Nach vorläufigen Zahlen

Rekordverlust für Deutsche Bank - Cryan: Konzernumbau alternativlos - Aktie sackt ab

21.01.16 18:00 Uhr

Rekordverlust für Deutsche Bank - Cryan: Konzernumbau alternativlos - Aktie sackt ab | finanzen.net

Am späten Mittwochabend hat die Deutsche Bank überraschend vorläufige Zahlen für das vierte Quartal und Geschäftsjahr 2015 veröffentlicht.

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Harte Zeiten für die Deutsche Bank und ihre Mitarbeiter: Nach einem milliardenschweren Rekordverlust 2015 schwört Bankchef John Cryan die Beschäftigten auf "harte Arbeit und Belastungen" in den kommenden beiden Jahren ein. Der Radikalumbau des Konzerns sei alternativlos, schrieb Cryan in einer Botschaft an die Beschäftigten.

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Cryans erste Jahresbilanz fällt tiefrot aus. Die Bank erwartet nach vorläufigen Zahlen vom Mittwochabend mit rund 6,7 Milliarden Euro den größten Jahresverlust ihrer Unternehmensgeschichte. Deutschlands größtes Geldhaus stürzt damit noch tiefer ab als befürchtet. Am Markt war mit einem Minus von etwa fünf Milliarden Euro gerechnet worden.

Für 2014 hatte das Institut noch rund 1,7 Milliarden Euro Gewinn ausgewiesen - mehr als doppelt so viel wie ein Jahr zuvor. Details zur Bilanz 2015 will die Bank am 28. Januar vorlegen.

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Der erste Jahresverlust seit der Finanzkrise 2008 (rund 3,9 Mrd Euro) sei zwar "ernüchternd", räumte Cryan ein. Es gehe jedoch darum, die Bank "einfacher und effizienter" zu machen, Risiken zu verringern und "Rechtsstreitigkeiten so rasch wie möglich abzuschließen", so der Brite. "Mit diesen Schritten schaffen wir das Potenzial, uns zu einer starken, effizienten und gut geführten Institution zu entwickeln." Cryan hatte am 1. Juli Anshu Jain als Co-Chef abgelöst und soll nach der Hauptversammlung im Mai 2016 die alleinige Führung übernehmen.

TEURE RECHTSSTREITIGKEITEN, ABSCHREIBUNGEN UND JOBABBAU

Teure Rechtsstreitigkeiten, Abschreibungen und Kosten für Stellenstreichungen belasten den deutschen Branchenprimus. Schon Ende Oktober hatte Cryan prognostiziert: "Wenn nicht ein Wunder passiert, werden wir einen Verlust für 2015 ausweisen." Da hatte der Konzern für das dritte Quartal gerade mit einem Rekord-Fehlbetrag von sechs Milliarden Euro geschockt - wegen milliardenschwerer Abschreibungen im Investmentbanking und im Privatkundengeschäft.

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Für Rechtsstreitigkeiten wird die Bank im vierten Quartal voraussichtlich weitere 1,2 Milliarden Euro zurücklegen. "Diese Belastungen können sich durch weitere Entwicklungen bis zur Veröffentlichung des endgültigen Jahresabschlusses am 11. März 2016 noch verändern", erklärte Cryan. Bisher sieht der Dax-Konzern für 2015 insgesamt 5,2 Milliarden Euro an Rückstellungen für juristische Auseinandersetzungen vor.

Eine weitere Milliarde kommt für den geplanten Jobabbau hinzu: Im eigenen Haus sollen unter dem Strich 9000 Arbeitsplätze gestrichen werden, 4000 davon in Deutschland. Inklusive der beschlossenen Trennung von der Postbank schrumpft die Belegschaft von zuletzt gut 100 000 Mitarbeitern etwa um ein Viertel. Bis Ende 2017 will die Deutsche Bank etwa 200 der 700 eigenen Filialen schließen.

KAPITALANFORDERUNGEN BELASTEN

Die Kosten für Neuausrichtung und Abfindungen belasten das Ergebnis im vierten Quartal mit rund 800 Millionen Euro - vor allem im Privatkundengeschäft. Weil die Software veraltet ist, schreibt die Bank in dem Bereich zudem weitere 100 Millionen Euro ab.

Im Investmentbanking machen dem Institut die immer strengeren Kapitalanforderungen zu schaffen, viele Geschäfte gerade im schwankungsanfälligen Kapitalmarktgeschäft lohnen sich nicht mehr. Im vierten Quartal lief vor allem der Handel mit Wertpapieren nicht rund, so dass die Erträge auf 6,6 Milliarden Euro zurückgingen - das sind rund 15 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.

Zusammen mit den Sonderkosten führt dies zum Jahresende erneut zu einem Quartalsverlust. Dieser belaufe sich auf rund 2,7 Milliarden Euro vor Steuern und rund 2,1 Milliarden Euro unter dem Strich. Im Vorjahresquartal hatte die Bank 441 Millionen Euro Gewinn erzielt.

DEUTSCHE BANK-AKTIE WIRD ABGESTRAFT

Der überraschend hohe Verlust der Deutschen Bank hat die Anleger am Donnerstag verschreckt. Die Papiere des Finanzinstituts fielen zeitweise um mehr als 8 Prozent und waren damit der schwächste Wert im erholten DAX. Demnach wurden sie so tief gehandelt wie zuletzt zum Höhepunkt der Finanzkrise Anfang 2009. Am Nachmittag konnte die Aktie ihre Verluste dank positiv aufgefasster Äußerungen von EZB-Chef Draghi zur weiteren europäischen Geldpolitik eindämmen - am Ende blieb ein Verlust von 3,36 Prozent auf 17,13 Euro.

Die Geschäftszahlen der Bank seien einfach zu schwach für einen Stimmungswandel, sagte ein Händler am Morgen. Schließlich habe sich 2015 wegen hoher Ausgaben für Rechtsstreitigkeiten und Kosten für den Konzernumbau vorläufigen Berechnungen zufolge ein Verlust von rund 6,7 Milliarden Euro nach Steuern angehäuft. Zudem seien im vierten Quartal die Erträge überraschend deutlich auf 6,6 Milliarden Euro zurückgegangen.

PROFITABILITÄT ENTTÄUSCHT

Analyst Andrew Lim von der französischen Großbank Société Générale bewertete die Profitabilität auf bereinigter Basis als schwach - sie liege unter den Erwartungen. Der Experte sieht seine vorsichtige Haltung gerechtfertigt.

Andere Experten sahen allerdings in der harten Kernkapitalquote von 11 Prozent zum Ende des vierten Quartals einen Lichtblick. Zwar hatte sie Ende September noch bei 11,5 Prozent gelegen, vor dem Hintergrund des erwarteten Rekordverlustes sei diese Quote aber eine positive Überraschung, sagte Fondsmanager Thilo Müller von MB Fund Advisory.

ANALYST: KEIN RISIKO EINER KAPITALERHÖHUNG

Der bekannte Banken-Analyst Kian Abouhossein von der US-Bank JPMorgan sieht vor diesem Hintergrund kein Risiko einer Kapitalerhöhung. Deshalb riet er weiter dazu, die Papiere überzugewichten.

Kollege Daniele Brupbacher von der UBS gab aber zu Bedenken, dass die Rahmenbedingen für die Deutsche Bank auch im ersten Quartal des neuen Jahres schwierig blieben. Das Finanzinstitut sei weiterhin dünn kapitalisiert. Brupbacher hielt an seiner neutralen Einschätzung der Aktie fest./la/ag/das

FRANKFURT (dpa-AFX)

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