Dividendenaristokraten finden und bewerten - Diese Fragen sollten Sie vor jedem Investment stellen
Wir Anleger können Rendite in zweierlei Weise erwirtschaften: erstens als laufende Rendite - also zum Beispiel die Sparzinsen oder Dividenden bei Aktien - und zweitens als Kurs- oder Wertsteigerung beim Verkauf.
In vielen Produkten der Finanzbranche (geschlossene Fonds, Rentenprodukte) werden Sie, liebe Leser, auf das Laufzeitende oder einen späteren Zeitpunkt vertröstet. Etliche sogenannte Investments fressen laufend Geld, zum Beispiel das eigengenutzte Haus. Ich jedoch bevorzuge Kapitalanlagen, die auch laufende Renditen abwerfen, also Aktien (Dividenden) oder vermietete Immobilien (Miete).
Schauen wir uns einmal die Rendite von Aktien genauer an.
Der DAX-Index bildet den Kursverlauf zuzüglich Dividende der dreißig größten deutschen Unternehmen ab. Er ist damit ein sogenannter Performance-Index, im Gegensatz zu einem sogenannten Kurs-Index, der die Dividenden ausklammert. Der DAX wurde im Jahr 2015 fünfzig Jahre alt.
Welche Rendite ist realistisch?
Die durchschnittliche Rendite der Aktienmärkte von 8 bis 8,5 Prozent ist sicher die Obergrenze. Anleihen sind sicherer als Aktien und müssen keine ganz so hohe Rendite abwerfen wie Aktien, deren Zahlungsströme stark schwanken können. Zusätzlich orientieren wir uns an der aktuellen Dividendenrendite des DAX von 3 Prozent. Das ist die Rendite, die Sie jährlich alleine aus Dividendenzahlungen erhalten, wenn Sie die Aktien des DAX halten. Anleihen zum langfristigen Vermögensaufbau sollten eigentlich eine höhere Rendite als die Dividendenrendite bieten.
Was glauben Sie, welche Rendite der DAX jährlich im Durchschnitt gebracht hat?
7,8 Prozent. Auf den ersten Blick keine umwerfende Zahl. Wer jedoch Ende 1965 Aktien im Wert von 1.000 Euro kaufte und sie bis Ende 2015 hielt, machte aus 1.000 Euro rund 42.750 Euro. Ein Plus von 4.175 Prozent. Also: Eine langfristige Kapitalanlage mit Aktien kann sich lohnen.
Das Paradebeispiel BMW
Die Stammaktie von BMW stand Ende des Jahres 1995 bei 11,64 Euro und wurde zwanzig Jahre später bei 97,63 Euro gehandelt. Der Aktienkurs hat sich in zwanzig Jahren mehr als versiebenfacht. Dies entspricht einer jährlichen Zuwachsrate von 11,8 Prozent. Nicht schlecht - die Magie der Zinseszinsen ist am Werk.
Angenommen, Sie hätten im Jahr 1995 rund 1.000 Euro in BMW angelegt, hätten Sie Ende 2015 rund 8.390 Euro, ohne die laufenden Dividendenzahlungen zu berücksichtigen. Diese lagen meistens zwischen ein und drei Prozent, sodass Sie mit BMW auf eine Rendite von 13 bis 14 Prozent gekommen wären.
Bedenken Sie auch, dass in diese Phase mehrere Krisen wie die Finanzkrise, Russlandkrise und Internetblase fielen. Zum Beispiel in der Finanzkrise brach der Gewinn von 3,1 Milliarden Euro auf rund 0,3 Milliarden Euro ein. Es war Geduld von Mitte 2007 bis Ende 2010 gefragt, bis die Höchststände wieder erreicht waren.
Doch die BMWs dieser Welt sind selten…
Welche Aktien sind die richtigen?
Mit dieser Frage sind wir schon am entscheidenden Punkt der Diskussion. Denn Aktien zu finden, die sich langfristig besser entwickeln als der Gesamtmarkt, ist weitaus schwerer, als es viele Ratgeber und selbsternannte Experten zu suggerieren versuchen. Unternehmen wie BMW sind leider sehr selten.
