
Konkret bedeutet dies, dass 14 langjährige Betriebsratsmitglieder inklusive ihrem Chef Bernd Osterloh erst einmal zum Teil deutlich weniger verdienen. Osterloh verlangte wegen einer unklaren Rechtslage eine gesetzliche Neuregelung. Auch das Land Niedersachsen als zweitgrößter Anteilseigner von VW und die IG Metall, die ebenfalls im Aufsichtsrat sitzt, forderten prinzipielle Änderungen.
"Wir bedauern, dass Mitglieder unseres Betriebsrats und Vertreter des Unternehmens dieser Situation ausgesetzt sind", sagte VW-Chef Matthias Müller am Freitag in Wolfsburg laut Mitteilung. Volkswagen zahle einem kleinen Kreis von Betriebsräten vorläufig nur noch eine Vergütung bis zur obersten tariflichen Stufe. Die betroffenen Betriebsräte wurden bisher über Tarif bezahlt. Auch jährliche Boni liegen auf Eis. Die Regelung gilt rückwirkend zum 1. Dezember.
Osterlohs Jahres-Grundgehalt betrug nach eigenen Aussagen bislang rund 200 000 Euro - nach der Deckelung sind es etwa 96 000 Euro. In der Spitze habe es, abhängig vom VW-Erfolg mit Bonuszahlungen, einmal bei 750 000 Euro gelegen. Der 61-Jährige steht seit 2005 an der Spitze des Betriebsrats und ist eine der einflussreichsten Personen in dem Autokonzern. Osterloh wurde bisher vergleichbar mit einem Bereichsleiter bei Volkswagen bezahlt, also einem Mitglied der mittleren Führungsebene unterhalb der Marken- und Konzernvorstände.
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt seit Mai wegen des Anfangsverdachts der Untreue bei Zahlungen an Betriebsräte gegen VW-Manager. Mitte November durchsuchten auch Steuerfahnder Büros der Führungsspitze. Die Ermittlungen richten sich nicht gegen Osterloh.
VW erklärte, man habe sich entschlossen, diese "für alle Beteiligten belastende Situation" schnellstmöglich zu klären. "Wir danken den Betriebsräten ausdrücklich, dass sie diesen Schritt mittragen", sagte Müller. Mehr als 90 Prozent der Betriebsratsmitglieder der Volkswagen AG würden nach Tarif bezahlt und seien damit von den Kürzungen nicht betroffen. VW habe die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern festgelegt und halte diese unverändert für rechtskonform.
Das Betriebsverfassungsgesetz lasse indes in Bezug auf die Entgelt-Festsetzung von Betriebsräten wichtige Fragen unbeantwortet. Müller kündigte an, mit Nachdruck eine "proaktive" rechtliche Klärung anzustreben. Ein Sprecher sagte, dies könne etwa ein Schiedsverfahren mit einem externen und unabhängigen "Schiedsrichter" sein.
Im Gesetz heißt es sinngemäß, dass Mitglieder von Betriebsräten nicht weniger verdienen dürfen als vergleichbare Mitarbeiter mit einer für den Betrieb üblichen Entwicklung. Das Problem aber ist, dass Firmen bei freigestellten Betriebsräten - zumal wenn sie diese Tätigkeit lange ausüben - "hypothetische Karriereverläufe" feststellen müssen. Außerdem fehlen höchstrichterliche Entscheidungen zu dieser Frage.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) - er vertritt mit dem Land den nach der Porsche-Holding zweitgrößten VW-Eigentümer - betonte, dass auch aus seiner Sicht klarere Regeln nötig sind. "Ich teile die weit verbreitete Einschätzung, dass die Regelungen zur "Vergütung" von Betriebsräten im Betriebsverfassungsgesetz zu überarbeiten und zu konkretisieren sind." Er sprach sich für eine Neufassung aus. Osterloh und die anderen Betriebsratsmitglieder leisteten im Übrigen "gute und hoch verantwortliche Arbeit".
Ähnlich äußerte sich die IG Metall. "Was bei Volkswagen geschieht, macht nochmals deutlich, wie dringend eine Reform der Regeln zur Betriebsrätevergütung ist", sagte Gewerkschaftschef Jörg Hofmann. "Wir brauchen Transparenz, Kontrolle und klare Regeln für die Höhe und Zusammensetzung der Entgelte der Betriebsräte. Hier ist der Gesetzgeber gefordert." Bei VW habe der Vorstand "angesichts der staatsanwaltlichen Untersuchungen offensichtlich feuchte Hände bekommen" und versuche, das Problem auf die Betriebsräte abzuwälzen. "Wer Millionengehälter verdient, muss Verantwortung übernehmen - auch für eine korrekte Bezahlung der Betriebsräte im Unternehmen."
Der VW-Konzernbetriebsrat erklärte, der Schritt des Vorstands sei nötig, um eine rasche arbeitsrechtliche Klärung vorantreiben zu können. "Die Entscheidung minimiert strafrechtliche Risiken für die verantwortlichen Manager." Betroffen seien mit 14 Zurückgestuften rund 5 Prozent der insgesamt 262 Betriebsräte der Volkswagen AG. Die Entgelteinbußen seien teils erheblich. Aus Sicht des Betriebsrats steht das festgelegte Gehalt etwa Osterlohs im Einklang mit rechtlichen Vorgaben. Dies werde durch externe Gutachten bestätigt.
Osterloh äußerte auf der Internetseite "IG Metall bei Volkswagen" Kritik: "Ich denke, dass hier jetzt nach der jüngsten Aktion der Braunschweiger Staatsanwaltschaft einige im Unternehmen auf 110 Prozent sicher gehen wollen. Deshalb gibt man strafrechtlichen Befürchtungen eine höhere Priorität als arbeitsrechtlichen Würdigungen, die von anerkannten Experten stammen."/hoe/DP/jha
WOLFSBURG (dpa-AFX)
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