Nach Mammut-Auktion: 5G-Frequenzen kosten 6,6 Milliarden Euro - Drillisch-Aktien profitieren
Auf das Ende der längsten Auktion von deutschen Mobilfunkfrequenzen haben die Papiere der hiesigen Telekom-Aktien im nachbörslichen Mittwochshandel unterschiedlich reagiert.
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Die längste Auktion von deutschen Mobilfunkfrequenzen spült dem Bund deutlich mehr Geld in die Kassen als angenommen. Die vier Provider - die Deutsche Telekom, Vodafone Group, Telefonica Deutschland und 1&1 Drillisch - bezahlen für die 5G-Frequenzblöcke insgesamt 6,55 Milliarden Euro, wie die Bundesnetzagentur mitteilte. Nach mehr als 12 Wochen endete die Versteigerung am Mittwoch. Fachleute hatten nur mit 3 bis 5 Milliarden Euro gerechnet. Mit dem Ende der Auktion wurde ein wichtiger Meilenstein zur Einführung der fünften Mobilfunkgeneration für das schnelle Internet (5G) erreicht.
Das Geld geht an den Bund, der es in die Digitalisierung stecken will - damit soll beispielsweise der Breitbandausbau auf dem Land gefördert werden. Bei der Mobilfunk-Auktion 2015 waren 5,08 Milliarden Euro erlöst worden. Ein Grund für den jetzt höheren Wert: Diesmal nahmen vier und nicht wie 2015 nur drei Netzbetreiber teil. Der Neueinsteiger Drillisch erwies sich als zahlungsfreudiger Mitbieter.
Der für digitale Infrastruktur zuständige Bundesminister Andreas Scheuer (CSU) war zufrieden - das Geld werde den Netzausbau "entscheidend voranbringen". Die Auflagen zum Ausbau, die den Firmen auferlegt wurden, kämen auch den ländlichen Regionen zugute.
Von den 41 Frequenzblöcken entfallen die meisten auf die Deutsche Telekom - der frühere Staatsmonopolist konnte 13 Blöcke abräumen und muss dafür 2,17 Milliarden Euro zahlen. Auf Vodafone entfallen 12 Blöcke für 1,88 Milliarden Euro und auf Telefónica 9 für 1,42 Milliarden Euro. Drillisch konnte sich 7 Blöcke für 1,07 Milliarden Euro sichern - die Tochterfirma des rheinland-pfälzischen Konzerns United Internet hat bisher kein eigenes Netz, stattdessen nutzt sie bisher Antennen der Konkurrenz.
Durch den Einstieg von Drillisch dürfte sich der Wettbewerb am deutschen Mobilfunkmarkt erhöhen - davon gehen Experten aus. Dies wiederum könnte positive Folgen für den Verbraucher haben, wenn die Anbieter im harten Konkurrenzkampf mit den Preisen runtergehen.
Das Kürzel 5G steht für die 5. Mobilfunkgeneration. Der Standard ist der Nachfolger von 4G, auch LTE genannt. 5G ist wesentlich schneller im Download und verfügt über eine geringere Reaktionszeit (Latenz) - Daten werden praktisch in Echtzeit verarbeitet.
Dies ist immens wichtig für Zukunftstechnik für das autonome Fahren oder die Telemedizin - Geräte reagieren also praktisch ohne Verzögerung auf Anweisungen. Dadurch bremst ein Auto schnell genug, wenn ein vorausfahrendes Fahrzeug in einer Kurve ins Rutschen kommt - und diese Info an den Verkehr hinter sich weitergibt. Zudem könnte ein Chirurg dank 5G aus der Ferne übers Internet Operationen durchführen. Auch für die Industrie ist 5G wichtig, weil dadurch Maschinen vernetzt werden und Produktionsabläufe effizienter werden.
Der Chef der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, sprach nach dem Ende der Auktion von einem "Startschuss für 5G in Deutschland". "Ich freue mich, dass vier Unternehmen Frequenzen ersteigert haben und beim 5G-Netzausbau in Wettbewerb treten", erklärte der Behördenchef. "Die Frequenzen sollen nicht nur für den neuen Mobilfunkstandard 5G, sondern auch für eine bessere Mobilfunkabdeckung in Deutschland eingesetzt werden." Die Versteigerung erfolgte an dem Mainzer Technikstandort der Bonner Regulierungsbehörde.
"Die Deutsche Telekom hat das Spektrum erhalten, das sie wollte", sagte ein Konzernsprecher. Ganz zufrieden war er dennoch nicht: Die Versteigerung hinterlasse einen "bitteren Nachgeschmack". Das Ergebnis sei ein Dämpfer für den Netzausbau, da das Spektrum viel teurer sei als in anderen Ländern. "Das Geld für die Auktion fehlt den Netzbetreibern in Deutschland", monierte er.
Vodafone-Deutschlandchef Hannes Ametsreiter äußerte ebenfalls Kritik. Die hohen Kosten für die Firmen seien ein "Desaster für Deutschland", schließlich sollte man das Geld lieber in den Netzausbau stecken. Der Manager schätzt, dass die Mobilfunkanbieter mit den Milliarden, die nun an den Bund gehen, mehr als 50 000 komplett neue Mobilfunkstationen hätten bauen können. "Damit hätte man Digital-Deutschland einen deutlichen Schub verleihen können." Er schlägt deshalb ein "Reinvestitionsprogramm" vor, in dem die Lizenz-Erlöse direkt in den Mobilfunk-Ausbau - und nicht den bisher vorgesehenen Festnetz-Breitbandausbau - zurückfließen sollen.
