VW-Aktie legt kräftig zu: 'Unterstützung' für Diess von VW-Aufsehern - Aber Vertrag kein Thema
Volkswagen-Vorstandschef Herbert Diess wird den Konzern auch in den nächsten Jahren führen.
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Volkswagen-Chef Herbert Diess hat sich im jüngsten Machtkampf um die Führung des Autobauers in Teilen durchgesetzt. Eine vorzeitige Verlängerung seines Vertrags hat der Aufsichtsrat aber vermieden. Die Kontrolleure sprachen dem Manager bei einer Sondersitzung am Montagabend ihre "volle Unterstützung" aus. Von der angeblich gewünschten frühzeitigen Weiterverpflichtung, mit der Diess einige Mitglieder des Gremiums bedrängt und irritiert haben soll, war aber in der Erklärung des Konzerns nicht die Rede.
Die Zusammenarbeit werde fortgesetzt, hieß es mit Verweis auf die Leistungen und Erfolge des Vorstandschefs: "In den kommenden Jahren wird der Vorstand der Volkswagen AG die Strategie mit Herbert Diess an der Spitze umsetzen." Er soll indes die Neubesetzung dreier Leitungsposten nach Informationen aus dem Umfeld der Aufseher auch mit seiner eigenen Zukunft bei VW in Verbindung gebracht haben. Bisher läuft der Vertrag des Vorsitzenden noch bis April 2023.
Aus Sicht der Investoren konnte Diess also punkten - mit einer vorzeitigen Vertragsverlängerung für ihn hatten ohnehin nur die wenigsten gerechnet. Kompromisse zwischen Unternehmen und Betriebsrat gehören in Wolfsburg wegen der starken Position der Arbeitnehmer zum Geschäft wie sonst kaum in einem anderen Großkonzern.
AUDI-Finanzchef Arno Antlitz galt als Favorit von Diess für die Nachfolge von Konzernfinanzvorstand Frank Witter, der sich im Juni 2021 zurückziehen will. Die Kontrolleure segneten das nun ab, obwohl Antlitz bei Betriebsratschef Bernd Osterloh wegen möglicher stärkerer Einsparungen kritisch gesehen worden sein soll. Der Manager, den Diess schon aus gemeinsamen Zeiten in der Führung der VW-Kernmarke kennt, soll sich künftig auf Ebene des Gesamtkonzerns "vor allem auf weitere Effizienzsteigerungen konzentrieren".
Ressortchef für den Konzerneinkauf wird zum Jahreswechsel Murat Aksel. Ihn kennt Diess bereits ebenfalls - von BMW. Für die intern "Komponente" genannte konzerneigene Zuliefersparte soll dagegen Thomas Schmall die Verantwortung erhalten, er führt ab dem neuen Jahr einen neuen Vorstandsbereich "Technik". Die drei Manager bekommen jeweils einen Dreijahresvertrag.
"Der Vorstandsvorsitzende und sein neues Vorstandsteam haben die volle Unterstützung des Aufsichtsrats, wenn es um die Neuausrichtung auf Elektromobilität, Digitalisierung, aber auch um die Steigerung von Effizienz und Profitabilität geht", hieß es von den Kontrolleuren zur Position von Diess selbst. Diese Meinung sei im Kontrollgremium einstimmig festgehalten worden.
Der Vorstandschef hatte für den Umbau zu mehr Elektroantrieben und Software sowie im Streit um die Besetzung der drei anderen Posten darauf gedrungen, Nägel mit Köpfen zu machen. Damit hatte Diess dem Vernehmen nach ein klares Bekenntnis zu seinem Kurs eingefordert und erneut eine vorzeitige Vertragsverlängerung für sich selbst ins Spiel gebracht, weil er sich von der Arbeitnehmerseite in wichtigen Entscheidungen ausgebremst sah. Bei einem Teil der Aufseher soll er mit der Vertrauensfrage allerdings eher deren Unmut heraufbeschworen haben, weshalb sie sich fast zur Nagelprobe auswuchs.
Jetzt steht ein Kompromiss. Die Arbeitnehmerforderung nach einem bedeutenden Elektromodell für das Stammwerk in Wolfsburg stützte das Gremium nämlich ebenfalls. Bisher gab es hierfür lediglich die Verabredung, darüber im kommenden Jahr zu entscheiden.