Dies belegt besonders eindrucksvoll eine Analyse der Einzelperformance von über 8.054 US-amerikanischen Aktien, die die Vermögensverwaltungsgesellschaft Blackstar Funds im Jahr 2008 durchgeführt hat. Ihre Messung erfolgte dabei inklusive reinvestierter Dividenden und umfasste den Zeitraum zwischen den Jahren 1983 und 2007.
Demnach rentierten 39 Prozent der Papiere in diesem Zeitraum negativ. Die Hälfte von ihnen, d.h. knapp 20 Prozent aller Aktien, verlor sogar mindestens 75 Prozent ihres Wertes. Fast zwei Drittel der Aktien schaffte es dabei nicht, den Vergleichsindex Russell 3000, welcher die 3000 Unternehmen mit der höchsten Marktkapitalisierung in den USA umfasst, zu schlagen. Und lediglich 20 Prozent der Papiere performten in den untersuchten 24 Jahren mit einem Plus von mindestens 300 Prozent signifikant überdurchschnittlich.
Genau diese Minderheit, also lediglich eine von fünf Aktien, war damit für den Großteil der Gesamtmarktrendite verantwortlich.
Wie finden wir diese kleine Minderheit der Superperfomer?
Einer der wichtigen Indikatoren bei der Aktienauswahl ist die Dividendenausschüttung. Dabei gilt es eine Reihe von wichtigen technischen Aspekten zu beachten.
Wie oft wird Dividende bezahlt?
In Deutschland ist ein jährlicher Turnus üblich. In den USA wird meist alle 3 Monate ausgeschüttet. Allerdings gibt es auch Gesellschaften, die monatlich oder halbjährlich ausschütten.
Wie hoch ist die Dividende?
Ob eine Dividende bezahlt wird und in welcher Höhe, wird bei deutschen Unternehmen vom Vorstand vorgeschlagen und von der Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit beschlossen. Viele Gesellschaften verfolgen dabei erfreulicherweise eine langfristig verlässliche Dividendenphilosophie.
Wer hat Anspruch auf eine Dividende?
Anspruch auf eine Dividende hat, wer die entsprechende Aktie zu einem Stichtag in seinem Depot hat. In Deutschland ist das der Tag vor der Dividendenzahlung.
Wann wird Dividende gezahlt?
Die Dividende wird in Deutschland am Tag nach der Hauptversammlung gezahlt. An diesem Tag erfolgt üblicherweise ein Abschlag vom Börsenkurs in Höhe der Bruttodividende. Man spricht dabei vom sogenannten "Dividendenabschlag". Wir Anleger werden an diesem Tag also nicht reicher. Wir bekommen vielmehr unseren Gewinnanteil aufs Konto überwiesen. Vom Dividendenbetrag wird in Deutschland die Abgeltungssteuer abgezogen, bei ausländischen Aktien kann eine Quellensteuer anfallen, die aber je nach Land ganz oder zum Teil mit der Abgeltungssteuer verrechnet wird.
Dividende allein macht noch kein gutes Unternehmen
Im besten Fall wird die Dividende aus dem laufenden Cashflow gezahlt. Sollte das Unternehmen anfangen, die Dividende aus der Substanz heraus zu zahlen, sollten Sie, werte Leser, vorsichtig werden. Unternehmen können ihren Cashflow nicht nur für die Dividende verwenden. Sie finanzieren damit auch:
- die Investitionen in Wachstum - die Rückzahlung von Krediten - den Rückkauf von Aktien
Unternehmen, die eine Dividende bezahlen, sind für uns Aktionäre also durchaus von Vorteil. Die Dividendenzahlung an sich und allein macht allerdings noch lange kein gutes Unternehmen aus. Zur weiteren Bewertung müssen wir tiefer in die Details einsteigen.
Dividendenhöhe oder Dividendendynamik?
Ob Investoren eher auf die Dividendenhöhe oder auf die Dividendendynamik achten sollten, ist eine wichtige Frage. Eine geringe Dividende muss schon sehr stark steigen, damit der gesamte kumulierte Ausschüttungsertrag mit einer hohen Dividende Schritt halten kann.
