Schuldenerlass für Italien - Kein Widerstand aus Berlin
Am 4. März stehen in Italien Neuwahlen an. Am 28. Dezember vergangenen Jahres hatte Staatspräsident Sergio Mattarella das Parlament aufgelöst und damit den offiziellen Startschuss für den Wahlkampf gegeben.
Beppo Grillo, Spitzenkandidat der 5-Sterne-Bewegung, hat schon offen eine "Restrukturierung" der Schulden gefordert. "Restrukturierung" heißt Schuldenerlass in der einen oder anderen Form. Die Europäische Zentralbank (welche Nationalität hatte doch gleich ihr Präsident?), würde Staatsanleihen der Südländer aufkaufen und dann die Schulden abschreiben.
Doch ganz gleich ob Grillo oder Berlusconi oder ein anderer Kandidat: Ob eine der antretenden Politiker die akute Schuldenkrise des Landes lösen können wird, ist mehr als fraglich. Ein Blick in die Wahlprogramme zeigt: Sparen will trotz Rekordverschuldung niemand.
Ein radikaler Schnitt gar erscheint unmöglich
Mindestens 400 Milliarden Euro stehen auf dem Spiel. Auf diese Zahl beziffert sich das aktuelle Target-2-Saldo, das bei einem Italexit, einem Austritt Italiens aus der Eurozone, ausgeglichen werden müsste. Zu einem großen Teil verstecken sich hier Forderungen der Deutschen Bundesbank und letztlich abermals das Geld der deutschen Steuerzahler. Hinzu kommen die Staatsanleihen, die die Europäische Zentralbank zur Stützung der europäischen Währung nicht müde wird aufzukaufen.
Während sich Großbanken, Hedgefonds und Privatinvestoren mehr und mehr aus dem Markt für italienische Staatsschulden zurückziehen, wird die EZB allmählich zum wichtigsten Käufer der Wertpapiere. Allein im 4. Quartal 2017 verkauften italienische Banken staatliche Schuldpapiere im Volumen von 40 Milliarden Euro an die EZB - 10,5 Prozent des gesamten ausstehenden Bestandes. "Auch mit Blick auf die vergangenen Jahre sind die Bewegungen in den vergangenen Monaten beispiellos", wird ein Analyst der Investmentbank Jefferies auf der Nachrichtenseite Zero Hedge zitiert. Zum Vergleich: Seit Start des Anleihenkaufprogramms der EZB im März 2015 bis heute hat sie italienische Anleihen im Wert von 100 Milliarden Euro gekauft.
Beim World Economic Forum in Davos im Januar warnte Italiens noch amtierender Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan ausdrücklich davor, den Geldhahn zuzudrehen. "Wenn die Banken nicht weiter entlastet werden, wird das kontraproduktiv sein und die Banken nicht gesünder, sondern weniger gesund machen", sagte Padoan gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Und gegenüber "Deutsche Welle" spielte er am gestrigen Montag das Thema noch weiter herunter, sprach von einigen wenigen "Non-Performing Loans". Und: "Das Wachstum ist zurück." Reine Augenwischerei.
Widerstand aus Deutschland ist nicht zu erwarten
Nicht mit dieser Kanzlerin. Und auch nicht mit diesem Finanzminister. Im Gegenteil: Wahrscheinlich wäre es Merkel & Co. sogar sehr recht, wenn ein Schuldenerlass für Italien schnell, heimlich, still und leise über die Bühne ginge. Die Mehrheit der Menschen würde es im Detail sowieso nicht verstehen. Schon jetzt ist die EZB so gut wie der einzige Käufer italienischer Staatsanleihen. Man muss sich das mal vorstellen: Europas drittgrößte Wirtschaft am Tropf der Europäischen Zentralbank. Zwar will die EZB weniger Anleihen kaufen ("Tapering"), aber irgendetwas wird ihr schon einfallen.
Der Hedgefonds Bridgewater wettet daher massiv gegen europäische Aktien, vor allem italienische Banken und Unternehmen. Aber auch Siemens findet sich auf der Liste der Short-Positionen. Die Summe der Short- Positionen stieg von 700 Millionen im Oktober 2017 auf aktuell 2,3 Milliarden Euro.
Die Sollbruchstellen im System nehmen zu
Nun sind wir keine Long-Short-Investoren, die teure Wertpapiere leer verkaufen und billige kaufen, sondern wir arbeiten "long-only": Wir kaufen ausschließlich Wertpapiere, bei denen das Chance-Risikoverhältnis stimmt und von denen wir uns eine angemessene Rendite versprechen. Wenn es auch kurzfristig manchmal an den Nerven zerrt, so ist es doch für Privatanleger die bessere, wahrscheinlich sogar die einzig mögliche Strategie, Vermögen zu vermehren.
Angesichts zunehmender Risikofaktoren können wir die Aktienquote insgesamt reduzieren. Zudem haben wir uns in den letzten Monaten auch in Nischen getummelt, in denen die Bewertungen sowieso schon heruntergeprügelt waren. Nischen, die sozusagen einen großen Kollaps schon vorweggenommen haben. Solche Nischen gibt es immer wieder. Vor zweieinhalb Jahren waren es die Goldminen und die Rohstoffe. In den letzten Monaten der US-Einzelhandel.
Mit den richtig gewählten Investments lässt sich auch angesichts drohender Marktkorrekturen Geld verdienen.
Von Prof. Dr. Max Otte
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Max Otte berät, beziehungsweise Unternehmen, an denen Max Otte beteiligt ist, beraten den PI Global Value Fund (WKN: A0NE9G) und den Max Otte Vermögensbildungsfonds (WKN: A1J3AM). Diese beiden Fonds könnten Positionen in Titeln halten, die in dieser Kolumne genannt sind. Für den Fall, dass Leser dieser Kolumne Positionen in einen genannten Titel in einem Umfang erwerben, der dazu geeignet ist, den Preis des Titels zu beeinflussen, könnte der Verfasser dieser Kolumne und / oder einer beziehungsweise beide die Fonds im Falle der Veräusserung des Titels aus deren Portfolio nach einem solchen Kursanstieg vom Erwerb des Titels durch die Leser der Kolumne profitieren. Auch im Falle eines Verkaufs in einem entsprechenden Umfang durch Leser der Kolumne könnte der Verfasser dieser Kolumne und / oder einer beziehungsweise beide Fonds von fallenden Kursen durch günstigere Einstiegskurse im Falle eines späteren Kursanstiegs profitieren.
Prof. Dr. Max Otte ist Herausgeber des PRIVATINVESTOR (www.privatinvestor.de) und Gründer der IFVE Institut für Vermögensentwicklung GmbH. Das Institut analysiert nach der von ihm entwickelten Strategie der Königsanalyse © börsennotierte Unternehmen und setzt sich dafür ein, mit transparenten Informationen Privatanleger bei der Entwicklung nachhaltiger und langfristig ausgerichteter Aktienstrategien zu unterstützen. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.