Darum könnten SPACs ein Opfer ihres eigenen Erfolges werden
Die Beliebtheit von SPACs ist in den vergangenen Monaten stetig gestiegen. Vor allem in den USA werden immer mehr dieser Akquisitionszweckunternehmen an den Start gebracht. Doch der Hype um die leeren Börsenhüllen hat auch seine Schattenseiten und könnte letztlich dazu führen, dass die SPACs gerade wegen ihres momentanen Erfolges scheitern.
• Anzahl der SPACs wächst rasant
• Die Mantelfirmen sammelten 2021 bereits mehr Geld ein als im gesamten Vorjahr
• Zunehmende Konkurrenz und Zeitdruck bei Suche nach Übernahmezielen
Der SPAC-Boom scheint momentan unaufhaltsam zu sein. Wie aus Daten der Informationsplattform "SPAC Research" hervorgeht, haben die leeren Börsenhüllen in den USA seit Jahresbeginn 92,8 Milliarden US-Dollar eingesammelt und damit die bisherige Rekordsumme von 83,4 Milliarden US-Dollar aus dem Gesamtjahr 2020 bereits jetzt - nach nicht einmal drei Monaten - locker übertroffen. Wie weit dieser Rekord bis zum Jahresende noch ausgebaut werden wird, lässt sich bei diesem atemberaubenden Wachstum nur erahnen. Zum Vergleich: Noch 2019 konnten die SPACs lediglich 13,6 Milliarden US-Dollar an Kapital beschaffen. Auch bei der Anzahl der Börsengänge der Mantelfirmen hat sich laut "SPAC Research" einiges getan: Während 2019 noch nur 59 SPACs ein IPO durchführten, waren es 2020 schon 248. Doch auch dieser Rekord wurde in den ersten Monaten des Jahres 2021 mit 284 IPOs von Akquisitionszweckunternehmen bereits wieder eingestellt.
SPACs sammeln bei einem initialen IPO Kapital ein und nutzen dieses dann, um mit einer anderen, bislang nicht börsengehandelten Firma zu fusionieren und diese dadurch an die Börse zu bringen. Das ist der einzige Daseinszweck dieser Finanzvehikel, die darüber hinaus kein eigenes Geschäft betreiben. Die Investoren vertrauen dabei dem SPAC-Vorstand blind, dass er ein möglichst profitables Unternehmen finden wird, denn sie haben auf diese Entscheidung keinen Einfluss. Gemessen vom Zeitpunkt ihres IPOs aus haben die Mantelgesellschaften allerdings nur zwei Jahre Zeit, um ein geeignetes Zielunternehmen zu finden und die Fusion über die Bühne zu bringen. Gelingt dies nicht, bekommen die Investoren der SPAC ihr Geld zurück und der Börsenmantel wird aufgelöst. Genau diese Frist könnte den Mantelfirmen nun aber zum Verhängnis werden. Denn wie aus den Daten von "SPAC Research" ebenfalls hervorgeht, sind von 542 derzeit aktiven SPACs aktuell noch 428 auf der Suche nach einem Ziel - und die Konkurrenz wird ständig größer. Unternehmen guter Qualität, die sich für einen Börsengang mittels Fusion interessieren, sind hingegen rar gesät.
SPAC-Markt zunehmend überfüllt
"Jeder Freund legt eine SPAC auf", sagte Fondsmanager Bill Ackman, der mit Pershing Square Tontine Holdings selbst eine Unternehmenshülle am Start hat, gegenüber einem Kolumnisten von "The New York Times". Auch Anthony DeCandido vom Beratungsunternehmen RSM US berichtete gegenüber "CNBC" von ähnlichen Erfahrungen. Laut ihm wollten nun Gruppen über SPAC IPOs reden, die zuvor nicht das Level an Erfahrung besessen hätten, um ein IPO überhaupt einzufädeln. Wie "CNBC" weiter berichtet, sind in den USA bereits auch mehrere Stars auf den SPAC-Zug aufgesprungen und unterstützen bestimmte Mantelfirmen öffentlich oder haben sogar selbst eine Mantelgesellschaft aufgelegt. Die US-Börsenaufsicht SEC nahm dies Anfang März zum Anlass um Investoren davor zu warnen, blind in die SPACs mit Star-Unterstützung zu investieren. Sie sollten stattdessen vor einem Einstieg besser zweimal nachdenken, so die Aufsichtsbehörde.
