VW-Tochter Skoda muss Zulieferer Prevent Schadenersatz zahlen
Die Volkswagen-Tochter Skoda muss einem Tochterunternehmen ihres früheren Zulieferers Prevent nach der Aufkündigung eines Vertrags über Autositzlehnen Schadenersatz zahlen.
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Die Dauerfehde zwischen Volkswagen und Prevent kommt nicht zur Ruhe - der mächtige Zulieferer verbucht nun einen juristischen Etappensieg. Die VW-Tochter Skoda muss dem früheren Lieferanten nach der Aufkündigung eines mehrjährigen Vertrags Schadenersatz zahlen. Es geht um Bauteile für Autositzlehnen in Modellen wie dem Octavia, Karoq oder Superb. Eine genaue Summe wird im Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Celle noch nicht genannt. Die Entschädigung bezieht sich aber auf den Wert ausgebliebener Lieferungen von April 2019 bis mindestens Juli 2024.
Die Entscheidung, die der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch vorlag, ergab sich aus der Berufung gegen einen vorherigen Beschluss des Landgerichts Hannover. Der Kartellsenat des Celler OLG beschloss: Skoda soll dem Prevent-Ableger TWB "allen Schaden ersetzen", der aus der Kündigung des Liefervertrags und Verweigerung von dessen Erfüllung "entstanden ist oder noch entstehen wird". Skoda soll außerdem Auskunft darüber geben, welche Ersatzlieferanten anstelle von TWB ausgewählt wurden.
Der Streitwert liegt zunächst bei 7 Millionen Euro, Prevent muss den konkreten Schaden jedoch erst selbst näher ermitteln. Falls es künftig noch ähnliche bestätigte Urteile gegen weitere VW-Töchter geben sollte, schätzt der Zulieferer "pro Marke eine zweistellige Millionensumme", wie Geschäftsführer Barbaros Arslan der dpa sagte. Er sieht darüber hinaus eine mögliche Signalwirkung auch für andere Prozesse: "Wir haben jetzt so etwas wie einen Präzedenzfall."
VW hatte zum 31. März 2019 Verträge mit der Firmengruppe nach einem Lieferboykott und heftigen Krach um Konditionen einseitig beendet. Vor weiteren Gerichten und in weiteren Ländern laufen noch Verfahren.
Prevent sieht seine Haltung durch die Richter in Celle bestätigt. Ein Sprecher erklärte, die Kündigung durch VW sei "unbegründet und rechtswidrig" gewesen. Nach Auffassung Arslans übte nicht Prevent unzulässigen Druck auf den Konzern aus, sondern umgekehrt: "Wir waren damals völlig ausgeliefert." Volkswagen habe schon vor der Kündigung im März 2018 die Trennung betrieben und einen angeblich drohenden Lieferstopp nur vorgeschoben. Es gehe um "Machtmissbrauch".
Ein VW-Konzernsprecher erklärte hingegen, man halte das Celler Urteil für falsch. Unter anderem hätten die Richter dabei nicht ausreichend berücksichtigt, dass aus Sicht von Volkswagen sehr wohl eine Drohung mit einem erneuten Boykott durch Prevent im Raum gestanden habe.
Der Zulieferer habe damals auf entsprechende E-Mail-Anfragen zu dessen "Preisdiktat" nicht reagiert - dieses offenkundig "bewusste Schweigen" habe die Wolfsburger "angesichts der Erfahrungen aus den Vorjahren" dann in gewisser Weise alarmiert. "In der Konsequenz mutet das OLG Celle damit einem Betroffenen zu, erst abzuwarten, ob ein Erpresser seine Drohung auch tatsächlich in die Tat umsetzt", kritisierte VW. Arslan meinte hierzu, er habe stets nur "kaufmännische Kriterien als Grundlage für Forderungen" angelegt.
Auseinandersetzungen vor anderen Gerichten gingen bisher oft zugunsten von VW aus. Im Februar etwa entschied das OLG Düsseldorf, dass die außerordentliche Kündigung eines Liefervertrags für TWB durch die Volkswagen AG rechtmäßig war. Die Prevent-Firma mit Sitz in Hagen - inzwischen abgewickelt - habe demnach zuvor mit Mitteln der Erpressung eine 25-prozentige Preiserhöhung durchzusetzen versucht.
Anders sah der Düsseldorfer Senat den Fall indes bei der VW-Tochter Audi. Hier sei die praktisch parallele Kündigung der Lieferbeziehung unwirksam, weil nur eine ordentliche, keine außerordentliche Kündigung erfolgt sei. Eine reguläre Möglichkeit zur vorzeitigen Beendigung der Lieferbeziehung sei in dem befristeten Vertrag aber gar nicht vorgesehen gewesen. Audi müsse Prevent deshalb den durch die einseitige Kündigung entstandenen Schaden ersetzen.
Der Konflikt mit der aus Bosnien kontrollierten Zuliefergruppe war bei VW im August 2016 dadurch eskaliert, dass die Prevent-Firmen ES Guss und Car Trim die Belieferung aussetzten. Die Produktion in sechs Werken des Autokonzerns wurde damit zwischenzeitlich über weite Strecken lahmgelegt. In der Folge überzogen sich beide Seiten mit Vorwürfen.
Auch in den USA geht der Streit in verschiedenen Arenen weiter. Erst vor wenigen Tagen hatte Prevent eine neue Klageschrift bei einem Gericht in Detroit eingereicht. Dabei wird Volkswagen, dem heutigen Kernmarken-Chef und früheren Einkaufsmanager Ralf Brandstätter sowie den Sitzeherstellern Adient und Lear wettbewerbswidriges Verhalten vorgeworfen. Sie sollen versucht haben, Prevent vom Markt der Sitzbezüge für Autos auszuschließen. VW wies das zurück.
Im zurückliegenden Sommer sorgte die Spitzelaffäre um mitgeschnittene Gespräche einer internen VW-Arbeitsgruppe ebenfalls für Aufsehen. Bevor man im März 2018 alle Prevent-Verträge kündigte, sollen Konzernvertreter länger über den Umgang mit der Firma beraten haben. Ende Juli wurde der mutmaßliche Maulwurf aus der Gruppe enttarnt - kurz darauf fand die Polizei dessen Leiche in einem ausgebrannten Auto in Rottorf (Kreis Helmstedt). Für die Ermittler deutet vieles auf einen Suizid hin. Abschließend geklärt ist dies aber noch nicht.
Im Celler Fall ist eine Revision nicht zugelassen. Sowohl Volkswagen als auch Prevent prüfen jedoch, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen - etwa die Nichtzulassungsbeschwerde am Bundesgerichtshof.
/jap/DP/jha
CELLE/WOLFSBURG (dpa-AFX)
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