Commerzbank-Aktie steigt: CEO Zielke bietet seinen Rücktritt an - Aufsichtsratschef Schmittmann will Mandat niederlegen
Die Commerzbank bemüht sich nach dem angekündigten Doppel-Rücktritt von Konzernchef Martin Zielke und Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann um eine Beruhigung der Lage.
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"Machen Sie sich (...) keine Sorgen, es gibt hier einen geordneten Prozess", versicherte Schmittmann in einem im Intranet der Bank veröffentlichten Interview, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt und aus dem auch andere Medien bereits zitierten.
Zielke und Schmittmann hatten am Freitag nach heftiger Kritik von Investoren ihren Rücktritt angekündigt. Schmittmann legt sein Mandat zum 3. August 2020 nieder, Zielkes Vertrag soll "einvernehmlich" spätestens zum 31. Dezember 2020 aufgelöst werden.
Die Personalien dürften die Sitzung des Aufsichtsrates des teilverstaatlichten Frankfurter MDAX-Konzerns an diesem Mittwoch (8.7.) dominieren. Investoren hatten am Wochenende auf eine rasche Lösung gedrängt: "Ohne neuen CEO wird es keine neue Strategie geben."
Der Commerzbank-Großaktionär Cerberus warnte am Montag vor Schnellschüssen bei der Neubesetzung der Konzernspitze. "Das plötzliche Ausscheiden des Aufsichtsrats- und Vorstandsvorsitzenden der Commerzbank erfordert ein geordnetes Nachfolgeverfahren zur Besetzung der vakanten Positionen", sagte ein Vertreter des US-Fonds. "Zuerst muss ein neuer Aufsichtsratsvorsitzender gefunden werden, gefolgt von einem formellen, vom Aufsichtsrat geführten Prozess, um einen Nachfolger für den Vorstandsvorsitzenden zu bestimmen."
Als aussichtsreiche Kandidaten für Zielkes Nachfolge als Chief Executive Officer (CEO) gelten der seit Januar als Firmenkundenvorstand der Commerzbank tätige Roland Boekhout, ehemals Chef der Direktbank ING-Diba (heute ING Deutschland). Außerdem Finanzvorständin Bettina Orlopp.
Der oder die Neue an der Spitze des Vorstandes wird drastische Einschnitte vorantreiben müssen. Auf dem Tisch liegen dem Vernehmen nach Pläne, die Zahl der zuletzt knapp 40 000 Vollzeitstellen um bis zu 25 Prozent zu schrumpfen. Auch das Filialnetz soll erheblich verkleinert werden: Von ursprünglich 1000 Standorten könnten demnach gerade einmal 200 übrig bleiben, in denen Kunden sich beraten lassen können. Aber auch das Auslandsgeschäft soll eingedampft werden - nach dem Motto "weniger Masse, mehr Klasse". Dies könnte 1000 bis 1500 Vollzeitstellen im Firmenkundenbereich kosten.
Angesichts des Zinstiefs steht die gesamte Branche auf der Kostenbremse. Zielke und Orlopp hatten nach einem Gewinneinbruch 2019 im Februar angekündigt, den im Herbst beschlossenen Sparkurs noch einmal zu forcieren. Zu allem Überfluss verhagelte die Corona-Krise dem 150 Jahre alten Institut auch noch den Start ins Jubiläumsjahr und lässt das Gewinnziel für das Gesamtjahr 2020 wackeln.
Mit deutlicher Kritik am Kurs der Bank hatte sich in den vergangenen Wochen der "Höllenhund" Cerberus zu Wort gemeldet. Der US-Fonds, der auch an der Deutschen Bank beteiligt ist, ist mit gut fünf Prozent zweitgrößter Aktionär der Commerzbank - nach dem deutschen Staat, der infolge der Rettung mit Steuermilliarden in der Finanzkrise heute 15,6 Prozent hält. Cerberus verlangt zwei Mandate im Aufsichtsrat.
Auf die Frage, ob wie bisher geplant mit Vorlage der Halbjahreszahlen am 5. August auch die Details zur neuen Strategie verkündet werden, blieb der scheidende Aufsichtsratschef Schmittmann vage: "Das wird der Vorstand entscheiden, nachdem er sich mit dem Aufsichtsrat ausgetauscht hat."