Zunächst sind bei VW in Deutschland die Werke in Zwickau, Emden und Hannover für E-Modelle vorgesehen. Mit der Zusage für ein wichtiges E-Auto macht nun auch das größte Automobilwerk der Welt am Stammsitz einen Schritt ins Elektrozeitalter - was zumindest als wichtiger Punktsieg für Osterloh gelten dürfte, der seit langem zusätzliche Modelle für Wolfsburg forderte. Es geht laut Konzern um "das künftig führende Elektrofahrzeug der Marke Volkswagen Pkw".
"Bei der Umsetzung bekennen sich alle Beteiligten weiterhin zur Gleichrangigkeit von Wirtschaftlichkeit und Beschäftigungssicherung sowie zur Bedeutung der Ausbildung", ließ sich Osterloh zitieren. Diess und Osterloh waren schon mehrfach aneinandergeraten. Beide gelten nicht als zimperlich, wenn es darum geht, ihren Interessen Geltung zu verschaffen. Im Juni war es zu einem Eklat gekommen: Diess warf Aufsehern Straftaten vor, nachdem sensible Informationen aus der Golf-Produktion und zum Vorschlag einer vorzeitigen Vertragsverlängerung für Diess an die Öffentlichkeit gelangt waren.
Einen Dämpfer musste Diess in seinen Bestrebungen hinnehmen, den Konzern zu verschlanken. So sollen nach dem Willen des Aufsichtsrates die Motorradmarke Ducati und der Sportwagenbauer Lamborghini in der VW-Gruppe bleiben. Dafür soll in den Werken weiter an der Produktivität gearbeitet werden, die Fix- und Materialkosten müssten in den kommenden Jahren weiter sinken - ein Kernprojekt von Diess, seitdem er 2015 von BMW zu Volkswagen kam. "Synergien heben" will der Konzern außerdem durch eine Management-Zuordnung der britischen Nobelmarke Bentley zu AUDI.
Börsianer begrüßen Rückendeckung für VW-Chef Diess
Die "volle Unterstützung" des Aufsichtsrats von Volkswagen für dessen Chef Herbert Diess ist am Dienstag an der Börse gut angekommen. Für die VW-Papiere ging es im XETRA-Handel letztlich um 7,62 Prozent auf 150,32 Euro hoch, womit sie sich klar an die Spitze des Leitindex DAX setzten. Damit trieben sie auch den europäischen Automobilsektor nach oben.
Analyst Arndt Ellinghorst vom Investmenthaus Bernstein nahm die Rückendeckung des Kontrollgremiums für Diess zum Anlass, von seiner Verkaufsempfehlung für VW-Aktien abzurücken. "Wir begrüßen das Bekenntnis des Aufsichtsrats für den Chef Herbert Diess sehr", schrieb der Automobilexperte. Die Stärkung des Konzernmanagements bedeute zumindest ein vorläufiges Ende der ausufernden Spannungen zwischen dem Management und wichtigen Interessengruppen. Diese Spannungen und das damit verbundene Ausbleiben von Effizienzsteigerungen seien die wesentlichen Gründe für seine Verkaufsempfehlung gewesen.
Ähnlich äußerte sich George Galliers von Goldman Sachs. Der Plan, die Fixkosten bis 2023 um 5 Prozent zu senken, deute auf zusätzliche Sparbemühungen hin, schrieb er. Zwar visiere im Vergleich etwa Mercedes mit über 20 Prozent bis 2025 mehr an, allerdings habe VW schon einige laufende Sparprogramme. Die Trennung der Vorstandsfunktionen Einkauf und Komponente erlaube es dem neuen Beschaffungschef, sich auf die angestrebte Senkung der Materialkosten um 7 Prozent in den kommenden beiden Jahren zu konzentrieren.
Ein Befreiungsschlag dürfte der Kursgewinn der VW-Aktien aber noch nicht sein. Erst bei Kursen über 157 Euro würde sich die charttechnische Lage verbessern. Auf diesem Niveau liegen die Höchstkurse der vergangenen Monate. Seit Mai pendeln die Papiere um die Marke von 140 Euro ohne eine klare Richtung. Der europäische Automobilsektor hat sich seit dem Corona-bedingten Crash-Tief von Mitte März verdoppelt und die VW-Aktien damit weit hinter sich gelassen.
FRANKFURT / WOLFSBURG (Dow Jones / dpa-AFX)
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