Dividende oder Aktienrückkauf?
Neben Dividenden können Unternehmer und Manager auch eine zweite Möglichkeit in Erwägung ziehen, um überschüssige Liquidität an die Aktionäre zurückzugeben: den Rückkauf von eigenen Anteilen. Im Gegensatz zu Dividenden wird von Rückkaufprogrammen natürlich nicht erwartet, dass sie in regelmäßigen Abständen in einer bestimmten Höhe durchgeführt werden. Die Unternehmen können dabei also flexibel agieren.
Meist können wir hier beobachten, dass die Verbesserung der konjunkturellen Lage mit rasch steigenden Rückkaufsvolumina einhergeht
Aktienrückkäufe werden auch gerne als Signal dafür betrachtet, dass das Management die Aktien des eigenen Unternehmens für günstig oder unterbewertet hält. Empirische Studien belegen, dass der Aktienkurs bereits mit der Ankündigung eines Aktienrückkaufs steigt. Besonders eindrucksvoll ist die Gesamtperformance der US-Standardwerte, die solche "Buybacks" in hohem Maße betreiben.
Seit der Lockerung der gesetzlichen Vorgaben Ende der 1990er-Jahre werden Aktienrückkäufe auch in deutschen Führungsetagen immer beliebter. Die gesetzliche Grenze von maximal 10 Prozent des Grundkapitals beschränkt jedoch Rückkaufprogramme hierzulande. Eine solche Grenze existiert in den USA nicht.
Auch im Jahr 2017 lagen die Dividendenrenditen weiter über den Renditen für Staatsanleihen. Die Dividendenrendite des S&P-500 betrug 2 Prozent, die des DAX 3 und die des EuroStoxx 4 Prozent. Dies ist historisch gesehen eine anormale Situation - normalerweise sollten Anleihen höhere Zinsen abwerfen als Aktien Dividenden. Man sieht auch genau wann das kippte, nämlich nach 2008, als die westlichen Industrienationen in der Finanzkrise abzustürzen drohten.
Seit mittlerweile mehr als acht Jahren intervenieren die Notenbanken nun schon massiv. Dies ist ein wichtiger Grund für die seit einiger Zeit steigenden Dividendenrenditen. Als Anleger sollte wir sie in jedem Falle in unsere Investmententscheidungen einbeziehen.
Hinweis/Disclaimer:
Max Otte berät, beziehungsweise Unternehmen, an denen Max Otte beteiligt ist, beraten den PI Global Value Fund (WKN: A0NE9G) und den Max Otte Vermögensbildungsfonds (WKN: A1J3AM). Diese beiden Fonds könnten Positionen in Titeln halten, die in dieser Kolumne genannt sind.
Für den Fall, dass Leser dieser Kolumne Positionen in einen genannten Titel in einem Umfang erwerben, der dazu geeignet ist, den Preis des Titels zu beeinflussen, könnte der Verfasser dieser Kolumne und / oder einer beziehungsweise beide die Fonds im Falle der Veräusserung des Titels aus deren Portfolio nach einem solchen Kursanstieg vom Erwerb des Titels durch die Leser der Kolumne profitieren. Auch im Falle eines Verkaufs in einem entsprechenden Umfang durch Leser der Kolumne könnte der Verfasser dieser Kolumne und / oder einer beziehungsweise beide Fonds von fallenden Kursen durch günstigere Einstiegskurse im Falle eines späteren Kursanstiegs profitieren.
Prof. Dr. Max Otte ist Herausgeber des PRIVATINVESTOR (www.privatinvestor.de) und Gründer der IFVE Institut für Vermögensentwicklung GmbH. Das Institut analysiert nach der von ihm entwickelten Strategie der Königsanalyse © börsennotierte Unternehmen und setzt sich dafür ein, mit transparenten Informationen Privatanleger bei der Entwicklung nachhaltiger und langfristig ausgerichteter Aktienstrategien zu unterstützen. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.