Auch das Analyse-Portal "CB Insights" warnte bereits zum Jahresbeginn davor, dass durch den SPAC-Boom eine immer höhere Anzahl an Mantelunternehmen gegründet werde, es aber an Zielfirmen mangele, die für SPACs in Frage kämen. Daran könne das Konzept in der näheren Zukunft scheitern. Und die Suche nach geeigneten Unternehmen, die in der Mantelfirma aufgehen können, gestaltet sich für die SAPCs offenbar bereits jetzt schwierig. "Es scheint so, als würde jeder Anrufe wegen dieser SPACs bekommen. Die SPACs klopfen an ihre Türe", berichtete Dana D'Auria von der Finanzberatung Envestnet PMC gegenüber "CNBC" von der - offenbar teils verzweifelten - Suche der Akquisitionszweckunternehmen. "Wenn es so einen Markt gibt, dann sollte man sich natürlich Sorgen um das Potenzial für langfristige Erträge machen", so ihre Warnung.
Hat der Niedergang der SPACs bereits begonnen?
Auch wenn die Anzahl der neuen SPACs und des von ihnen eingesammelten Kapitals aktuell weiter in die Höhe schießen, gibt es dennoch einige Zeichen dafür, dass sich der Wind für die Finanzvehikel längst gedreht hat. So haben laut "CNBC" bereits einige Mantelfirmen ihre ursprünglichen Pläne über den Haufen geworfen und sind eine Fusion mit Unternehmen aus völlig anderen Branchen eingegangen als ursprünglich geplant. So tat sich etwa die SPAC Stable Road Acquisition mit dem Raumfahrtunternehmen Momentus zusammen, obwohl sie eigentlich auf ein Unternehmen aus der Cannabis-Branche ausgerichtet war. Mögliche Gründe für eine solche Entscheidung könnten das volatile Marktumfeld, der Druck durch die Zwei-Jahres-Deadline aber auch die zunehmend härtere Konkurrenz sein.
Laut "The New York Times" ist vor allem die zeitliche Frist gepaart mit der Konkurrenz ein großer Ansporn für die SPACs, irgendeinen Deal über die Bühne zu bekommen, auch wenn er nicht gut ist. Denn womöglich bevorzugen einige Mantelgesellschaften lieber einen schlechten Deal, bevor sie gar keinen Deal abschließen können und die Zeit, Energie und Geldsumme, die sie investiert haben, umsonst war. Laut Ross Mayfield von der Investmentbank Baird sei bereits jetzt zu beobachten, dass SPACs Unternehmen von immer niedrigerer Qualität an die Börse bringen würden, wie er gegenüber "CNBC" sagte. Angesichts der schieren Anzahl an ausstehenden Deals wüchsen laut der US-Nachrichtenseite außerdem die Sorgen, dass sich die Qualität von SPACs in Zukunft noch weiter verschlechtern könnte. Dies könnte sich in der Folge womöglich auch auf die Investitionsbereitschaft der Kapitalgeber bei neuen SPACs auswirken, da diese durch das fehlende Mitspracherecht darauf vertrauen müssen, dass ein geeignetes Unternehmen gefunden wird. Sollte sich abzeichnen, dass dies in der Mehrheit der Fälle nicht mehr möglich ist, könnten sich die Mantelfirmen in Zukunft mit der Geldbeschaffung wieder schwerer tun als aktuell.
Für die möglichen Zielunternehmen der SPACs ist der zunehmende zeitliche Druck und die wachsende gegenseitige Konkurrenz der Mantelfirmen hingegen ein Vorteil. Sie können laut "PitchBook", einem Unternehmen für Finanzdaten, mit mehreren SPACs verhandeln, bessere Konditionen für sich herausschlagen und sich so quasi aussuchen, mit wem sie fusionieren wollen. Das dürfte vor allem auch dann gelten, wenn sie selbst gut aufgestellt und damit unter den Mantelfirmen besonders begehrt sind. Die SPACs sind dabei laut "PitchBook" offenbar durchaus zu Zugeständnissen bereit, so dass die Firmen, die in den leeren Börsenmantel schlüpfen, beispielsweise weniger Anteile abgeben müssen. Dadurch sinkt allerdings laut "PitchBook" der Profit für die SPAC-Sponsoren, wodurch das Modell für sie ebenfalls wieder einen Teil seiner aktuellen Attraktivität einbüßen dürfte.
Redaktion finanzen.net
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