Denn auch das Kontrollgremium muss sich zunächst neu sortieren. Als möglicher Kandidat für dessen Vorsitz wird in Finanzkreisen Aufsichtsratsmitglied Nicholas Teller (61) genannt. Teller war bis zum Frühjahr 2008 gut 25 Jahre für die Commerzbank tätig. Von 2003 an war er im Commerzbank-Vorstand zunächst für das Firmenkundengeschäft, später für das Investmentbanking zuständig.
Die Gewerkschaft Verdi warnte vor einer Hängepartie angesichts der notwendigen Diskussion über die künftige Ausrichtung des Instituts. "Ich hoffe, dass die Bank jetzt ein glückliches Händchen zeigt, die Führungspositionen neu zu besetzen", sagte Gewerkschaftssekretär Stefan Wittmann, der auch Mitglied im Commerzbank-Aufsichtsrat ist, am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Frankfurt.
"Wir werden uns natürlich hinter eine neue Führungsspitze stellen, wenn sie eine schlüssige Strategie vertritt", sagte Wittittmann. Er betonte aber zugleich: "Wichtig ist uns, dass dabei die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer genauso berücksichtigt werden wie die der Investoren."
Der Betriebsrat hatte angesichts von Zahlenspielen in Medienberichten bereits in der vergangenen Woche einen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen gefordert. "Der Stellenabbau muss sozialverträglich geschehen", hatte der Vorsitzende des Gesamt- und Konzernbetriebsrats, Uwe Tschäge, dem "Handelsblatt" gesagt. "Betriebsbedingte Kündigungen darf es nicht geben, dafür werden wir kämpfen", betonte Tschäge, der auch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Commerzbank ist.
Zielke Rücktrittsankündigung hat auch Konsequenzen für den Bundesverband deutscher Banken (BdB), dessen Präsident der Commerzbank-Chef seit dem 22. April ist. "Wenn Martin Zielke nicht mehr Vorstandsvorsitzender der Commerzbank ist, kann er nach unseren Statuten nicht mehr Mitglied im BdB-Vorstand sein und muss dann auch sein Amt als BdB-Präsident niederlegen", sagte ein Sprecher des Verbandes am Montag auf Anfrage. "Uns geht es jetzt darum, einen geordneten Übergang zu finden." Bislang war es Usus, dass der amtierende BdB-Präsident einen Vorschlag für seine Nachfolge macht. Entscheiden müssen die Gremien des Verbandes, der BdB-Vorstand wählt den Bankenpräsidenten schließlich aus seiner Mitte.
S&P: CEO-Abgang erschwert Restrukturierung von Commerzbank
Die überraschenden Abgänge von Commerzbank-CEO Martin Zielke und -Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann werden laut Ratingagentur S&P der Bank die Umsetzung des mehrjährigen Restrukturierungsprogramm "Commerzbank 5.0" erschweren.
"Wir erwarten, dass eine überarbeitete Strategie unter einem neuen CEO weitere erhebliche Kostenmaßnahmen bedeuten könnte - zum einen angesichts des anhaltenden Drucks auf Einnahmen und wahrscheinlich höherer Kreditverluste als Folge der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie", teilte S&P Global Ratings am Montag mit.
Der durch die Pandemie verursachte Konjunkturabschwung habe die Umsetzung des Restrukturierungsprogramms, das die Effizienz und die langfristige Tragfähigkeit des Geschäftsmodells der Commerzbank in Deutschland verbessern soll, bereits stark behindert, so die Ratingagentur. Aufgrund der Auswirkungen von Covid-19 habe die Commerzbank im ersten Quartal einen Verlust ausgewiesen und auch den Verkauf ihrer Mehrheitsbeteiligung an ihrer polnischen Tochter mBank abgesagt.
Für 2020 prognostiziert S&P bei der Commerzbank "nur einen kleinen Gewinn", da die Bank wie ihre deutschen und europäischen Wettbewerber einen "signifikanten aber beherrschbaren" Anstieg bei der Risikovorsorge für Kreditverluste aufweisen wird.
Die Ratingagentur geht davon aus, dass eine revidierte Strategie zusätzliche Zweigstellenschließungen beinhalten könnte. Es werde angesichts von Covid-19, starken Wettbewerbs und extrem niedriger Kapitalmarktzinsen in den kommenden Jahren schwieriger für die Bank, ihre im Vergleich zu Wettbewerbern niedrige Profitabilität zu verbessern.
Im XETRA-Geschäft gewann die Commerzbank-Aktie letztlich 7,49 Prozent auf 4,436 Euro.
/ben/DP/jha
FRANKFURT (dpa-AFX)/FRANKFURT (Dow Jones)
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