Sorge um NVIDIA und Co.: Parallelen zwischen KI-Aktien und Dotcom-Blase
Kein Thema beschäftigt die Börsen derzeit so stark wie künstliche Intelligenz (KI). Doch angesichts der sagenhaften Kursgewinne wächst bei vielen Marktteilnehmern auch die Sorge vor einer Aktienmarkt-Blase.
Werte in diesem Artikel
• KI-Hype treibt US-Börsen auf Rekordhochs
• Wachsende Sorgen vor einem Platzen der KI-Blase
• NVIDIA erinnert an Blütezeit von Cisco
Am 30. November 2022 erblickte der KI-gestützte Chatbot ChatGPT das Licht der Welt. Im Gegensatz zu früheren Anwendungen kann er nicht nur lesen und schreiben sondern auch natürliche Sprache und kontextbezogenen Inhalte verstehen. Seither hat sich ein regelrechter KI-Hype entwickelt.
Beispielhaft dafür steht der NVIDIA-Konzern, der sich zum unangefochtenen Marktführer für KI-Chips aufgeschwungen hat. Mit seinen Chipsystemen wird KI-Software in Rechenzentren trainiert, außerdem werden sie zunehmend auch für deren Betrieb eingesetzt. Da NVIDIA eine derartige Schlüsselrolle für KI-Anwendungen spielt, hat sich die Aktie zum Anlegerliebling an der Börse entwickelt und ließ den Konzern sogar vorübergehend zum wertvollsten börsennotierten Unternehmen der Welt aufsteigen.
Parallelen zur Dotcom-Blase
Doch angesichts des KI-Booms kommt inzwischen bei einigen Marktteilnehmern die Sorge vor dem Platzen einer Aktienmarktblase auf. Tatsächlich gibt es laut "Reuters" einige Parallelen zur berüchtigten Dotcom-Blase vor 20 Jahren. Zur Erinnerung: In den 1990er-Jahren herrschte ein Hype um alle Ideen, die mit dem Internet in Verbindung gebracht werden konnten ("New Economy"). In dieser Zeit irrationaler Überschwänglichkeit entwickelte sich eine Spekulationsblase, die schließlich im März 2000 platzte, als die Anleger zu realisieren begannen, dass die Internetunternehmen die Gewinnerwartungen in der Realität nicht erfüllen konnten.
Auch aktuell treibt die Euphorie über eine revolutionäre Technologie den Aktienmarkt zu immer neuen Rekorden. Erst am 9. Juli hat der S&P 500 bei 5.590,75 Zählern eine neue Höchstmarke erreicht. Angetrieben wird diese Rally ebenso wie vor 20 Jahren von einer kleinen Gruppe Tech-Giganten, was an die "Four Horsemen" der späten 1990er Jahre - Cisco, Dell, Microsoft und Intel - erinnert.
In der Einzelbetrachtung drängt sich insbesondere ein Vergleich von NVIDIA mit Cisco auf. Zwar sind laut Jonathan Krinsky die Grundvoraussetzungen bei dem Chipdesigner heute vollkommen anders als bei dem Netzwerkausrüster damals, dennoch weist er auf die Parallele hin, dass die Aktien beider Unternehmen ein rasantes Wachstum erfahren haben: "Während wir uns zwar voll und ganz bewusst sind, dass die Grundlagen dieses Mal ganz anders sind, ist NVIDIA in den letzten fünf Jahren um 4.280 % gestiegen, während Cisco in den fünf Jahren bis zu seinem Höhepunkt [im März 2000] einen Zuwachs von 4.460 % verzeichnete", zitiert MarketWatch aus einer Kundenmitteilung des Chefmarkttechnikers bei BTIG. Was diesen Vergleich allerdings wenig schmeichelhaft macht ist der Umstand, dass die Cisco-Aktie nach ihrem kometenhaften Anstieg im Zuge des Platzens der Dotcom-Blase enorm einbrach und es bis heute nicht wieder auf ihr damaliges Kursniveau zurückgeschafft hat.
Und so befürchten nun einige Marktbeobachter, dass der KI-Hype ebenso enden könnte wie der Dotcom-Boom - mit einem historischen Crash. So hat beispielsweise der S&P 500 von März 2000 bis Oktober 2002 etwa die Hälfte seines Werts eingebüßt. Zahlreiche Internet-Aktien konnten sich von diesem Schock nie wieder erholen.
Beruhigende Unterschiede
Dennoch müssen die Ähnlichkeiten zu damals nicht bedeuten, dass die Märkte derzeit vor dem Platzen einer Blase stehen, denn es gibt beruhigende Unterschiede: So sind viele Tech-Riesen heute finanziell deutlich besser aufgestellt, als es die Internet-Unternehmen vor 20 Jahren waren. Laut "Reuters" argumentieren etwa die Analysten von Capital Economics, dass die aktuelle Börsenrally mehr durch solide Gewinnerwartungen als durch steigende Bewertungen befeuert wird, was darauf hindeute, dass diesmal eher die Fundamentaldaten die treibende Kraft seien.
Zudem sind die Bewertungen der Tech-Aktien - auch wenn sie deutlich gewachsen sind - derzeit noch bescheidener als zum Höhepunkt der Dotcom-Blase. Auch beim S&P 500, der den breiten US-Aktienmarkt widerspiegelt, liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis mit 21 zwar klar über seinem historischen Durchschnitt, aber noch unter dem Niveau von etwa 25, das 1999 und 2000 erreicht wurde, berichtet "Reuters" unter Berufung auf LSEG Datastream. Selbst das KI-Aushängeschild NVIDIA wird nur mit dem 40-Fachen der erwarteten Gewinne gehandelt, während es bei Cisco im März 2000 das 131-Fache war.
"Unser Basisszenario ist, dass diese Tech-Blase nicht platzen wird, bis die Bewertung des Gesamtmarktes das Niveau erreicht hat, welches sie im Jahr 2000 hatte", zitiert Reuters aus einer Notiz der Analysten von Capital Economics.
Redaktion finanzen.net
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