Obgleich sein Unternehmen schwächer abschnitt als die Telekom und Vodafone äußerte sich Telefónica-Deutschlandchef Markus Haas positiv: Man habe "ein werthaltiges Frequenzpaket erworben, das unser bestehendes Spektrum ideal ergänzt".
Der Neueinsteiger Drillisch war erfreut. "Wir haben Frequenzen ersteigert, mit denen wir in der Lage sind, ein leistungsfähiges 5G-Netz aufzubauen", erklärte Ralph Dommermuth, Chef des Mutterkonzerns United Internet. Als Neueinsteiger hat Drillisch Ausnahmeregelungen und muss daher weniger in der Fläche ausbauen als seine Konkurrenten.
Das Wettbieten war umkämpft: Mit 497 Runden in mehr als 12 Wochen war es die längste Frequenzauktion in Deutschland, die jemals stattfand. Der bisherige Höchstwert ist von 2010, als die Versteigerung nach knapp sechs Wochen und 224 Runden vorbei war. Damals kamen aber nur 4,4 Milliarden Euro in die Staatskasse. Finanziell unerreicht ist die erste große Mobilfunkauktion aus dem Jahr 2000 für UMTS-Frequenzen (3G), als umgerechnet 50,8 Milliarden Euro erlöst wurden. Im Nachhinein war das zu viel, da die teils hoch verschuldeten Firmen danach nicht mehr genug Geld hatten für einen umfassenden Netzausbau. Funklöcher von damals bestehen mancherorts bis heute.
Drillisch-Aktien gewinnen deutlich
"Die Auktion hat sicher länger gedauert als jeder erwartet hatte und der Preis lag am Ende 1,5 Milliarden höher als von uns geschätzt", erklärte Analystin Nizla Naizer von der Deutschen Bank.Die Kosten der "epischen" Auktion lägen zwar gut 50 Prozent über den ursprünglichen Analystenerwartungen, erklärte ein Händler. Doch am Markt dominiere die Erleichterung über das Ende der Unsicherheit. Die Deutsche Telekom, Telefonica Deutschland, 1&1 Drillisch und der einzige ausländische Interessent Vodafone Group bezahlen für die 5G-Frequenzblöcke insgesamt rund 6,55 Milliarden Euro. Fachleute hatten nur mit 3 bis 5 Milliarden Euro gerechnet.
Am stärksten profitierte Drillisch vom Ende der Auktion: Die Aktien setzten sich mittags mit einem Kurssprung von über sechseinhalb Prozent an die MDAX-Spitze, gefolgt von den Papieren des Mutterkonzerns United Internet, die um viereinhalb Prozent vorrückten. Marktbeobachter sprachen von einer folgerichtigen Entwicklung, da beide Aktien in den vergangenen Wochen besonders stark unter Druck gestanden hatten. Schlussendlich belief sich das Plus der Drillisch-Aktie jedoch nur noch auf 0,43 Prozent bei 28,08 Euro. United Internet schloss dagegen mit einem Plus von 1,38 Prozent bei 33,14 Euro.
Die Anteilsscheine von Telefonica Deutschland belegten mit zwischenzeitlich knapp drei Prozent Plus ebenfalls einen der vorderen Plätze im Index der mittelgroßen Werte. Schlussendlich standen sie 1,35 Prozent höher bei 2,55 Euro. Dagegen reichte es beim DAX-Konzern Deutsche Telekom zwischenzeitlich nur für einen Kursanstieg von gut einem halben Prozent. Letztlich verbuchten die Papiere jedoch einen leichten Abschlag von 0,06 Prozent auf 15,46 Euro. In London legten Vodafone-Titel im Tagesverlauf um fast ein Prozent zu.
Experten sehen nun vor allem Drillisch im Fokus. Der Neueinsteiger, der bislang über kein eigenes Netz verfügt, habe noch nicht allzu viele Details über seine Pläne veröffentlicht, erklärte Analystin Nizla Naizer von der Deutschen Bank. Vermutlich ein Grund, warum die Papiere ihr anfängliches Plus von bis zu 16,5 Prozent nicht halten konnten.
Für Ulrich Rathe von der Investmentbank Jefferies ist es noch keinesfalls sicher, dass Drillisch selbst zum Netzbetreiber wird. Dies hänge von Verhandlungen mit den Geschäftspartnern ab, deren Antennen man bisher nutze. Er glaubt jedoch, dass das verlässliche Management, das bisher große Erfolge verweisen kann, das Beste herausholt. Genug finanziellen Spielraum gebe es auch nach Zahlung der rund 1,1 Milliarden Euro für die Frequenzblöcke.
Auch das ersteigerte Frequenzspektrum sollte wohl für ein eigenes Netz ausreichen, ergänzte ein Börsianer. Es drohten aber Unsicherheiten wegen der Finanzierung sowie der Beziehungen zum bisherigen Kooperationspartner Telefonica Deutschland. Eine Fortsetzung dieser Zusammenarbeit wäre für Drillisch besser als der Aufbau eines eigenen Mobilfunknetzes und eine "Win-Win"-Situation für beide Unternehmen, meint UBS-Experte Polo Tang.
An den von Fachleuten und Politikern erwarteten positiven Folgen der Auktion für die Verbraucher äußerte Analyst Akhil Dattani von JPMorgan Zweifel. Angesichts der hohen Schulden der an der Auktion beteiligten Unternehmen dürfte sich der Wettbewerb trotz eines möglichen weiteren Netzanbieters erst einmal in Grenzen halten.
MAINZ (dpa-AFX)
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Bildquellen: 1&1 Drillisch, Cineberg / Shutterstock.com
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